Bild: Symbolbild, Uni-Projekt Unser Campus Bild: Archiv

Im Wintersemester 2021/2022 fand sich am Campus der Ruhr Universität Bochum ein Seminar der besonderen Art zusammen.  „Unser Campus“, geleitet von Laura Chlebos (eine der MitarbeiterInnen des Marie Jahoda Center für internationale Geschlechtsstudien), ist ein Seminar im Rahmen des von ihr geleiteten gleichnamigen Projektes gewesen, das den Campus der Ruhr Universität in Bochum als einen öffentlichen Raum identifiziert, der für „Wissen, Austausch, Freundschaft und Toleranz“ steht. Auch steht dieser Raum für „Aufmerksamkeit und Respekt“, über die man sich vor allen Dingen erst mal im Klaren sein muss, um Missstände zu entdecken, gegen sie anzugehen und für StudentInnen Anlaufstellen und Safer Spaces zu schaffen. 

Wichtig dafür ist vor allen Dingen Bewusstsein, auf Englisch Awareness. Im Zuge des Seminars haben wir vor allen Dingen unterschiedliche Bereiche untersucht, denen wir an unserem Universitätscampus besondere Aufmerksamkeit schenken müssen; unseren Kommilitonen und vor allem auch uns zuliebe. Dabei machten wir häufig dieselben Entdeckungen, welche als Missstände identifiziert werden können, so beispielsweise die fehlende Sicherheit in den dunklen und verwinkelten unterirdischen Parkdecks der Universität, den Barriere-unfreundlichen Klapperplatten auf dem Weg zur Universität, die unzureichende und nicht ausreichend anonyme Möglichkeit, rassistische und sexistische DozentInnen zu melden, die unzureichend sanierten Toiletten in den Gebäuden der Geisteswissenschaften und weitere unzählige Missstände, die unseren Campus zu einer potentiellen Gefahren- und Diskriminierungszone für StudentInnen entwickelt. 
Unschwer zu erkennen sind dies alles potentiell grenzüberschreitende oder diskriminierende Zustände, über die sich viele StudentInnen aber auch MitarbeiterInnen der Ruhr Universität in Bochum bewusst sind. Aufgrund der Größe der Probleme und der fehlenden Unterstützung der Universität und ihrer Leitung ist es jedoch nahezu unmöglich, gegen diese Missstände nachhaltig anzugehen und Lösungen zu erarbeiten.  
Umso wichtiger ist es in diesem Fall aber Awareness zu schaffen. Denn je mehr KlägerInnen, desto mehr Aufmerksamkeit wird für bestimmte Bereiche erweckt und desto effektiver können auch Lösungsansätze entwickelt und verwirklicht werden. 
Dafür müssen wir uns aber zunächst einmal klar machen, was Awareness ist, wer Awareness ausüben sollte und was das Ziel von Awareness an unserem Campus sein soll.

:Jasmin Sellberg

Wozu eigentlich?  

Awareness impliziert das Bewusstsein für die eigenen Privilegien. Es ist die Aufgabe privilegierter Personen, sich mit der eigenen gesellschaftlichen Position auseinanderzusetzen und zu hinterfragen, von welcher diskriminierenden Struktur im gesellschaftlichen Machtgefälle sie profitieren.  
Wir möchten diskriminierten Personengruppen an der RUB eine Bühne bieten und haben daher mit Menschen am Campus gesprochen, um herauszufinden, für welche Themen der Campus sensibler werden muss. Dabei sind wir auf die verschiedensten Formen von Diskriminierung getroffen. Unser Campus ist noch lange nicht so sicher, wie die Studierendenschaft es sich wünscht: Die Uni ist kein sicherer Ort für Frauen, die im dunklen allein durch unbeleuchtete und verwinkelte Parkhäuser müssen oder tagsüber die unbeleuchteten Toiletten der G-Reihe besuchen müssen. Die Uni ist ebenso wenig ein sicherer Ort für Transpersonen, die vielleicht erst am Beginn ihrer Transition stehen, nicht-binär sind oder nicht ihrem Geschlecht entsprechend gelesen werden. Eine kurze Toilettenpause kann für Transpersonen schnell zum Horror werden, da es keinen safe space gibt, den sie aufsuchen können. Eine Behinderung zu haben ist auf dem Campus auch keine Selbstverständlichkeit: Seitens der Dozierenden werden die Bedürfnisse behinderter Studierender oft hinter die Anforderungen der Fakultät gestellt. Der Campus ist nicht ausreichend barrierefrei, weder in Bezug auf die Infrastruktur noch in Bezug auf Prüfungsleistungen und Studienanforderungen. Und auch gegen rassistische Diskriminierung ist die Uni RUB nicht immun.  
Es mangelt zudem an Anlaufstellen, an die sich betroffene Personen wenden können. Wir fordern mehr Sichtbarkeit von bestehenden Beratungsstellen und einen Ausbau der Antidiskriminierungsmaßnahmen am Campus. Wir verlangen ein Abrücken vom Ideal der heteronormativen, nicht-behinderten, weißen und gut-bürgerlichen Studierendenschaft und fordern eine akkurate Repräsentation dessen, was uns ausmacht: wir sind viele, wir sind unterschiedlich und wir sind alle gleich viel wert.

:Luisa Grote

Was sagen Studis* der Ruhr-Uni? Wo fehlt ihnen Awareness?

„Genderneutrale Toiletten sind am Campus nicht vorhanden. Das ist für nicht binäre -, Intergeschlechtliche und Transpersonen, die an einem Punkt sind, wo sie sich vielleicht nicht wohlfühlen auf ein Normklo zu gehen ein Problem!“

„Es wird immer sugeriert, dass die Uni so Woke und behindertenfreundlich ist bei mir aber noch nicht angekommen. Das BZI hilft mir da zum Glück sehr!“

 

 „Es gibt kaum Schutzräume für marginalisierte Gruppen. Ich wüsste auch einfach nicht wo ich mich genau melden soll oder kann.“

 

„Einige Dozierende scheinen nicht nicht neutral zu bewerten. Es zeigt sich häufig, dass sie mit Studierenden mit sichtbarem Migrationshintergrund anders umgehen als mit denen, die sie als „deutsch“ wahrnehmen.“

 

„Das Leben von Transpersonen fällt am Campus komplett unter dem Radar. Die Online-Uni hat vieles vereinfacht. Man kann seinen Wunschnamen angeben und die Pronomen hinterlegen. Dozierende weisen da aber grundsätzlich kaum darauf hin.“

„Es gibt kein Referat für BiPoCs! Andere hochschulen sind da wesentlich weiter und werden hier wirklich unterstützt!“

„Ab einer gewissen Uhrzeit traue ich mich nicht mehr über den Campus!“

„Mit einer nicht sichtbaren Behinderung werden einige Bedürfnisse abgesprochen, weil man sie `nicht sieht`“

 
:Abena Appiah
 

 

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