Bild: Nicht lustig: Poetry Slams sind für Kasia uncool. , Poetry Slam ist kacke Symbolbild

Contra-Kommentar. Punktetafeln statt Feedback, Stilwechsel für den Fame, publikumsorientierte Selbstinszenierung: Poetry Slam! 

Lesebühnen gab es schon immer, doch beim Poetry-Slam-Format soll das Publikum mitfiebern. Anders als bei Lesebühnen geht es hier auch um den Wettkampf. Die KünstlerInnen haben fünf Minuten Zeit, sich selbst und ihren Text zu inszenieren. Während andere Literaturbühnen den Fokus auf den Text legen, muss bei der Poesieschlacht das Gesamtpaket stimmen. Das Publikum bewertet mit Punktetafeln. Die VerliererInnen sehen nur Zahlen, bekommen aber kein Feedback. Lustige Texte gewinnen eher als traurige, da Melancholie meist länger braucht, um zu wirken. Aber kann traurige Poesie nicht auch des Sieges würdig sein? Andere Lesebühnen bieten Diskussionsrunden nach der Lesung an, die den KünstlerInnen oft mehr bieten als ein Platz, den man belegt hat.  In den letzten 30 Jahren hat sich der Poetry Slam zu einer eigenen Kunstform entwickelt. Das Konzept der offenen Bühne, auf der jede Textsorte vorgelesen werden kann, ist nicht aufgegangen. Die SlammerInnen sind mittlerweile zielgruppenorientiert: In einem Raum voller Menschen, die gegen Rassismus sind, wählt man einen Anti-Rassismus-Text. Diese werden so verfasst, dass sie die Meinung des Publikums widerspiegeln. Dieses muss dann nicht viel nachdenken und reflektieren, da es ohnehin derselben Meinung ist.

Woher kommt diese Abneigung?

Ich kenne sehr viele Menschen aus dieser Szene sowie ihre Texte, die sie vor ihrer Zeit als SlammerInnen verfasst haben. Teilweise geben sie selbst zu, dass sie für Slams extra anders schreiben, weil sie nun den „Dreh raus haben“ und wissen, was beim Publikum gut ankommt. Es ist ein Schreibstil entstanden, mit dem es leichter ist, zu gewinnen. Sehr häufig sind es Texte, bei denen es wenig bis keine Reflexion darüber gibt, wer das erzählende „Ich“ und wer KünstlerIn ist. Die Texte sind essayistisch mit wenig Handlung, die fünf Minuten werden eher mit rhythmischen Adjektiv-Anhäufungen gestreckt. Es gibt kaum andere Personen, sondern eher einen Monolog der SlammerInnen, die dem Publikum aus ihren Leben erzählen. So gewinnen Texte über Bierschiss, Menstruationsblutungen und andere angeblich innovative Tabuthemen, die stets der leichten Unterhaltung dienen.           

:Katharina Cygan

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