Bild: Zusammen kreativ sein: Beim offenen Vulvastammtisch kommen immer wieder neue Menschen zusammen um sich über Liebe, Geschlecht und die Gesellschaft auszutauschen. , Nur für Frauen Bild: vitz

Feminismus. Jeden vierten Sonntag im Monat findet im Provisorium der Vulvastammtisch statt. Wir waren vor Ort um uns selbst ein Bild vom Geschehen zu machen.

Plätzchen in Vulvaform. Das war es, was ich von der Weihnachtsedition des feministischen Eckkneipennachmittages erwartete. Plätzchen gab es keine, aber dafür unter anderem regen Austausch, Vulvastempel, lila Weihnachtskugeln zum anmalen, Grußkarten zum bekleben und ein achtsames Miteinander. Was genau geschieht also genau auf so einem Stammtisch? Während die Eingangstür hinter mir zu fiel, waren die vier Frauen, die an der Theke des Provisoriums standen schon voll im Thema. Sie redeten über das Pogen und Moshen auf Konzerten und wie der Kampftanz, der hauptsächlich von Männern geführt wird, solch eine dominierende Stellung auf einem Konzert einnähme, dass er viele, die körperlich unterlegen oder weniger aggressiv sind, an den Rand dränge. Kopfnicken. Zustimmung. Verständnis. Ich merke schnell, dass das der Schlüssel dieser regelmäßigen Treffen darstellt.
In der Zeit, in der die zehn Frauen, mich eingeschlossen, um einen großen Tisch mit viel Bastelmaterialien sitzen und Vulven in den verschiedensten Formen gestalten oder einfach nur Tee trinken, geben sich verschiedenste Themen gegenseitig die Hand. Zu Beginn steht die Selbstbefriedigung der Frau im Fokus der Unterhaltung, dass es als Teenagerin oder junge Erwachsene schwierig sei Erregungen im Körper überhaupt als solche zu erkennen. Dabei gab es Anekdoten vom Schwimmunterricht, dem Brett zwischen den Oberschenkeln und einem wohlig warmen Gefühl, welches nicht zugeordnet werden konnte. Für die Besucherinnen ist klar, dass die Erektion einer Frau, der Frau selbst nicht so visuell verdeutlicht wird wie die des Mannes und auch in Filmen zum Beispiel so gut wie nie Frauen bei der Selbsbefriedigung gezeigt werden.
Weiter ging es mit dem Leistungsdruck beim Sex und wie besonders Männer darunter zu leiden scheinen. „Lust kann sich nicht in einer leistungsorientierten Performance entfalten, egal ob Frau oder Mann“, so das Fazit von Julia.
In einem Nebensatz wird sich kurz darüber verständigt, was Feminismus für die Runde bedeutet: Kommunikation auf Augenhöhe und friedliches Miteinander. That’s it.

Der Vulvastammtisch ist jedoch nur für FLTI* Personen, bedeutet, dass Cis-Männer in der vulvamalenden Stammtischrunde nicht erwünscht sind. Auf die Frage, was sie von einem Penisstammtisch halten würden, gibt Maria eine kurze und knappe Antwort: „Penisstammtische gibt es jeden Abend in Kneipen. Wir schaffen hier einen Raum für Menschen, die eine weibliche Sozialisation erfahren haben und sich deswegen gegenseitig verstanden fühlen.“ Sie formuliert außerdem, dass die Atmosphäre und das Kommunikationsverhalten im Raum eine andere wäre, wenn Männer da wären. Eine, in der nicht so frei über Tabuthemen wie Masturbation gesprochen werden könne.
Fast durchgehend wird das Gespräch in der großen Runde geführt. Es wird auf Redeanteile geachtet und aufmerksam zugehört. Wenn die Gesprächspartnerinnen nicht die gleiche Überzeugung teilen, wird respektvoll darauf verwiesen, dass nicht alle die gleiche Meinung haben müssen.
Für Lena ist der Stammtisch deswegen wichtig, weil so ein patriarchaler Raum, sprich der Stammtisch, von Frauen besetzt werde. Ähnliche Ansätze gibt es später, wenn es um die Begriffe wie Emanze oder Fotze geht. Die Gruppe ist sich einig, dass es sich dabei um Begriffe handle, die nicht negativ sind, aber von der Mehrheit als Beleidigung genutzt werden, um die Selbstermächtigung der Frau zu unterdrücken, schließlich sei es kein schlechter Charakterzug emanzipiert durch’s Leben zu schreiten, egal ob Mann oder Frau.

:Meike Vitzthum

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