Bild: Ausweis raus und Handys weg! Bevor es in die Ausstellung geht, geht es durch die Passkontrolle. Das gilt auch für die Presse. , POL1Z1STENS0HN kuratiert in Düsseldorf Bild: NRW-Forum, B. Babic

Ausstellung. Der blasse dünne Junge hat sich eine neue mediale Spielwiese erschlossen: Mit der Ausstellung „DEUSCTHLAND“ beantworten Satiriker und Poet Jan Böhmermann und die btf (Bildundtonfabrik) die Frage, in was für einer Gesellschaft wir derzeit leben.

2017. Die AfD hat es in den Bundestag geschafft, Bundeskanzlerin Angela Merkel geht derweil im üblichen Dress (karierte Bluse in schlichtem rosa und pink gehalten, dazu eine Wanderhose) mit Ehemann Joachim Sauer wandern und „goethe und schiller haben länger nix neues rausgebracht“, wie im Einführungstext genannt wird. Seit dem 24. November können sich GästInnen in der multimedialen Ausstellung im NRW-Forum Düsseldorf auf ein Deutschland aus der Sicht Jan Böhmermanns einlassen. Ist das noch Satire oder schon Revolution? 

Die Böhmermann’sche Perspektive eröffnet sich dem Besuchenden in zwei Abteilungen: „Deuscthland“ und „Rechtsfreier Raum“. Während sich der erste Abschnitt mit verschiedenen Aspekten wie Rechtspopulismus und Geschichtskultur auseinandersetzt, widmen sich die KuratorInnen im zweiten Teil der Ausstellung hauptsächlich der Böhmermann-Affäre um das in einer Sendung des „Neo Magazin Royale“ zitierte Schmähgedicht über den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan.

Voll dabei und mittendrin

Die Ausstellung lebt mit ihren wenigen Exponaten vor allem von ihren satirischen Installationen, die dazu auffordern, mitzumachen und – zudenken. In Wahlkabinen sollen die BesucherInnen sich zu verschiedenen Themen äußern. Jeweils zwei Antwortmöglichkeiten werden vorgegeben. Team Palästina oder Team Israel? Bist Du schuldig oder unschuldig? Kind oder Karriere? Wofür sich die Wählenden entscheiden, wird dann flugs mit Schnappschuss auf dem eigenen Twitteraccount publik gemacht. In Kant’scher Manier wird der Besuchende zur (Meinungs-)Mündigkeit gezwungen. An der Wand gegenüber erscheinen die teils grinsenden, teils verunsicherten Gesichter, nun selbst Exponate der Ausstellung. 

An anderer Stelle können jeweils zwei BesucherInnen mittels einer Virtual-Reality-Brille eine Bootstour vorbei an Stalingrad und dem Führerbunker samt Schäferhund Blondie und sich erschießendem Hitler machen. Die „It’s a great ride!“-Demo – etwa eine Anspielung auf einen gewissen US-Präsidenten an dieser Stelle? – ist Teil des „Reichsparks“: ein fiktiver Themenpark, welcher den Nationalsozialismus und das Dritte Reich als Schwerpunkt hat und bereits Thema einer Folge des Neo Magazins gewesen ist. Während man sich darüber echauffiert, ob so etwas moralisch vertretbar ist, lässt man sich von den pixeligen Bildern berieseln. Nicht das einzige Exponat, das mit Ambivalenz spielt.

Gönnt Euch? 

Mit viel Liebe zum Detail beleuchten Böhmermann und die bft, welche als Fernsehproduktionsfirma auch für Sendungen wie das Neo Magazin verantwortlich ist, die von ihnen analysierte Gesellschaft. Nicht immer ist ersichtlich, was Ernst und was Spaß ist. Die Grenzen verwischen. Regelmäßige RezipientInnen von Böhmermanns Einfällen werden allerdings viele Teile der Ausstellung wiedererkennen. Es erinnert dann doch an ein Recap vergangener Folgen. Nichtsdestotrotz: Stoff zum Nachdenken wird reichlich geliefert. 

Die Ausstellung läuft noch bis zum 4. Februar 2018 und kann zu den Öffnungszeiten des NRW-Forums (nrw-forum.de/besuch) besichtigt werden. Studierende zahlen 5 Euro Eintritt.             

:Andrea Lorenz

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