Bild: Ebony Bones: Eine düster schillernde Performance, die bewegt., Es geht wieder los Bild: fufu

Bochumer Theater. Vergangene Woche war es soweit und die Eröffnungswoche nach der Sommerpause schlägt nun dunklere Töne an.

Nachdem das Septemberende bereits mit dem Theaterfest ein erstes Lebenszeichen sendete (:bsz 1225), wurde vergangene Woche dann auch auf der Bühne des Schauspielhauses der Startschuss für die neue Spielzeit gegeben. Und trotz der vielen Lorbeeren, die es in der ersten Spielzeit unter Intendant Johan Simons geregnet hat, fällt der Startschuss auffällig düster aus. Im großen Saal feierte am 3. Oktober „Geschichten aus dem Wiener Wald“, unter der Regie von Karin Henkel, seine Premiere. Das Stück ist ein inszenierter Alptraum: makaber, düster und traurig, aber packend gut. Für Freund*innen des Obskuren. Fantasievoll und beklemmend. Karin Henkel kehrt damit nach Bochum zurück, denn bereits im Jahr 1996 inszenierte sie, damals bei Leander Haußmann, im Schauspielhaus Bochum, bevor sie ihre weitere Karriere an fast alle großen deutschsprachigen Theaterbühnen führte. Auch wenn es sich bei „Geschichten aus dem Wiener Wald“ um ein 90 Jahre altes Stück handle, so macht es den Eindruck als spiele es in den heutigen Tagen. Die Welt ist hart und ihr Ton noch härter. Ihr könnt das Stück noch an fünf weiteren Terminen im Schauspielhaus sehen.

Einen Tag später ging es im Schauspielhaus mit einem Konzertabend von Grandbrothers weiter. Eröffnet wurde dieser Abend durch die Sängerin, Pianistin und Songwriterin Tara Nome Doyle die zusammen mit ihrem Gitarristen die Bühne des Schauspielhauses bespielte. Ihre packende Stimme lullte dabei angenehm in die Sessel des Saals und sorgte dafür, dass Sitzen bei einem Konzert auch okay war. In den Sessel gekuschelt ging es dann mit dem Duo Grandbrothers weiter, die den Saal in eine Art Trancezustand versetzt haben, bei dem die Zuhörer*innen den Eindruck erweckten, als würden sie alle hinter verschlossenen Augen ihren eigenen Film schauen. Die Musik der Grandbrothers lädt dazu ein. Sie wirkt wie eine Mischung aus träumerischer Filmmusik à la Yann Tiersen, Electro-Pop wie vom „besseren“ Kalkbrenner-Bruder oder ein moderner Ansatz von Philip Glass „Glassworks“ und das alles manchmal noch mit einer Prise Woodkid. Aber so ganz kann man das, was dann bei Grandbrothers auf der Bühne passiert doch nicht mit Vergleichen erklären. Selbst die beiden Musiker von Grandbrothers, Erol Sarp und Lukas Vogel, werkeln, wackeln und scherzen immer wieder an ihrer Eigenkonstruktion auf der Bühne herum. Denn bei ihrem Piano handelt es sich um ein präpariertes Klavier. Inspiration und Ausgangspunkt lieferte den beiden dafür ihre gemeinsame Begeisterung für den Künstler John Cage. Bei ihrem Piano werden mit kleinen extra Hämmerchen an den Klaviersaiten Rhythmen und Geräusche erzeugt, angesteuert durch Computer und analoges DJ-Equipment, die ein einzigartiges Klangbild liefern. Für Grandbrothers war es in Bochum quasi ein Heimspiel, denn sie nehmen auch seit ein paar Jahren,  in Bochum ihre Musik auf. Ein, trotz der Bestuhlung des Saals, bewegender  Musikabend, den die Bochumer Zuschauer*innen mit strahlenden Augen verlassen oder noch auf der Aftershowparty in der Oval Office Bar mit DJ-Veteran Klaus Fiehe ausklingen lassen haben.

Weitere Eröffnungsveranstaltungen gab es in Form des partizipativ ausgelegten Theaterstücks „Dying Together“ von Lotte van den Berg, bei dem das Publikum dazu eingeladen ist, gemeinsame Sterbeereignisse zu erfahren. Ein „Gedankenexperiment, das körperlich erlebt wird“, so formuliert es Dramaturg Tobias Staab. In „Teil 1: Menschen“ und „Teil 2: Erde“ von „Dying Together“ soll das Empfinden geschärft werden. Die beiden Teile verfolgen dabei keine chronologische Reihenfolge. Die Teilnehmer*innen sind im Anschluss auch zu einem Nachgespräch eingeladen, bei dem sie über gemachte Erfahrungen sprechen können. Vom 11. bis zum 13. Oktober könnt ihr noch an Aufführungen teilnehmen. Und für alle, die Lars Eidinger gerne eskalieren sehen wollen, bietet das Oval Office eine neue Installation mit dem Namen: „Meine Heimat ist ein düsteres, wolkenverhangenes Land“ von Julian Rosefeldt, der derzeitig als einer der größten Filmkünstler*innen der Welt gefeiert wird.

:Christian Feras Kaddoura

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