Bild: Nur in London? Seit 1991 gibt es einen Nachbau des Globe Theaters in der Nähe von Düsseldorf. , Internationales Theater Bild: leda

Theater-Festival. Alljährlich findet in Neuss ein Shakespeare Festival statt, bei dem der bekannte englische Autor zelebriert und seine Werke adaptiert werden.

Wer im rheinländischen Neuss aus der Innenstadt zur Rennbahn spaziert, wird aktuell nicht über Jockeys und Pferde, sondern über Statuen von Shakespeare und seinen Charakteren stolpern. Denn hier finden Besucher*innen nun alles, was das Shakespeare-Herz höher schlagen lässt: vom Verkauf britischer Leckereien wie Scones und Shortbread über Shakespeare-Merch bis hin zu den Toiletten ,,Romeo‘‘ und ,,Julia‘‘. Das dekorative Highlight ist dabei der Nachbau des Globe Theaters, welcher seit 1991 etwa 500 Zuschauer*innen Platz bietet.
Wozu das Ganze? Jedes Jahr findet hier das Shakespeare Festival statt, bei dem etwa einen Monat lang – diesmal vom 14. Juni bis 13. Juli – Schauspieltruppen eingeladen werden, Inszenierungen der elisabethanischen Stücke aufzuführen. Diese kommen aus aller Welt und in allen Sprachen: Dieses Jahr sind neben englisch- und deutschsprachigen Aufführungen zum Beispiel auch eine polnische Aufführung von ,,Macbeth‘‘ sowie eine ungarische Aufführung von ,,Richard III.‘‘ dabei. Doch auch andere Events rund um Shakespeare sind Teil des Festivals, unter anderem Filmvorführungen und ein Kinder-Shakespeare-Tag.

Viermal und über drei Tage verteilt findet dieses Jahr auch eine Inszenierung der Komödie ,,Twelfth Night’’ in englischer Sprache statt. Dieses wird von dem Ensemble der Londoner Bridge House Productions SE20 Limited unter der Regie von Guy Retallack aufgeführt. Retallack inszenierte bereits in vergangenen Jahren andere Stücke für das Shakespeare Festival.

,,Some are born great, some achieve greatness, and others have greatness thrust upon them’’, heißt das vermeintlich bekannteste Zitat aus ,,Twelfth Night‘‘, welches mehrmals – öfters allerdings mit einem höhnischen Unterton –  erklingt.  Hierin liegt die Raffinesse der Inszenierung: sowohl die Szenerie als auch die Sprache werden subtil modernisiert. Der elisabethanische Sprachstil bleibt zwar erhalten, doch wird er zeitweise musikalisch interpretiert. So tritt der Fool, einer der bedeutsamsten Figurentypen, in Gestalt eines Hippies auf, der seine ironisch-witzelnden doch auch ernsten Reden teils in gesungener Form wiedergibt. Auch der Abschluss der finalen Szene und die Verabschiedung von den Zuschauer*innen wird vom gesamten Ensemble und angeleitet von dem Fool als Lied aufgetragen. Ein Aspekt, der dem Stück eine moderne und leichte Note verleiht.

Im Kontrast dazu finden sich auch ernste Momente. Während das Stück – sowohl im Originaltext als auch in der Inszenierung – zwar typisch für eine Shakespeare-Komödie mit mehreren glücklichen Liebespaaren endet, bleibt das Ende für einige andere Charaktere offen. Dies wird in dieser Inszenierung noch dramatisierter und emotionaler dargestellt; so sind besonders die Charaktere, die vorher für comic relief sorgten, am Ende des Stücks tragischer dran: Malvolio schwört auf Rache und geht von der Bühne, Sir Toby und Sir Andrew gehen im Streit auseinander – ein Streit, der ebenfalls komödiantisch dargestellt werden könnte, hier aber sehr tragisch dargestellt wird. Da die Mitglieder des Ensembles mehrere Rollen in unterschiedlichen Kostümen besetzen, sind es auch genau diese Charaktere, die beim Abschiedslied nicht mehr auf der Bühne erscheinen; ihnen wird also bewusst ein tragischeres Ende gegeben.

Die ,,Twelfth Night‘‘-Inszenierung von Retallack ist ein exzellentes Beispiel dafür, wie neuartige Interpretationen der Shakespeare Stücke mit dem Festival dem deutschen Publikum näher gebracht werden.     

:Charleena Schweda

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