Bild: Unsichtbare Mauern sichtbar machen: Mehr Inklusion im Alltag für Hörgeschädigte., Hear me out Bild:bena

Reportage. Erst 2002 wurde die Gebärdensprache als Sprache in Deutschland offiziell anerkannt. Warum das nicht genug ist? Redakteurin :bena hackt nach.

Ich will Gebärdensprache können und das schon ziemlich lang. Ein Grundsatz, den mir meine Mutter immer beigebracht hat, war, immer alle Menschen so zu akzeptieren, wie sie sind und von ihnen zu lernen. Und das will ich. Also habe ich mich endlich in einem Kurs angemeldet und frage mich, „Warum habe ich das eigentlich nie in der Schule gelernt?“ Ich mein sowie fast jede*r die Basics des Englischen erlernt und mehr oder weniger beherrscht, könne doch ein*e jede*r die Basics der Gebärdensprache erlernen. Dieser Frage nach meiner Wunschvorstellung gehe ich auf den Grund und fange dort an, wo es egal ist, was Du bist und was Du kannst – im Kindergarten. Denn der Kindergarten erscheint als Ort des allgemeinen Friedens: Bist du doof, dann bist du doof! Aber du bist nicht doof, weil du nicht einer gemachten Norm entsprichst. Ich frage die ausgebildete Erzieherin Ramona Kristall, wie es mit Gebärdensprache in Kitas aussieht.
„Im Grunde gibt es Konzepte Kinder über Gebärden ans Sprechen zu bringen.“, sagt Kristall. Jedoch seien diese leider viel zu wenig. Sie fügt an: „Die Grundlagen von Gebärdensprache nutzen wir erst mal alle und verstehen sie auch. ‚Ich, du mein, dein, Essen, Trinken…! ‚Genau diese sollten von Anfang an vertieft werden, vor allem um die Integration zu fördern“. Warum findet eben diese Vertiefung nicht statt? Zum einen, weil es nicht nur „eine“ Sprache gäbe und die dialektische Vielfalt groß sei, denn die Sprache der Gehörlosen sei noch nicht überall offiziell anerkannt. Zum anderen beherrschen in Schulen für Hörgeschädigte leider nicht alle Lehrer*innen die Gebärdensprache, so die Erzieherin. Dem stimmt auch Laura M. Schwengber zu. Sie übersetzt Musik für Gehörlose und findet, „Kindern Sprachen anzubieten, ist nie falsch solange sie vernünftigen Zugang zur Sprache haben.“ Jedoch brauche es aus ihrer Sicht als Lernende von der Gebärdensprache zwingend Muttersprachler*innen im Spracherwerb. Denn man brauche Vorbilder, tolle Erwachsene gehörlose Menschen. Und genau mit denen möchte ich in Kontakt treten

Sign ist die Studierendenintressensgemeinschaft für Gebärdensprache in Nordrhein-Westfalen bestehend aus Carina Wahn, Lukas Berger, Katharina Gerlach, Lisa Ehrlich und Ana Smidt. Meine These zum frühkindlichen Kontakt mit Gebärden sähe Carina als Vorteil im Alltag von Gehörgeschädigten: „Wenn alle Kinder und Jugendliche über die Gebärdensprache und über die Diversität der Gehörlosen und Schwerhörigen aufgeklärt würden, würde dies später den Umgang und die Kommunikation mit den Gehörlosen und Schwerhörigen im Alltag, in der Bildung und auch auf dem Arbeitsmarkt vereinfachen.“ Aber es könnten auch mehr berufliche Möglichkeiten entstehen, meint Wahn. „Durch den früheren Kontakt mit der Gebärdensprache könnten Hörende sich früher, direkt nach dem Schulabschluss, für die Ausbildung der Gebärdensprachdolmetscher*innen bzw. Schriftsprachdolmetscher*innen interessieren.“ Dies würde auch dazu führen, dass es mehr ausgebildete Dolmetscher*innen gäbe und ein inklusiveres lernen in Schule und Uni möglich wäre. Doch bis d Schulsystem so weit ist, wird es noch etwas dauern, Marco Gryska von der Fachschaft für Lehramt sieht sich dennoch optimistisch: „Inklusion wird im Lehramtsstudium immer wichtiger.“ So findet im März die Zukunftswerkstatt Inklusion statt.
Mir ist durchaus bewusst, dass der Weg zur Gleichstellung von Gehörlosen noch etwas dauern könnte. Dennoch sollte man die Macht der Gebärden nicht unterschätzen. Diese sind nicht nur für nicht hörende Menschen wichtig, sondern auch bei Menschen ohne gemeinsam gesprochene Sprache.       

       :Abena Appiah

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