Bild: Die Blut-Hirn-Schranke in niedlich: Nährstoffe rein, Schadstoffe raus. , Evenutell neue Möglichkeit, Alzheimer im Frühstadium zu diagnostizieren Illustration: Allan Ajifo, Wikimedia Commons (CC BY 2.0) (Gehirn), ken (Blut), mar (Montage)

Maastricht in den Niederlanden: Das ForscherInnenteam um Walter H. Backes hat womöglich eine neue Methode entdeckt, um Alzheimer bereits im Frühstadium zu erkennen. In einer Studie hat es herausgefunden, dass bereits in der Anfangsphase der Krankheit  eine Beeinträchtigung der Blut-Hirn-Schranke bei AlzheimerpatientInnen festzustellen ist und man eine Erkrankung so frühzeitig erkennen könnte.

In seiner Studie hat er mittels einer kontrastmittelunterstützten Magnetresonanztomographie (dabei wird ein radioaktiv markierter Stoff gespritzt, der den Blutverlauf im Körper im MRT sichtbar macht) die Aktivität der Blut-Hirn-Schranke von Alzheimer-Erkrankten im Frühstadium und gleichaltrigen, gesunden Menschen verglichen und dabei bei den Erkrankten eine Beeinträchtigung festgestellt.

Die Blut-Hirn-Schranke trennt den Blutkreislauf vom zentralen Nervensystem (ZNS) und versorgt das Gehirn über aktive und passive  Mechanismen einerseits mit Nährstoffen und schützt andererseits vor Toxinen und Krankheitserregern. Aufsehen erregt die Studie, weil sie es möglich zu machen scheint, die Alzheimerische Krankheit im Frühstadium zu erkennen und dadurch suggeriert wird, dass bei frühzeitiger Erkennung eine Heilung wahrscheinlicher ist.

Was ist Alzheimer überhaupt?

Jörg Tatzelt von der RUB beschäftigt sich seit Jahren mit der Grundlagenforschung im Bereich der neurodegenerativen Erkrankungen, zu denen neben Alzheimer auch Parkinson oder Chorea-Huntington gehören. Bei erkrankten Menschen sterben tatsächlich Nervenzellen ab. Vergleicht man neurodegenerative Erkrankungen mit psychologischen (zum Beispiel Depressionen oder Schizophrenie), kann man bei Ersteren eine Veränderung im Vergleich zu einem gesunden Gehirn erkennen. Ganze Teile des Gehirns sind tot. „Bei allen neurodegenerativen Erkrankungen gibt es ein Zellsterben in einem ganz spezifischen Bereich des Gehirns. Bei Alzheimer ist nur der Bereich betroffen, der für das Gedächtnis zuständig ist, bei Parkinson ist es der im Stammhirn, der Bewegungen koordiniert.“

Bei psychologischen Erkrankungen hat man ein strukturell unverändertes Gehirn vor sich, das keinerlei Anzeichen einer Erkrankung aufweist.

Was man bisher weiß

Bei Alzheimer-Erkrankten sind im Gehirn Ablagerungen, sogenannte Protein-Aggregate, zu finden. Es gibt Forschungsansätze, die davon ausgehen, dass diese Ablagerungen Ursache der auftretenden Demenz sind. Andere Forscher sind der Meinung, diese Ablagerungen seien Konsequenz der Erkrankung. Bis heute ist aber weder geklärt, welche Funktion das Protein in einem gesunden Körper hat, noch wieso es sich ablagert. 

Tatzelt weist darauf hin, dass sich diese Proteinablagerungen in Gehirnen finden lassen, bei denen gar keine Alzheimer-Erkrankung diagnostiziert war und diese womöglich nur aufgrund des Alters entstehen und nicht immer einen Bezug zu einer neurodegenerativen Erkrankung haben.

Es gibt Versuche an Mäusen, die sich spezifisch mit den Aggregaten beschäftigen. Da es bei den Tieren aber keine Alzheimer-Erkrankung gibt, kann nur dieser eine Aspekt untersucht werden. Mäuse wurden genetisch so verändert, dass sie die Protein-Ablagerungen im Gehirn bekamen. In weiteren Versuchen gelang es, die Aggregate in den Mäusegehirnen spezifisch zu zerstören. Das Medikament lieferte bei Menschen aber leider ernüchternde Ergebnisse. Unter heftigsten Nebenwirkungen konnten die Aggregate zwar ebenfalls zerstört werden, aber eine Besserung der Erkrankung wurde nicht erzielt.

Tatzelt selber verzichtet weitestgehend auf Versuche an Tieren. Er macht einen Großteil seiner Versuche an kultivierten Zellen. „Aber irgendwann stößt man da auch an seine Grenzen. Die Komplexität eines Gehirns lässt sich nicht in solchen Modellen rekonstruieren.“

„Alzheimer ist nicht heilbar.“

Der Forscher beurteilt die Studie aus den Niederlanden eher vorsichtig. Zum einen sei ein Test hinsichtlich der Frage, ob eine Beeinträchtigung der Blut-Hirn-Schranke vorliegt, kein eindeutiger Hinweis auf eine Demenz-Erkrankung, da viele andere Krankheiten die Durchlässigkeit ebenfalls beeinträchtigen, wie zum Beispiel Diabetes. Zum andern würde die Möglichkeit, eine Krankheit früh erkennen zu können, keinen Nutzen haben, wenn man sie nicht heilen kann. „Es ist wenig hilfreich, dem Patienten sagen zu können, dass er an Alzheimer erkranken wird, man ihm aber nicht helfen kann, weil es keine Therapie gibt“, so Tatzelt.

Die Erforschung solcher Biomarker (eindeutige klinische Nachweise einer Erkrankung über die Identifizierung bestimmter Strukturen in leicht entnehmbaren Proben wie Speichel oder Blut oder über leicht anwendbare Untersuchsungsmethoden wie ein MRT) sei aber sehr wichtig, um bei weiteren Fortschritten in der Therapie gerüstet zu sein.

:Kendra Smielowski

0 comments

You must be logged in to post a comment.