Vorsatz: Mit Neujahr so eng verbunden wie Bleigießen ist das Fassen von Vorsätzen fürs kommende Jahr. Meist werden sie zusätzlich als so genannte „gute Vorsätze“ normativ überfrachtet. Dabei ist doch klar, dass sich an Neujahr niemand etwas Böses vornimmt; zumindest nichts, was sie selbst für böse hielten, höchstens für notwendig oder alternativlos. Für VerbrecherInnen hingegen wirkt es strafverschärfend, wenn sie bei ihren Missetaten mit Vorsatz handeln. Im Gegenteil zu Neujahrsvorsätzen, die zwar vollmundig verkündet, aber häufig nicht umgesetzt werden. Man nehme nur die Abspeckziele nach all den Festtagsessen oder die Versprechen von PolitikerInnen. Da sollte eher von Lippenbekenntnissen die Rede sein. Doch ist es nun nicht so, dass Neujahrsvorsätze mit dem geheimen Vorsatz gefasst werden, sie eh nicht umzusetzen. Nein, das wäre zu pessimistisch. Wie ernst wir unsere Vorsätze nehmen, wie viel wir in sie hineinlesen, ist eine Frage der eigenen Interpretation. Womit wir wieder beim Bleigießen wären.

:joop

Berührungsängste: Sich nicht rantrauen, sich abgrenzen, gar den Kontakt fürchten. Aber solche Ängste kann man bekämpfen, per Schocktherapie. Die Juso-Hochschulgruppe lädt zum Beispiel ein zur Veranstaltungsreihe „SozialdemokratInnen in Touch“. Das wär’s doch: Ein Date an der Uni mit der alten Dame SPD. Die ist immerhin schon über 150 Jahre alt und hatte ihrerzeit weder bei des Kaisers Kriegskrediten noch bei Freikorps Berührungsängste. Wird man sich näherkommen? Ob es knistern wird? Aber wie soll bei dem miesen Security-Personal auf dem Campus überhaupt eine sichere Grundlage für Berührungen geschaffen werden? Für die meisten ist doch in dieser Hinsicht der November ohnehin Fröstelzeit. Dem Semesterticket droht das Ende, die neoliberale Uni blüht munter auf – politisch also Stillstand, soweit man blickt: Auch an den EU-Außengrenzen, wo Frontex als bewaffneter Arm unserer Berührungsängste wacht. Und wer die Grenzen mit kreativem Protest durchbrechen will, denen kommen die Sicherheitskräfte näher als ihnen lieb sein kann. Da wären Berührungsängste mal wirklich angebracht.

:Benjamin Trilling

Meuterei: Niedrige Heuer, drakonische Strafen, Maden im Brot – Gründe für eine Meuterei gibt es viele. Da die Offiziersklasse die Meuternden in diesem maritimen Streik aber nicht als Tarifpartei anerkennt, ist Meuterei gleich Hochverrat, geahndet mit Arrest und im nächsten Hafen Kriegsgericht. Alternativ droht sofortiges Kielholen oder Baumeln von der höchsten Rah. PiratInnen waren da – glaubt man den überlieferten Codes – fortschrittlicher. Zwar konnten Meuternde auch unter ihnen als Fischfutter enden, aber eigentlich war Meuterei eher ein konstruktives Misstrauensvotum. Inkompetente – weil wenig Beute ranschaffende – Käpt’ns wurden so einfach abgewählt und ersetzt; und dazu meistens ausgesetzt. Seltener wird Meuterei wie folgt interpretiert: Trotz Unmut über die Schiffsführung zetteln die PiratInnen keinen Streit an, sondern setzen sich mit dem Beiboot gleich selbst aus. Wenn sie mehr als nur ein X schreiben können, nageln sie noch eine Protestnote an den Hauptmast. So geht’s auch.

Zusatzprotokoll: Beliebtes Mittel der internationalen Politik, um Verträge umzudeuten. Sollen Abkommen oder UN-Resolutionen nicht nach dem Wortlaut gelten, verabschiedet eine Seite ein geheimes Zusatzprotokoll, wie der Vertrag zu interpretieren sei. Wer politisch am längeren Hebel sitzt, kann das auch gegenüber anderen als einzig gültige Interpretation durchdrücken. Da können andere Parteien noch so sehr protestieren.

weiterlesen

Prokrastination: Das Wort kennen wenige, doch das Problem haben viele. Prokrastination bezeichnet ein krankhaftes Aufschieben von zu erledigenden Aufgaben. Zum Beispiel das ständige Hinausschieben vom Lernen und von Hausarbeiten. Oder bei solchen Tätigkeiten immer wieder zu unterbrechen, blockiert oder abgelenkt zu sein. Prokrastination ist ein ernstes Problem der Selbststeuerung und kann viel Leid verursachen – so beim Scheitern eines Studiums.

weiterlesen