Bild: Aufschieber*in oder Macher*in? Die Antwort liegt im Gehirn. , Aufschieber*in oder Macher*in – Neurowissenschaft klärt auf Symbolbild

Neurowissenschaft. Neurowissenschaftler*innen finden erste Hinweise auf die neuronalen Unterschiede zwischen „Macher*innen“ und „Aufschieber*innen“.  Hierbei scheint besonders eine bestimmte Region im Gehirn wichtig zu sein.

Prokrastination – das Verschieben, das Aufschieben von anstehenden Aufgaben und Tätigkeiten – wurde nun erstmals neurowissenschaftlich untersucht. Mittels Kernspintomografie identifizierten Forscher*innen der Ruhr-Universität, warum einige Menschen Aufgaben aufschieben und andere wiederum die Dinge sofort erledigen. Die Biopsychologen und Biopsychologinnen untersuchten dazu Männer und Frauen im Alter von 18 bis 35 Jahren im Kernspintomografen, die zuvor einen Fragebogen ausfüllten, der den Forscher*innen Auskunft über die Handlungskontrolle der Teilnehmer*innen gab.

Kontrollmechanismus

In der Wissenschaft geht man davon aus, dass Menschen, die Aufgaben eher aufschieben, schlechtere Selbst- und Emotionskontrollmechanismen besitzen. Diese Mechanismen laufen kontinuierlich bei jedem Menschen im Hintergrund ab und „sind zum Beispiel dafür da, beabsichtigte Handlungen in die Tat umzusetzen“, so Caroline Schlüter, Biopsychologin der RUB. Die Mechanismen seien auch dafür da, negative Gefühle, wie beispielsweise Versagensangst beim Vorbereiten auf eine Prüfung auszublenden und sich auf das Lernen zu konzentrieren. „Die „Macher“ nutzen die Mechanismen besser.“
Neurowissenschaftlich ist der Unterschied auch zu sehen: „Im Rahmen unserer Untersuchung zeigte sich, dass die Amygdala bei den sogenannten Aufschiebern signifikant größer ist“, berichtet Schlüter. Außerdem konnte eine schlechtere funktionelle Verbindung von der Amygdala zu dem dorsalen anterioren cingulären Kortex (dorsaler ACC) festgestellt werden. Die Amygdala ist für die Interpretation und Auswertung von Sinneseindrücken und Empfindungen zuständig. Sie beurteilt Situationen und warnt vor möglichen negativen Konsequenzen einer Handlung. „Menschen mit höherem Amygdala-Volumen könnten eine größere Furcht vor den negativen Konsequenzen einer Handlung haben – sie zögern und schieben Dinge auf“, vermutet Dr. Erhan Genç, der ebenfalls an dem Forschungsprojekt beteiligt war.
Der dorsale AAC nutzt die Informationen über den möglichen Ausgang einer Handlung um zu entscheiden, welche Handlung letzten Endes in die Tat umgesetzt werden soll. Konkurrierende Handlungen und negative Emotionen werden hierbei unterdrückt um ein Gelingen der ausgewählten Tätigkeit zu gewährleisten.
Die Forscher*innen nehmen an, dass eine schlechtere funktionelle Verbindung von Amygdala und dorsalem ACC dazu führt, dass die Handlungskontrolle nicht erfolgreich ausgeführt werden kann.

Prokrastinationsgrund: Amygdala?

Auf die Frage, ob eine vergrößerte Amygdala und eine schlechtere funktionelle Verbindung zum dorsalem ACC nun als Ausrede für Aufschieber*innen gelte, verneint Biopsychologin Schlüter. Ob man Aufschieber*in oder Macher*in sei, hänge vermutlich auch von anderen Dingen, wie zum Beispiel der jeweiligen Aufgabe ab. Die Ergebnisse der aktuellen Studie lassen noch offen, ob sich das Prokrastinieren wegtrainieren lässt und ob sich derartige Trainings auf die Beschaffenheit des Gehirns auswirken.

:Sarah Tsah

Info:Box

Ab Oktober 2018 suchen die Biopsycholog*innen der RUB wieder Proband*innen zum Thema „Neuronale Grundlagen von Allgemeinwissen, Intelligenz, Persönlichkeit, emotionale Kompetenz und Motivation“.
Wenn Ihr zwischen 18 und 35 Jahren alt seid und keine psychischen oder neurologischen Vorerkrankungen habt, meldet Euch per E-Mail unter: nkwipem@gmail.com
Hier könnt Ihr weitere Informationen zur Studie erhalten und euch direkt für die Teilnahme anmelden.Teilnehmer*innen erhalten eine  Aufwandsentschädigung von 150 Euro.
 

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