Bild: Matthias Hecht (vorne) und Paul Hofmann (hinten): Die Bühne wirkt wie eine Mischung aus Krankenhaus und Anklagebank. , Drama über Klonen Bild: Sophia Remer

Theater. Im Rottstr5 Theater inszeniert Constanze Hörlin das Stück „Die Kopien“. Im Drama über genetische Kopien ergibt sich ein Familienkonflikt, der einen nihilistischen Ausblick auf die Frage des Seins gibt.

„Die Kopien“ von Caryl Churchill, in der Regie geführt von Constanze Hörlin, beginnt blitzartig: Einen kurzen Moment ist es dunkel, dann geht das Licht wieder an und Paul Hofmann in der Rolle des Bernard befragt seinen Vater, gespielt von Matthias Hecht. Wie in einem Verhör wechseln die beiden die Worte aus. Denn Bernard hat herausgefunden, dass es durch ein vermeintlich illegales wissenschaftliches Experiment eine Reihe von genetisch identischen Klonen von ihm gibt. Sein Vater beteuert, man habe ihn betrogen. Wiederholt schwört er darauf, das Krankenhaus zu verklagen und Unsummen von Geld aus dem Fall zu holen. Währenddessen versucht sein Sohn mit der Realität umzugehen, dass eine Vielzahl von ihm auf den Straßen umherlaufen. Er hinterfragt seine Herkunft und deckt dabei im Gespräch mit seinem Vater dessen Lügen auf. Während er eine tiefe Identitätskrise durchläuft, hadert sein Vater durchgehend mit der Frage, ob er ein gutes Elternteil war.

Bewegungen

Die Intensivität des schnellen Einstiegs hält zunächst eine Weile an. Doch über die gut einstündige Inszenierung ist eine Bewegung im Ton erkennbar. Während der Anfang mit Ernsthaftigkeit auftritt, ist schon bald eine äußerst diffusere Stimmung erkennbar. Es schleicht sich ein Gefühl des Irrsinns ein, das unter anderem durch den Rollenwechsel zu mehreren Klonen entsteht, die Paul Hofmann verkörpern muss. Gegen Ende finden ein paar lockere Momente Einzug in das Stück, die gewollt lächerlich wirken. Die Frage nach der eigenen Identität, gebrochen durch eine Vielzahl genetisch identischer Individuen, mündet dabei auf tragische Weise in einem sorglosen Nihilismus, der sich auch in dem abrupten Schluss erkennbar macht. Die Frage nach dem Selbst erscheint dadurch leer und vermag für die Figuren keine Antworten zu liefern.

Ich und Ich und Ich

Matthias Hecht und Paul Hofmann verkörpern ihre Rollen durchweg gekonnt. Vor allem Hecht sticht mit seinem wehleidig gespielten Vater, der nach und nach vom Betrogenen zum Schuldigen wird, heraus. Auch Hofmann spielt die Rolle des anklagenden Bernards äußerst gut. Denn ihm gelingen die Rollenwechsel, sodass eine klare Abgrenzung zwischen den von ihm gespielten Charakteren deutlich ist, auch wenn einzelne Persönlichkeiten dabei glaubwürdiger erscheinen als andere.
Weniger überzeugend sind dagegen die verwendeten Musikfetzen, die die Szenenwechsel einleiten. Zu laut werden die, durch ihr aggressives Rauschen, undefinierbar anmutenden Musikstücke eingespielt. Dadurch gelingt die Integration in das künstlich steril gehaltene Bühnenbild nicht, welches, durch Kunststoffstellwände und kühles weißes Licht verstrahlende Halogenröhren, die Stimmung eines Labors vermittelt.
„Die Kopien“ ist ein spannendes, kurzweiliges Stück, das mit komplexen Charakteren, die überzeugend auf die Bühne gebracht werden, erscheint. Und obwohl die Frage nach der eigenen Identität im Fall von genetischen Klonen nicht beantwortet wird, punktet die Inszenierung durch ihren klaren Kommentar auf die Thematik.

:Stefan Moll

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