Droge: Früher einmal als Arzneimittel, heute mehr als Rauschgift ist die Droge in aller Munde – und Vene. Waren Drogen damals noch in der Drogerie erhältlich, findet man dort mittlerweile nur noch Kaffee und Körpercremes. Dafür tarnen sie sich in Discos häufig als pinke Schmetterlinge oder schwarze Handgranaten. Manch eineR züchtet sie wie der Nachbar seinen Bart, andere kochen sie wie die eigene Mutter das Sonntagsmahl. Einige essen sie wie eine Beilage zum Jägerschnitzel oder schnuppern an ihr wie an duftendem Vanillepulver. Sie werden in manch düsteren Hinterhöfen getauscht wie Sammelkarten auf dem Schulhof und geschwisterlich geteilt wie der letzte Laib Brot. Sie sind unbestechlich. Einmal gefunden und genossen, ist die Droge alles andere als dröge und steht meist ewig zu einem. Sie beschert einem im Idealfall einen berauschenden Flow – den kann aber auch die Droge Mensch oder eine süchtig machende Tätigkeit auslösen. Doch beides ist niemals so loyal wie das einzunehmende Exemplar.

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Ticket: Das Ticket ist ein eingedeutschter Engländer und erst einmal nur ein Zettel. Ein Zettel jedoch, der uns gegen Geld etwas erlaubt wie die Teilnahme an einem Musikfestival oder den Genuss des öffentlichen Personennahverkehrs. Doch für unterschiedliche Tickets gibt es viel präzisere Namen. Da wäre zunächst der selbsterklärende Fahrschein, den allerdings nur KontrolleurInnen so nennen. Die Fahrscheine selbst heißen nämlich ganz cool Ticket, meist kombiniert mit Tieren (Bären), Süßkram (Schoko), Zahlen (3.000) oder Altersgruppen (Young). Dann wäre da die Eintrittskarte, mit der es zum Beispiel aufs Konzert, ins Kino oder ins Museum geht. Das altmodische Billett dagegen kaufen höchstens ältere oder feinere Herrschaften, um in die Oper zu gehen, oder ins Ballett, aber nur, weil’s so ähnlich geschrieben wird. Zuletzt gibt es noch ein Ticket, nämlich den Strafzettel. Den bekommen Studis vielleicht bald häufiger, wenn sie irgendwo in Querenburg falschparken oder ohne Semesterticket den ÖPNV nutzen.

:joop

Verbindung: Aus zwei oder mehr Einzelteilen bestehendes Gefüge. Hier kommen Personen oder Dinge zusammen, werden in Beziehung zueinander gesetzt und bilden so etwas Neues. Sie werden miteinander vernetzt und in einem Geflecht verbunden. So ist eine Verbindung Grundlage jeder Gesellschaft, indem sie Individuen in ein Kollektiv bringt. Wir verbinden uns mit anderen, fühlen uns jemandem verbunden und gehen miteinander verbindliche Beziehungen ein. Dabei kann das Band zwischen uns manchmal aber auch eher einem Verband ähneln: Wir verbinden uns gegenseitig die Augen, binden anderen einen Bären auf oder versuchen mit aller Macht, das zu flicken, was schon längst kaputt ist. Wahlweise stärken oder kappen wir die Verbindung mit der Vergangenheit. Wir legen der Wunde einen Verband auf, ohne sie vorher zu reinigen und halten so manches Mal Dinge zusammen, die nicht zusammengehören. Differenzen und Einwände überbrücken wir gleichzeitig und fassen alles in einem diffusen Verbindungskollektiv zusammen. Und manchmal sind wir auch einfach falsch verbunden.

:lux

Blaufärberei: Traditionelles Färbeverfahren, um weiße Muster auf blauem Grund aufzubringen. Wäre die RUB bereits jahrhundertealt, hätte sie zur damaligen Fünfzigjahrfeier diese Methode benutzt, um blaue Schirme, Kissen und Fahnen für die BlauPause herzustellen. Heute nutzt man da andere Druckverfahren. Mit den Tausenden blauen Werbetextilien am Samstag auf der Unistraße betrieb die Uni auch im übertragenen Sinne Blaufärberei. Schönfärberei betrieb gar Rektor Elmar Weiler-Potemkin auf dem Campus, den er so hübsch herausputzen ließ, wie ihn selbst Langzeitstudierende noch nie gesehen haben. Eine unretouchierte RUB war den Ehrengästen wohl nicht zuzumuten. MalerInnen verpassten der Uni-Brücke einen neuen – allerdings nicht blauen – Anstrich. Mit großen Farbrollen und kleinkalibrigem Pinselgerät übertünchten sie Tags und Graffiti; sogar das ikonische „Beton brennt doch“ wurde übermalt. Doch gewiss ist es bald wieder da, vielleicht ja diesmal auf Latein, hundertfach und in meterhohen Lettern – und natürlich blau.

:joop

Ente: Die Ente gehört zur Familie der Entenvögel aus der Ordnung der Gänsevögel. 150 Arten soll es von den gefiederten Tierchen geben; dabei vergessen die Menschen, eine hinzuzurechnen: Die Zeitungsente. Eine fälschliche Meldung, die gar nicht böse gemeint ist, flattert einfach unter die Texte der JournalistInnen.
Am 1. April dürfen solche Irrtümer oder gar Scherze auch in den Medien erscheinen, ohne sofort als Lügenpresse abgestempelt zu werden. Natürlich können sich  die Menschen, die auf Fehlmeldungen reinfallen, so aufregen wie Donald Duck. Doch aus Wut Autos anzuzünden wäre vorschnell – schließlich braucht man sie beim bald teureren Semesterticket noch als alternative Transportmittel. Glücklicherweise gibt es dann auch noch Pläne, die Stadt Bochum mit einer Seilbahn auszustatten, aus der wir bestimmt gut Enten in Ruhr- und Stadtpark beobachten können. Ach so: Quack.

:kac

Anschlag: Das Wort allein hat eine gewisse Sprengkraft. Wir benutzen es im Kontext von 9/11, beim Olympia-Attentat von 1972 und wenn unserE PartnerIn nicht den Müll runterbringen will: „Er/Sie hat einen Anschlag auf mich vor!“ So eingefärbt dieser Begriff für uns auch ist, er geht darüber hinaus. Luther rüttelte 1517 die  damalige Kirche auf, mit seinem „Anschlag der 95 Thesen“. Und genauso, nur weniger geschichtsträchtig, kennen wir Anschläge in den Künsten (Klavier), der Wissenschaft (Erdbeben) und auch in der Bildung. LehrerInnen streiken für eine Besoldung, die sie nicht als StaatsdienerInnen zweiter Klasse erscheinen lässt und üben damit einen Anschlag  auf die Öffentlichkeit, den Staat aus. Und Gehälter waren in Deutschland seit jeher ein guter Zünder, um Neiddebatten auszulösen. Egal ob es die Gehaltsverhandlungen mit den Bahngewerkschaften sind oder bei den Piloten, unsere Meinung – die Öffentlichkeit – dient für LobbyistInnen stets als Angriffsziel für Sabotagen und Anschläge.

:alx

Präsentation: Der Begriff hat seinen Ursprung im Lateinischen und er bedeutet so viel wie “gegenwärtig machen“ oder auch „darbieten“. Wir kennen Präsentationen im Kontext eines Vortrags, also einer Vorstellung, durch die eine ausgewählte Sache dargeboten wird. So zum Beispiel, wenn man den eigenen Partner seinen Eltern vorstellt. Der Fokus verändert sich und die Wahrnehmung wird dadurch tiefenschärfer, der Gegenstand wird zu etwas besonderem. Die BetrachterInnen sehen dadurch Dinge, welche ihnen sonst kaum aufgefallen wären. Ähnlich wie in einem Museum erlangt dadurch die Sache eine Bedeutungsverschiebung. Wir meinen allerdings nicht immer „Präsentation“, sondern eigentlich „Repräsentation“. Die Begriffe ähneln sich, doch handelt es sich bei Letzterem um ein Abbild oder Modell. Richtig wäre es also beispielsweise zu sagen: „Hiermit, o holde Lebensspenderin, repräsentiere ich, mit diesem Bild, meine Freundin! Schau, wie schnuckelig sie ist!“ Aber wer redet denn bitte so?

:alx

Querfront: Nicht nur Staats- und Verfassungsschutz neigen zur latenten Gleichsetzung Linker und Rechter (Stichwort „Extremismustheorie“) – insbesondere in rechtsextremen Kreisen gibt es eine lange Tradition, durch die Verknüpfung nationaler und sozialrevolutionärer Ziele eine demokratiezersetzende „Querfrontideologie“ auszubilden.

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Container: Flexibel einsetzbare und darum heiß begehrte Behältnisse. Die momentane Container-Knappheit ist also selbsterklärend. Bei der Nachfrage nach ihren Diensten können die Container frei wählen. Per Straße, Schiene, Wasser, Luft – diese Logistik-Allrounder transportieren alles überall hin: Drogen und Autos, Bananen und Brennelemente, manchmal leider auch Menschen. Beim Recyceln von Glas, Papier und Kleidung tun sie sich ebenfalls hervor. Die Subspezies der Supermarktabfallcontainer verwandelt – in Symbiose mit dem possierlichen Mülltaucher – sogar weggeworfene Lebensmittel wieder in Essbares. Kein Wunder, dass diese Zauberkästen nun als Wohnraum dienen sollen, Menschenaufbewahrung in Langzeitnutzung. Das finden selbst die sonst nicht wählerischen Container fragwürdig und machen sich rar. Deswegen beherbergen die Container, die nun in Schwerte fehlen, lieber einen Kindergarten in Langendreer, denn Menschen zwischenlagern geht gerade noch. Aber vielleicht möchten ein paar arbeitslose Leerstände auf Wohnraum umschulen? Dann ließe sich doch die Container-Knappheit eindämmen (engl. to contain).

:joop