Bild: Normal sein – will man das wirklich? Michael Saup

Das Theaterstück „Das Gespenst der Normalität“ wurde am Freitag, den 14.01., aufgeführt und zum Besten gegeben . Dabei geht um das normal sein, das kleine und große Ausbrechen und was hinter den Kulissen passiert.

Am Anfang wird eine Traueranzeige von einem Menschen vorgelesen, mit dessen Geschlecht gespielt wird, und der schlichter und trister nicht aussehen könnte in einem Bühnenbild, das es ihm gleichtut. Es gibt links und rechts eine Tür und durch die eine verlässt er den Raum, nachdem er die Anzeige sorgfältig ausgeschnitten und an die Wand gepinnt hat. 

Alle Schauspieler:innen spielen verschieden Rollen, wie einen Mensch mit Vogelkopf, einen Wolf, eine Ehefrau oder -mann. Dabei gibt es absurde Szenen, wie zum Beispiel die, in der drei Männer einen Hitler-Gruß an eine hochgehangene Unterhose hängen , bis sie eine Frau unterbricht und sie anmacht, was das denn soll. Absurd ist auch die Begründung des Mannes, dass es ja gar kein Gruß derart gewesen sein soll, weil sie ja keine Nazis seien. Das Stück spielt mit den Grenzen der sogenannten Normalität, in denen man sich in wahnwitzige Ausreden verleiten lässt. Mehrmals. 

Hinter geschlossenen Türen brechen die Charaktere teilweise aus und fangen an, wild zu tanzen und zur Musik der Seele und den Beinen freien Lauf zu lassen. Doch lange kann die Freiheit nicht andauern, denn dann besinnen sie sich wieder. Getanzt wird nur in Kostüm und mit einstudierter Choreografie, um trotzdem noch so normal wie möglich zu sein und normales Lob zu bekommen. Man merkt dem kleinen Jungen im Kleid an, dass er ausbrechen will, und ein bisschen schafft er es auch, zu rebellieren, aber die ersehnte Freiheit erlangt er nie. 

Es gibt minimalistische Szenen und manchmal braucht es nicht einmal Sprache. Wie bei der interessanten Beziehung zwischen einer Frau und einem Wolf, den nicht einmal der Therapeut sieht und ihr dagegen Medikamente verschreibt. Aber rundum gibt es mehrere Szenen und kleine Einspieler, die das Publikum nicht unbedingt nachvollziehen und verstehen muss. Trotzdem fühlte zumindest ich mich dauerhaft unterhalten. Dieses Nicht-Verstehen bietet viel Raum für Interpretationen und Theorien. Ist es so, dass das Unterdrücken der Freiheit im Kopf und Körper, um so normal wie möglich zu sein, auch Menschen dazu veranlasst, anderen Menschen mehr und mehr ihre Freiheit abzusprechen und im Endeffekt sieht man dann in den a nderen die Schuldigen? 

Das Bühnenbild besteht aus einem Raum, der sehr ruhig eingerichtet ist. Gedeckte Farben, ein Fernseher, ein Tisch mit zwei Stühlen und einer Bank, eine Pflanze und eine Fensterfront, die die meiste Zeit zugezogen ist. Ab und zu ist niemand auf der Bühne und per Beamer wird ein riesiges Bild von Vögeln auf die gesamte hintere Wand projiziert. Im Hintergrund läuft die meiste Zeit klassische Musik, aber es gibt auch eine komische Party-Szene, die nicht wirklich nach Party aussieht, in der dann beispielsweise andere Musik läuft. 

Das Stück ist von Saara Turunen geschrieben worden und hatte am 11. September 2021 Premiere in den Kammerspielen. Die Schauspieler:innen sind Niki Verkaar, Veronika Nickl, Michael Lippold, Dominik Dos-Reis und Marius Huth. 

:Lukas Simon Quentin

 

 

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