Bild: Dass Deutschland Weltmeister wurde, hatte mehr Ursachen als Glück und die typische Turniermannschaftsmentalität. Prof. Dr. Ferrauti fasste die Mosaiksteine zusammen, die zum Titel führten. , Vortrag im BlueSquare: Prof. Dr. Alexander Ferrauti Foto: tims

Vor gut einem Jahr holte die deutsche Fußball-Nationalmannschaft der Männer den vierten Stern und wurde in Brasilien Weltmeister. Warum nur Deutschland es verdient hatte, und dass Erfolg bis zu einem gewissen Grad planbar ist, erläuterte Prof. Dr. Alexander Ferrauti, Dekan der Fakultät für Sportwissenschaft und Experte für Trainingswissenschaft den gut 30 GästInnen im Blue Square.

Die 113. Minute im Maracana. Schürrle über links, flankt in den Strafraum zu Götze, der den Ball mit der Brust annimmt – schießt ihn aus kurzer Distanz elegant ins rechte Eck über den Torwart. Deutschland ist Weltmeister 2014. Gänsehaut pur. Prof. Dr. Alexander Ferrauti wählte für seinen Vortrag diesen emotionalen Einstieg und dem Publikum stockte der Atem. „Wir können uns alle daran erinnern, oder?“, fragte er in die Runde und wurde danach aber wieder sachlich. „Der Sieg war kein Zufall und absolut verdient!“ Dass Deutschland 2014 Weltmeister wurde, musste mehr Ursachen haben.

Ein Mix aus Tradition, Talentförderung und auch Glück

Nach der enttäuschenden Europameisterschaft 2000 baute der DFB zwei Jahre später bundesweit circa 400 Talent-Stützpunkte, auf denen talentierte FußballerInnen ab der Altersgruppe der unter 12- Jährigen einmal pro Woche gezielt Technik- und Taktiktraining absolvieren. Im Fußball- und Leichathletikverband Westfalen gibt es sieben solcher Stützpunkte – die Fakultät für Sportwissenschaft der RUB gehört dazu. Deutschland sollte also weg vom typischen, defensiven Rumpelfußball zum attraktiven, ballorientierten Offensivfußball – und das mit Hilfe des DFB und den Vereinen.

Vereine investierten in Nachwuchs­förderung

Dass auch die Vereine diese Entwicklung mitgetragen haben, unterstrich der Sportwissenschaftler: „Mit der Schaffung von Nachwuchsleistungszentren (NLZ) legten die Profivereine einen Schwerpunkt auf die Nachwuchsförderung, ein Feld, das vorher mehr oder weniger außer Acht gelassen wurde.“ Den Nachwuchs zu fördern, kam auch den aktuellen Weltmeistern zugute. Spieler wie Götze, Özil, Kroos und Neuer profitierten von der gezielten Nachwuchsförderung des DFB und der Vereine.

Theorie-Praxis-Konflikt wurde minimiert

Auch die Professionalisierung durch Leistungsdiagnostik, Spielanalyse und den gezielten Einsatz von Technik-, Sprint- und AusdauertrainerInnen brachte das Niveau auf ein neues Level. So bietet Ferrauti auch selbst Leistungsdiagnostik und Trainingsintervention für Profi- und LeistungssportlerInnen im „Zentrum für Diagnostik und Intervention im Sport“ an. „Die Kooperation von Praxis und Wissenschaft ist in den letzten Jahren viel besser geworden.“ Dass Deutschland Weltmeister geworden ist, lag auch an der „guten Kommunikation“ und „Unterordnung jedes einzelnen Mitglieds“ des BetreuerInnenstabs. Am Ende gehört sicherlich auch eine kleine Portion Glück dazu, das man wiederum aber auch beeinflussen kann.

:Tim Schwermer

Bild: Witten in der finalen Nacht: Bengalos vor dem Rathaus., DIE :BSZ-GLOSSE Foto: USch

Aus! Aus! Aus! Das Finale, ursprünglich aus dem Italienischen und vom lateinischen „finis“, „Ende“, abgeleitet,  bezeichnet einen glanzvollen, Aufsehen erregenden Abschluss…

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Bild: Kommentar Pro: Fußball ist mehr als die Summe seiner Teile

Fußball hat als gesamtgesellschaftliches Phänomen viel Potential und das zeigt sich auch jetzt zur WM. Schnell wird deutlich, dass es  bei dem Turnier um mehr geht als nur um Spiele, wenn man richtig hinhört und zuschaut.

Wir trauen den Brasilianern viel zu, zeigen Respekt gegenüber Außenseitern wie Costa Rica und fragen uns, was nur mit den Spaniern los ist. Dieser Sport kann verbinden, schafft Sympathie, bringt Kulturen zusammen. Das geht häufig unter, wenn SpielerInnen aus Brasilien nach Deutschland und deutsche FußballerInnen nach England wechseln. So zum Beispiel der Transfer von Mesut Özil, der hauptsächlich auf Millionenbeträge reduziert wurde, weil der kulturelle Austausch im Fußball längst gängige Praxis ist. Die Weltmeisterschaft bietet aber auch Gelegenheiten, mit Menschen anderer Kulturen zusammenzutreffen, miteinander das Spektakel anzugucken und gemeinsam die Köpfe zu schütteln. „Suarez wollte wohl mal etwas Italienisches probieren“, sagte ein verständnislos blickender Italiener im KulturCafé zu mir, als die Bissszene gezeigt wurde. Wir beide mussten lachen.

Neben den Spielen wird und wurde viel von den Rahmenbedingungen berichtet. Alle Medien, aber besonders die sozialen, verbreiteten die wirtschaftlichen, aber auch menschlichen Kosten, die auf Brasilien zukommen können. Und so begann der Austausch vor der WM schon über Blogs und andere Plattformen. Wir sahen die verbesserungswürdigen Sozial­systeme, die Proteste, und auch von KünstlerInnen haben wir gehört. Die Werke von „Paulo Ito“ gingen um die Welt, und durch die ZuschauerInnen wurde der Druck auf die Regierung verstärkt. So wirkt die WM nicht nur im Sportlichen, sondern auch im Gesamtgesellschaftlichen. Diese Effekte sind zwar kein Allheilmittel für alle Schwierigkeiten Brasiliens, aber sie lenken unsere Aufmerksamkeit auf Dinge, die uns ähnlich sind, und solche, die jeder verbessert sehen will.

Bild: Kommentar Contra: Warum die WM scheiße und gefährlich zugleich ist

Stell Dir vor, Du sitzt auf einer Wiese mit einem Kumpel, Ihr trinkt Bier und hört Euch Vogelgezwitscher an: „Piep, piep, piep“ zwitschern die Vögel, alles ruhig und entsp… „TOOOR!“ Und schon ist die Ruhe gestört. Alle Menschen fühlen mit, denn wir sind in Brasilien, wir haben gegen die USA ein Tor geschossen und wir sind die Nationalelf. Eben nicht!

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Bild: The sky is the limit: Begrenzter Wohnraum in São Paulos Favela-Stadtteil Rocinha. Foto: flickr, Rocinha_eflon (CC BY 2.0), Die WM in Brasilien unter Ausschluss des Volkes The sky is the limit: Begrenzter Wohnraum in São Paulos Favela-Stadtteil Rocinha. Foto: flickr, Rocinha_eflon (CC BY 2.0)

Endlich hat sie begonnen: Die 20. FIFA-Fußball-Weltmeisterschaft. Das fußballverrückte Land am Zuckerhut steht für die kommenden vier Wochen im Fokus der Weltöffentlichkeit. Diese soll dann ein Brasilien sehen, das die sozialen Missstände im Land in den Griff bekommen hat. Doch auch während das Eröffnungsspiel zwischen Brasilien und Kroatien lief, kam es in São Paulo zu weiteren Protesten gegen die viel zu hohen Ausgaben für die Stadien und die Infrastruktur der WM. Aus Sicht der DemonstrantInnen wären diese Gelder besser im Bildungs- und Gesundheitswesen aufgehoben. Als Neymar den BrasilianerInnen mit seinen beiden Treffern den Auftaktsieg bescherte, war das WM-Stadion in São Paulo im Übrigen noch nicht komplett fertiggebaut.

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