Moria. Das Flüchtlingslager Moria auf Lesbos ist niedergebrannt. Tausende gingen deutschlandweit für eine sofortige Aufnahme aller Menschen aus dem Lager auf die Straße, so auch in Bochum.

Am 8. September brachen während Protesten gegen einen verschärften Lockdown im Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos Brände aus, die das Lager über Nacht fast völlig zerstörten. Laut griechischer Regierung handle es sich um Brandstiftung durch Lagerbewohner. Zuvor wurde bekanntgegeben, dass es 35 bestätigte Infektionen mit COVID-19 im Lager gibt. Ungefähr 13.000 Menschen waren in dem auf 2.800 ausgelegten Lager untergebracht, sind nun ohne jede Unterkunft, und werden von lokalen Sicherheitskräften davon abgehalten in die umliegenden Städte zu gelangen. Viele Organisationen, die vor Ort sind, sprechen davon, dass die humanitäre und politische Katastrophe, die dieses Lager nun seit Jahren darstelle, nun einen neuen – leider vorhersehbaren – Höhepunkt erreicht habe. Seit dem EU-Türkei-Abkommen über die Aufnahme von Flüchtlingen von 2016, diente das Lager zur Internierung derjenigen, die auf eine Entscheidung bezüglich ihres Asyls warteten. Bereits im März forderte die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen angesichts der COVID-19 Pandemie eine sofortige Evakuierung des Lagers. Bisher wurde jedoch nur eine geringe Zahl, vor allem unbegleiteter Minderjähriger, aus dem Lager in europäische Länder gebracht. Angesichts der nun erneut verschlechterten Situation gab es am 9. und 10. September deutschlandweite Demonstrationen und Kundgebungen, auf denen die sofortige Evakuierung und Aufnahme aller Menschen, die in dem Lager untergebracht waren, gefordert wurde. 

In Bochum hatte die Ortsgruppe der Bewegung Seebrücke zu einer Demonstration am 10. September um 18 Uhr aufgerufen. Vor dem Hauptbahnhof versammelten sich zunächst rund 500 Menschen, mit Abstand und Maske, um die Zustände im mittlerweile zerstörten Lager – und die europäische Außenpolitik, die es repräsentiert -, die Blockade seitens Innenminister Seehofer bezüglich kommunaler Aufnahmebereitschaft und auch die Aussagen des Bochumer Oberbürgermeisters Thomas Eiskirch anzuprangern. Der Demozug ging nach Redebeiträgen der Seebrücke Bochum, Amnesty International Bochum (hier zum Nachlesen) und Medico International  über den Südring durch das Bermuda3eck und von dort zum Rathaus. Nach Angaben der Anmelder:innen wuchs er dabei auf circa 2200 Menschen an. Am Rathaus gab es dann unter anderem. Beiträge des Paritätischen Gesamtverbands und es wurde ein Statement und Bericht über die Ereignisse der Brandnacht von sich auf Lesbos befindenden Helfer:innen von Ärzte ohne Grenzen verlesen, die von vielen Verletzungen und fehlenden Möglichkeiten zur medizinischen Versorgung berichteten. Außerdem gab es einen Redebeitrag einer feministischen Gruppe (fantifabochum.noblogs.org/post/2020/09/15/redebeitrag-10-09-2020-frauen-und-flucht), welcher auf die besonderen Gefahren hinwies, mit denen Frauen, Mädchen sowie trans und inter Personen und solchen, welche ihre Identität nicht in binären Vorstellungen von Geschlecht verordnen, in Kriegsgebieten und auf der Flucht konfrontiert sind. Kritisiert wurde in den Beiträgen auch eine Mitteilung eines Pressesprechers der Stadt, dass es zu große bürokratische Hürden gebe, um eine schnelle Aufnahme der Menschen möglich zu machen. Auf Bundesebene wurde mittlerweile von Innenminister Seehofer bestätigt, dass 400 Minderjährige aus den Lagern von europäischen Ländern aufgenommen werden, davon 100 bis 150 von Deutschland. Ein „Alleingang“ Deutschlands würde alle Chancen auf eine „europäische Lösung“ zunichte machen, so Seehofer. Außerdem solle ein neues Lager auf Lesbos errichtet werden, mit Hilfe der EU. Stimmen aus der Linksfraktion, Bündnis 90/Die Grünen sowie vielen Hilfsorganisationen bezeichnen diese Maßnahmen als unzureichend, und kritisierten die Bezeichnung als„praktizierte Nächstenliebe“ durch Seehofer scharf.          

  :Jan-Krischan Spohr

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