Bild: Symbolbild, Alles für die Medallie Bild: CC0

 

Kommentar. Eine vierjährige Sperre – Die war eigentlich für russische Sportler:innen angedacht. Der Grund für diese Strafe, die nun schon verkürzt wurde? Systematisches Doping vor und während der Olympischen Winterspiele in Sotschi. Nun gab es bei den diesjährigen Spielen einen neuen Fall auf Kosten einer minderjährigen Sportlerin. 

„Doping ist die Verabreichung oder der Gebrauch von körperfremden Substanzen in jeder Form oder physiologischen Substanzen in abnormaler Form oder auf abnormalem Wege an gesunde Personen mit dem einzigen Ziel der künstlichen und unfairen Steigerung der Leistung für den Wettkampf“, so heißt es laut Nationaler Anti Doping Agentur.  Im Dezember 2021 wurde die 15-jährige russische Eiskunstläuferin bei den Nationalen Meisterschaften positiv auf Trimetazidin getestet. Ein Mittel, das auf der Dopingliste steht und üblicherweise zur Behandlung des Herzens eingesetzt wird. Das Mittel sorgt dafür, dass der Arbeitsprozess des Herzens erleichtert wird. Heißt, dass der Herzmuskel sich besser kontrahieren und Blut in den Kreislauf pumpen kann, da der Blutzucker im Myokard (Muskuläre Wand des Herzens, die für das rhythmische Zusammenziehen und Entspannen der Vorhöfe und Herzkammern verantwortlich ist) belegbar besser verarbeitet werden kann. Im gesamten Körper zeigt sich eine verbesserte Energieverwertung und der Kohlenhydratstoffwechsel wird optimiert. All das führt dazu, dass die Ausdauer gesteigert wird, die Muskeln länger durchhalten und bei starker Anstrengung Blutdruck-Schwankungen nicht so stark sind. So kann der Pulsschlag weitestgehend konstant bleiben. Plattgesagt: Man hält länger durch, da man die Anstrengungen nicht ganz so deutlich spüren kann. Dieses Mittel ist seit 2014 auf der Dopingliste und wurde ursprünglich zur Behandlung Angina Pectoris („Brustenge“) entwickelt. Das heißt, wenn die Kranzgefäße zunehmend verkalken und verstopfen und deshalb weniger Blut den Herzmuskel erreichen kann. 15-jährige gesunde Spitzensportler:innen gehören also eher nicht zum Patient:innenkreis für dieses Medikament. Aber warum das ganze Drama, wenn doch im Dezember positiv getestet wurde? Aufgrund des positiven Ergebnisses wurde die Medaillenzeremonie im Teamwettbewerb verschoben und der Druck auf die 15-jährige wurde immer größer. In ihrer Einzelkür zeigte sich, dass sie dem Druck nicht Stand halten konnte. Wie auch? Sie wurde vor der Welt vorgeführt. Im russischen Staatsfernsehen sagte sie noch vor ihrem Kurzprogramm: „Diese Tage waren sehr schwierig für mich. Ich bin glücklich, aber gleichzeitig emotional müde“. Und nun ab in den letzten Lauf! Dieser war so schmerzhaft mit anzusehen, dass er die Deutsche Meisterin von 2006 Katharina Witt so emotional mitnimmt, dass sie sogar Tränen im Fernsehen vergießt.  

Sport und Leistungsmessungen sind was Großartiges und ich zähle mich als Fan dazu, aber das Ausschlachten der jungen Talente und die Gier nach dem Wunderkind nervt und bringt nur Probleme mit sich. Während die TV-Zuschauer:innen sich fragen, wie diese Menschen das alles machen können, steckt auch eine verlorene Jugend und Kindheit dahinter. Wenn dann noch Doping ins Spiel kommt, bei Körpern, die noch in der aktiven Entwicklung sind, sollten auch wir uns fragen: Wie hoch ist unsere Gier nach den Wunderkindern? Wir sind fasziniert, aber mit den Konsequenzen wollen wir uns nicht auseinandersetzen.  Viel zu einfach, einen Menschen zu verurteilen! Nein, das soll keine Legitimation zum Doping sein, aber was wusste in diesem Fall Walijewa von dem Ganzen? Und warum kann das IOC seine Sportler:innen nicht schützen, indem man klare Grenzen setzt. Ich weiß nicht, ob es am Ende besser gewesen wäre, wenn sie nicht angetreten wäre. Walijewa wurde zum Bauernopfer gemacht und das konnte man verhindern, wollte man aber nicht.  Ein möglicher Gewinn einer 15-jährigen würde das Image ja auch einfach pushen. Oder eben eine Seele zerstören: Gold im Team gewinnen, der Grund dafür sein, dass die Medaillenvergabe verschoben wird, dann doch Gold bekommen, darf aber nicht bei der Zeremonie dabei sein, dann darauf warten, ob man beim Kurzprogramm antreten darf und am Ende steht der Schatten ihrer selbst auf dem Eis und das Märchen vom Wunderkind endet als die tragische Eisprinzessin von Beijing.                   

  :Abena Appiah

 

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