Bild: Symbolbild, Ein Einblick in die Geschichte Bild: bena

Kämpferinnen der Vergangenheit  

Auf der ganzen Welt kämpfen und kämpften Frauen gegen Abtreibungsverbote unterschiedlichen Ausmaßes. Welche Namen Ihr kennen solltet. 

Während in Deutschland das Gesetz 219a aufgehoben wurde, kippte in den USA der Supreme Court das Recht auf Abtreibung. Mit diesem Rückschlag bezüglich der Freiheit, als Frau über den eigenen Körper und die eigene Lebensführung bestimmen zu können, wird der Einsatz vergangener amerikanischer Vorkämpferinnen gegen das Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen zunichte gemacht. Einige dieser Frauen leben heute noch – und rufen jetzt zu weltweiten Protesten aus Solidarität mit amerikanischen Frauen auf. Darunter auch Frances Beal. In Deutschland sind besonders Helene Stöcker und Else Kienle von Bedeutung.  

 

Frances „Fran“ M. Beal 

Die 82-jährige ist eine Schwarze Feministin, die bereits früh in ihrem Leben Rassismus, Sexismus und Antisemitismus erfuhr. Als junge Erwachsene setzte sich Beal nicht nur als politische Aktivistin für Frieden und Gerechtigkeit ein, sondern vor allem für die Rechte Schwarzer Frauen, Rassengerechtigkeit und auch für das Abtreibungsrecht ein. In der High School hatte sie eine Freundin, Cordelia, die durch die Umstände einer illegalen Abtreibung verstorben ist. Beals Kampf für das Abtreibungsrecht ist ein persönlicher: “Right from the beginning, I was pro access to abortion because I had her (Cordelia, Anm. d. Redaktion) in the back of my mind the whole time. This wonderful, intelligent, Black woman would be walking the face of this Earth if she had had access to a legal abortion”, äußerte sie im März diesen Jahres im Rahmen des Women History Months in einem Interview mit dem Texas A&M University. Im Mai äußerte sie im ***The Guardian***, unter der Ahnung, dass das Abtreibungsgesetz bald kippen könnte, dass es deprimierend sei, nun den gleichen Kampf nochmal kämpfen zu müssen – aber dass sie hoffe, dass sich Frauen solidarisieren, wie sie es in den 70er Jahren getan haben.  

  

Helene Stöcker 

Die 1869 geborene gebürtige Wuppertalerin hat sich für Frauenrechte, Sexualreformen und den Frieden eingesetzt. Ihr war es wichtig, dass Mann und Frau gleichberechtigt waren – gesellschaftlich und in ihrer Sexualität. Sie gründete 1905 den Bund für Mutterschutz und Sexualreform, leistete sexuelle Aufklärungsarbeit und setzte sich aktiv für die sexuelle Befreiung der Frauen ein. Für das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche setzte sie sich jedoch auch aus Gründen der Eugenik, der, wie sie es nannte, „Hebung der Rasse“ ein. Nichtsdestoweniger hat sie den Schutz unverheirateter Mütter und deren Kinder sowie die Emanzipation der Frau in Deutschland beeinflusst. Darüber hinaus betätigte sie sich als Friedensaktivistin. 2014 wurde ihr zu Ehren das Helene-Stöcker-Denkmal in der Schulstraße in Wuppertal aufgestellt.  

 

Else Ida Pauline Kienle 

Die Ärztin war eine Zeitgenossin von Helene Stöcker. Sie setzte sich vehement gegen das Gesetz §218 ein, welches Abtreibungen strafbar macht – dieses Gesetz wurde auch heute noch nicht gekippt. 1931 wurde ihr vorgeworfen, sie würde Abtreibungen vornehmen und sie geriet für kurze Zeit zusammen mit dem gleichgesinnten Arzt Friedrich Wolf in Haft. Kienle verfiel in einen Hungerstreik, sodass sie aufgrund von Haftunfähigkeit entlassen werden musste. Nach ihrem Gefängnisaufenthalt setze sie die Abtreibungen und ihren Kampf gegen §218 fort.  

 

Diesen und vielen weiteren nimmer müden Frauen ist es zu verdanken, wo wir heute stehen.

:Rebecca Voeste 

 

 

Historische Geschichte des Abtreibungsparagraf 218!

 

Die Geschichte rund um die Abtreibung ist lang. Ein Gesetz, das aus einer Zeit kommt, in der Frauen keine Rechte hatten sorgt immer wieder für Diskussionsstoff. Eine kleine chronologische Auflistung. 

Seit 1871 stellte der Paragraf 218 des Strafgesetzbuches Abtreibungen grundsätzlich unter Strafe. Damals drohten Strafen für alle Beteiligten von sechs Monaten im Gefängnis bis zu fünf Jahren im Zuchthaus! 

 

1927 erließ die Justiz eine Ausnahme und ließ Abtreibungen aus medizinischen Gründen zu. 

Der Abtreibungsparagraf wurde nach dem Nationalsozialismus um 1949 nahezu unverändert in das Strafgesetzbuch der gerade gegründeten Bundesrepublik übernommen. Einzig die zwischenzeitlichen Verschärfungen der Strafanordnung im „Dritten Reich“ wurden von den Besatzungsmächten nach dem Krieg aufgehoben. 

 

Im Jahr 1972 plante im Rahmen einer Strafrechtsreform die sozialliberale Koalition eine Änderung des Paragrafen 218. Dieses Vorhaben rief eine Auseinandersetzung in der Öffentlichkeit hervor. Die Befürworter:innen bezogen sich auf das Persönlichkeitsrecht der Mutter, die Reformgegner auf das Lebensrecht des Ungeborenen.  

Am 25. April 1974 kamen die Abgeordneten im Bundestag zusammen. Insgesamt 27 Redner:innen ergriffen das Wort und debattierten vom Morgen bis in die Nacht hinein. Am folge Tag kam es zur dritten Lesung und zur Endabstimmung. Mit 247 Ja-Stimmen zu 233 Nein-Stimmen bei Enthaltung von neun Abgeordneten für das favorisierte Fristenmodell. Heißt, der Abbruch einer Schwangerschaft ist in den ersten drei Schwangerschaftsmonaten straffrei, wenn er von einem Arzt nach vorheriger Beratung vorgenommen wurde. Der Paragraf 218 und eine zusammenhängende Reform wurden damit nicht beschlossen. 

Im Februar 1975 verfügte ein Verfassungsgericht über eine Reform des Gesetzes. Diese sei verfassungswidrig, weil sie der Verpflichtung aus Artikel 2 des Grundgesetzes, das werdende Leben auch gegenüber der Mutter wirksam zu schützen, „nicht in dem gebotenen Umfang gerecht geworden ist“. 

 

Im Februar 1976 verabschiedete der Bundestag schließlich am 12. Februar 1976 eine Reform des Abtreibungsparagrafen. In diesem wurde erneut der Schwangerschaftsabbruch verboten und eine Strafandrohung gegen die Mutter – und auch den behandelnden Arzt – enthalten. 

Von einer Bestrafung befreit waren Menschen, bei denen es sich, um eine Schwangerschaft in „besonderen Bedrängnis“ handelte, die über vier sogenannte Indikationen definiert wurde: Die medizinische, eugenische, kriminologische und soziale Indikation, die jedoch nicht der Arzt feststellen musste, der den Abbruch vornahm. 

In der DDR hatte es seit 1972 eine Fristenlösung gegolten. Für Bürger:innen der DDR war die Gesetzgebung rund um 218 ein Rückschritt. Denn auch wenn Ost und West ein gesamtdeutsches Modell versuchten zu entwickeln, war die Endlösung West-dominierend.  

Nach der heutigen Regelung ist ein Schwangerschaftsabbruch rechtswidrig. Er bleibt aber straffrei, wenn er innerhalb der ersten drei Monate und nach einer Konfliktberatung durchgeführt wird. Nicht rechtswidrig ist eine Abtreibung ausdrücklich, wenn eine medizinische oder kriminologische Indikation vorliegt.

                :Abena Appiah

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