Bild: Früher Kohle und Stahl – heute Cyberwar und Drohnen?, Rot - Grün für Dunkelblau und Weiß Bild: lewy

Militarisierung. Nach dem Willen von SPD und Grünen soll in Bochum eine NATO-Zentrale entstehen. Auch die RUB wird als Argument angeführt.

Die NATO ist eigentlich ein Relikt aus dem Kalten Krieg: 1949 wurde das westliche Militärbündnis unter Schirmherrschaft der USA gegründet, um dem sozialistischen Lager die geballte Kraft der „freien Welt“  – zu der neben der Bundesrepublik auch die rechten Diktaturen in Spanien, Portugal, Griechenland und der Türkei zählten – entgegenzustellen. Richtig aktiv wurde das Bündnis aber erst nach 1991, nämlich bei den Kriegen gegen Jugoslawien (1992-99), Afghanistan (2001-21), am Horn von Afrika (2009-16) und gegen Libyen (2011). Die NATO ist darüber hinaus federführend bei der Konfrontationspolitik gegenüber Russland und China.

Neben direkten Kampfeinsätzen zu Land, Wasser und Luft gehört auch „Cyber Sicherheit“  zum Aufgabenbereich des Militärpakts. Unter „Sicherheit“  ist damit keineswegs der Schutz von Daten gemeint, vielmehr geht es um Hacking, Überwachung, Spionage und Sabotage im In- und Ausland, was Provokationen, unmittelbare Kriegsvorbereitungen sowie die Kommunikation von Militärschlägen und Tötungen einschließt. Zuständig ist die NATO Communications and Information Agency (NCIA), die bislang mehrere Hauptstandorte in Belgien und den Niederlanden besitzt. Das soll sich bald ändern: Die Zentrale der NCIA soll zentralisiert an einen einzigen Ort verlegt werden – und auf der Liste möglicher Standorte steht Bochum.

Dass Bochum zur engeren Auswahl gehört, liegt ausgerechnet auch an der RUB. Neben dem 2002 gegründeten Horst Görtz Institut für IT-Sicherheit nimmt dieses Semester die neue Informatik-Fakultät ihre Arbeit auf, zu deren Schwerpunkten ebenfalls IT-Sicherheit gehört. Zudem schmückt sich die Uni gerne damit, Firmengründungen (cooler: „Start-ups“ ) im IT-Bereich zu unterstützen. Wenn es nach der rot-grün regierten Stadt geht, ist die NATO in Bochum Willkommen.  Die Bochumer Grünen haben sich unter Verweis auf „Standortwettbewerb“  und ihr „uneingeschränktes Bekenntnis“  zur NATO explizit hinter die Pläne gestellt. Man verspricht sich offenbar rund 2000 neue Jobs durch das NCIA-Zentrum. Es existieren indes bereits Pläne, die Zentrale auf dem ehemaligen Opel-Gelände anzusiedeln. Rückendeckung erhalten SPD und Grüne unter anderem vom neokonservativen Online-Blog Ruhrbarone, der aggressiv für das Unternehmen wirbt: „NATO-Standort Bochum – das klingt schon sehr cool!“ , heißt es dort.

Kritik dagegen kommt von links: Die Bochumer Bundestagsabgeordnete Dagdelen forderte, statt in der BRD einen weiteren NATO-Standort „für vernetzte Kriegsführung, Killerdrohneneinsätze und Cyberangriffe zu errichten, sollten die bereits bestehenden Kriegsfilialen hierzulande geschlossen werden.“ Zudem warnte sie, „dass die Ruhrstadt und ihre Bürger zu einer herausragenden Zielscheibe im Kriegsfall gemacht“ würden. Felix Oekentorp vom Bochumer Friedensplenum ergänzt gegenüber :bsz: „Einen demokratischen Prozess um diese Bewerbung hat es nie gegeben.“ Vielmehr hätten das Amt für Wirtschaftsförderung, SPD-Oberbürgermeister Eiskirch und einzelne Politiker:innen aus dem Stadtrat das Projekt vorangetrieben.

Bald soll es zudem zu organisiertem Protest gegen die Pläne kommen: Vergangene Woche lud das Friedensplenum zu einem Treffen, zu dem Anwohner:innen sowie Aktivist:innen und Parteivertreter:innen aus Bochum und dem Umland zusammenkamen. Geplant seien nun mindestens eine Info-Veranstaltung zur NCIA und eine Kundgebung in der Bochumer City. Letztere soll am 5. November stattfinden. Darüber hinaus seien noch weitere Protestaktionen angepeilt, so Oekentorp. 

 :Leon Wystrychowski

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