Bild: Unscheinbare Blüte? Ein Wirkstoff aus dem Mutterkraut verdoppelt die Regenrationsgeschwindigkeit von Nervenfasern. , Wirkstoff im Mutterkraut beschleunigt Regenration von Nervenfasern Bild: ken

Für Betroffene von Nervenschäden gibt es nach 30 Jahren ohne nennenswerte Verbesserung der Therapiemöglichkeiten einen Hoffnungsschimmer. Professor Dietmar Fischer – der erst Anfang September aus Düsseldorf an die RUB kam und den Lehrstuhl für Zellphysiologie übernahm – und seinem interdisziplinären Team aus Wissenschaftlern ist es gelungen, einen Pflanzenwirkstoff zu entdecken, der die Regenrationsgeschwindigkeit von verletzten Nervenfasern.

Parthenolid heißt der Wirkstoff aus dem Mutterkraut, der Erkrankten oder Opfern von Unfällen Heilung oder Linderung verschaffen könnte. Bisher konnte die Wirksamkeit in Zellkulturen und im Maus  und Rattenmodel nachgewiesen werden. Die Forschung wird mit 1,26 Millionen Euro zunächst für drei Jahre vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Zuge des Programms „Validierung des technologischen und gesellschaftlichen Innovationspotenzials wissenschaftlicher Forschung“ gefördert. Im Zuge dessen soll entweder in einer Kooperation mit Pharmaunternehmen oder durch eine anschließende Ausgründung ein Medikament für Menschen entwickelt werden, das dann auf den Markt kommen soll.

Anwendbar in vielen Bereichen

Die Ergebnisse und das daraus geplante Medikament hätten für viele Menschen eine große Relevanz. Nicht nur Menschen mit geschädigten Nerven in Beinen und Armen, die nach Unfällen oft dauerhafte Lähmungen, Taubheitsgefühle und chronische Schmerzen davontragen, könnten Lebensqualität zurückgewinnen. Auch für Diabetiker*innen oder von Fazialisparese Betroffene könnten die Resultate interessant sein, erklärt Prof. Fischer. „Bei der Fazialisparese, also einer Gesichtslähmung, dauert es normalerweise etwa ein Jahr, bis das wieder zurückgegangen ist. So könnte die Zeit um die Hälfte reduziert werden.“ Durch die schnellere Regeneration würde wahrscheinlich auch generell die Qualität der Funktionswiederherstellung verbessert bzw. in manchen Fällen erst möglich werden.

Neue Perspektiven

Das Team wurde auf den Wirkstoff aufmerksam, als es an genmanipulierten Mäusen forschte. Dabei haben sie eine Mutation in einem Enzym entdeckt, die erwarten ließ, dass die Regenrationsgeschwindigkeit der Nervenzellen schlechter sein würde. Tatsächlich war sie aber wesentlich besser. Daraufhin haben die Forscher*innen Untersuchungen durchgeführt und den zugrundeliegenden Mechanismus entschlüsselt, so dass sie wussten, wonach sie suchen mussten. In wissenschaftlichen Datenbanken sind sie dann auf den Wirkstoff im Mutterkraut gestoßen, der eine ähnliche Wirkungsweise vermuten ließ. In Zellkulturen ließ sich die Wirkung ebenfalls bestätigen, später auch am lebenden Objekt. Prof. Dietmar Fischer betont: „Tierversuche werden nicht leichtfertig durchgeführt. Die Hürden zur Genehmigung sind extrem hoch“. Dennoch stoße man bei den alternativen Möglichkeiten irgendwann an Grenzen; Irgend wann brauche man zum Nachweis einen lebenden Organismus, insbesondere dann, wenn man Patienten helfen will. Er selber lehnt Tierversuche für Kosmetika ab. „Das ist absolut unnötig“, erklärt Fischer.

:Kendra Smielowski

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