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Kommentar. Während sich die Anforderung an Studierende trotz ungleicher Zustände normalisiert haben, bietet die RUB nur wenig Gegenleistung – mit teils verheerenden Konsequenzen.

Die Ruhr-Universität trägt das Motto „Menschlich, weltoffen, leistungsstark“. Wer hier sein Studium beginnt, wird früher oder später darüber stoßen. Sei es auf den Onlineauftritten der Uni, bei Einführungsveranstaltungen, Vorträgen oder Werbevideos. Aktuell wirkt es fast schon wie ein misslungener Witz, dieses Motto. Denn wer auf den Campus tritt, wird wohl hoffentlich nur wenige Menschen treffen, offen ist gerade wenig und auch aus der Welt ist wenig Zulauf, wie der Rückgang von internationalen Studierenden in der derzeitigen Lage zeigt. Nun, dass unsere graue Lady ihren Wünschen und Mottos derzeitig nicht ganz gerecht werden kann, dafür kann man eine Menge Verständnis entgegenbringen. Doch die Kälte der Universität lässt sich nicht in alle Maße entschuldigen. Denn an einer Sache will man ganz stark festhalten: die Leistung. Und diese wird mit finanziellen Tributen gefordert. 

Die Corona-Pandemie zehrt auch weiterhin an den Reserven vieler Student:innen. Denn auch wenn nun allmählich, und trotz des Beginns einer dritten Infektionswelle, die Öffnungen beginnen, sind weiterhin viele der Branchen, in denen Studierende regelmäßig arbeiten und damit ihren Lebensunterhalt während des Studiums finanzieren, geschlossen. Der Sozialbeitrag – ein halbjähriger Brummer von aktuell 336,50 Euro, Tendenz wie immer steigend – wird dadurch eine nicht stemmbare Zumutung für einige. Dennoch hält die Universität daran fest, Studierende auch während diesen Zeiten aufgrund nicht geleisteter Zahlungen zu exmatrikulieren und damit in eine ungewisse Zukunft zu schicken. Die Universität selbst wird zudem nicht durch die Beiträge finanziert. Denn der Sozialbeitrag besteht einzig aus Beiträgen für das Akafö, das Semesterticket und die Allgemeine Studierendenvertretung (AStA). Der Verwaltung selbst kommt davon nichts zugute. Die Ruhr-Universität übermittelt die Zahlungen lediglich an die jeweiligen Empfänger.
Dennoch werden die Beiträge mit dem Damoklesschwert der Exmatrikulation eingefordert, anstatt beispielsweise eine Nachzahlung zu erlauben. Geleistet werden muss nach Auffassung der Verwaltung schließlich weiterhin – auch wenn sich daraus nur wenig Gegenleistung ergibt, da viele Studierende, die mit dem Sozialbeitrag finanzierten Angebote nur stark vermindert wahrnehmen können; die Mensen werden nicht besucht, der öffentliche Nahverkehr nur vermindert benutzt. Dennoch muss die Summe in Gänze und fristgerecht gezahlt werden. Menschlich ist daran nur wenig und wenn, dann nur in dem Sinne, dass auch Verständnislosigkeit eine tief menschliche Eigenschaft ist.

Leistung einfordern, aber nicht liefern kommt dabei einem Programm nahe. Denn während die Universitäten die Anforderungen an Studierende in der Pandemie steigern, beispielsweise durch die Aufhebung der Freisemester- und Wiedereinführung der Fehlversuchregelung, durch Kamerapflichten und Open-Book Klausuren, die in manchen Fällen selbst mit Hilfsmitteln kaum zu schaffen sind, schreitet der oft beschworene, pandemische Digitalisierungspush nur schleppend voran. Gleichzeitig sind die Bibliotheken weiterhin nur begrenzt nutzbar – wer beispielsweise eine Bachelorarbeit schreibt und als nicht-GA-Gebäude Student:in ein Buch aus der dortigen Verbundsbibliothek braucht, hat keinen Zugang. Auch das Desaster der unklaren Kommunikation in der Prüfungsphase des Wintersemesters ist vielen Studis noch frisch im Gedächtnis. Normalerweise gilt: Wer fordert, muss auch leisten. Aber wer fordert und nicht leistet, sollte zumindest nicht die Dreistigkeit aufbringen, sich als menschlich zu brüsten.  

:Stefan Moll

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