Bild: Wie an der Uni: Einen Sozialbeitrag bezahlen und dann mit Bus und Bahn fahren., Solidarisches Ticket: ab 12 Euro durch Wuppertal Bild: kac

Kommentar. Die Bürgerticket Initiative will in Wuppertal ein einkommensabhängiges solidarisches ÖPNV-Ticket einführen. Bis zur Durchsetzung ist es noch ein weiter Weg, doch der Verkehrsdezernent sieht die Idee als willkommen an.

Während sich Studierende vorerst keine Gedanken machen müssen, wie sie von A nach B kommen, sieht es für andere
ÖPNV-Nutzer*innen ganz anders aus. Ein Einzelticket für Erwachsene kostet 2,80 Euro. Wieso sollte jemand dann bei dem Preis das Auto stehen lassen? Es ist günstiger und komfortabler das Auto zu nehmen, um zum Beispiel zum Einkaufen zu fahren. Denn innerhalb Bochums müssen die ÖPNV-Nutzer*innen ohne Monatsticket dann 5,60 Euro für die Hin- und Rückfahrt zu einem Geschäft bezahlen, während der Spritpreis nur ein Drittel beträgt.

Es geht auch anders

Wer nun an das Sozialticket denkt, sieht, dass es sich zwar für Personen lohnt, die mehr als sechsmal im Monat fahren und ein geringes Einkommen haben. Doch es kostet in Bochum mittlerweile 38,65 Euro, während es zum Beispiel in Berlin auf 27,50 Euro gesenkt wurde. Da sieht die Kalkulation des vorgestellten Sozi-Tickets in Wuppertal ganz anders aus. Die Idee ist, dass alle Bürger*innen einen monatlichen Beitrag zahlen, damit sie dafür uneingeschränkt mit Bussen und Bahnen fahren können. Das Problem dahinter ist, wie auch schon hier mit dem Sozialbeitrag, dass auch die zahlen, die den ÖPNV nicht nutzen. Nur ist der universitäre Semesterbeitrag nicht einkommensabhängig, der sogenannte Mobilitätsbeitrag laut Bürgerinitiative schon: So würde dieser zwischen zwölf und 50 Euro liegen. Des Weiteren, was ich besonders an dieser Idee schätze, sollen nur diejenigen zahlen, die auch die Möglichkeit haben, den ÖPNV zu nutzen. Wer zu weit entfernt von einer Haltestelle wohnt oder dort, wo der Bus nur unregelmäßig fährt, ist beitragsbefreit.

Keine neue Idee

Die estnische Hauptstadt Tallinn hat es vorgemacht: Dort wird das Ticket für alle durch Steuern finanziert. Der estnische Staat gibt nichts dazu. Bevor das Konzept eingeführt wurde, gab es Gelder von der EU für die Instandsetzung des Straßenbahnnetzes. Die Trams und Busse sind weder verdreckt oder veraltet noch überfüllt. Wer in Tallinn Bus oder Tram fahren will, muss beim Betreten eine Chipfahrkarte, die Ühiskaart, an einen Entwerter halten. Auswärtige müssen vorher die Karte mit Guthaben aufladen – alle die in Tallinn gemeldet sind, können die Ühiskaart online registrieren lassen und haben damit ein in der ganzen Stadt gültiges Ticket. So verdient die Stadt weiterhin an ihrem ÖPNV. Laut Touristeninformation gibt es keinen Massenandrang, keine überforderte Verkehrsinfrastruktur, keine zu hohen Kosten. Doch durch das ÖPNV-Konzept für alle, seien tatsächlich mehr Menschen vom Auto umgestiegen und die Straßen seien leerer geworden.
Es kann also funktionieren. Wäre eine Universitätsstraße oder der Ring um Bochum-Mitte nicht deutlich angenehmer, wenn spürbar weniger Autos die Luft verpesten würden? Der Nahverkehr für alle sollte auch hier in Bochum zum Thema werden.
Was haltet Ihr davon? Schreibt uns Eure Meinung an redaktion@bszonline.de

:Katharina Cygan
 

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