Bild: Raus aus der Turnhalle, rein in die Zelte? Stadtdirektor Townsend sprach letzte Woche mit den Geflüchteten. , Stadt Bochum will Geflüchtete zum Umzug in eine andere Unterkunft bewegen Foto: Maren Wenzel
Auch nach über einer Woche weigern sich 51 Refugees in die neue Unterkunft am Kalwes ziehen. Derweil fordert die CDU ein konsequentes Handeln der Stadt.
 
Zur Turnhalle der Hans-Böckler-Schule kommen derzeit täglich MitarbeiterInnen der Stadt Bochum. Denn die 51 Flüchtlinge, die dort seit circa einem halben Jahr untergebracht sind, weigern sich, wie von der Stadt gefordert, in die Leichtbauhallen an der Kollegstraße umzuziehen. „Sie versuchen, auf jeden einzelnen von uns einzureden, um zu erreichen, dass sie uns hier herauskriegen“, erzählen die Männer aus dem Irak, Syrien, Afghanistan oder Iran. Anfangs waren hier mal 280 Menschen untergebracht, einige sind dann auch in die neue Unterkunft gezogen. „Die bereuen das nun“, sagen die Gebliebenen.
 
In der Turnhalle stehen nur noch wenige Parzellen – sechs Quadratmeter für vier Personen. Der Putzdienst kommt seit Tagen nicht mehr vorbei, auch die Essenslieferung hat die Stadt eingestellt, kochen ist nicht gestattet – das Prinzip der kalten Räumung. Aktuell werden ihnen 4,87 Euro pro Tag zur Selbstversorgung ausgezahlt. 

Neue Unterkunft sei schlechter

In der neuen Unterkunft befürchten sie eine Verschlechterung,  nachdem sie sich dort umgeschaut haben: Weniger Platz, keine Kochmöglichkeiten und zudem ist der Kalwes am Kemnader See sehr abgelegen. „Wir wollen uns hier ja integrieren und unter den Leuten sein“, sagen sie. „Wir wollen nicht für jeden eine Wohnung, sondern dass vier Leute oder so dort untergebracht werden.“
 
Die Lage ist extrem angespannt. In einem Sitzkreis vor der Turnhalle redet man offen über die eigene Situation: „Was wir hier durchmachen, haben wir schon in unserem Heimatland erlebt. Jetzt erleben wir das gleiche noch mal. Wir sind psychisch krank.“ Letzte Woche stieg einer der Bewohner aufs Dach und drohte, runterzuspringen. 
Vergangenen Dienstag befand sich auch Stadtdirektor Michael Townsend in diesem Sitzkreis, um mit Ihnen zu reden. Townsend habe ihnen versprochen, dass an der Kollegstraße vier Menschen in einem Container mit genügend Platz untergebracht werden, dass es Kochmöglichkeiten gebe; zuletzt wurde auch mit der Einrichtung von WLAN sowie eines Shuttle-Busservices geködert – leere Versprechungen habe es auch gegeben, bevor sie hierher kamen. „Sein Ziel war nicht, uns zu helfen, sondern die Halle leer zu machen“, sagt einer von ihnen. 

Räumung durch Polizei?

Schließlich wurde auch der Umgangston rauer. Den Geflüchteten wurde mit einer polizeilichen Räumung der Turnhalle gedroht, auch eine Strafanzeige stand im Raum. Stadtdirektor Townsend hat sich auf Anfrage dieser Zeitung nicht zu den Vorwürfen und der Frage nach der Räumung geäußert.
 
Die Bochumer CDU fordert derweil ein konsequentes Vorgehen der Stadt und hetzt gegen das Verhalten der 51 Refugees: „Die jungen Männer, die die Querenburger Straße besetzen, erweisen sich und den tausenden geflohenen Menschen, die sich redlich bemühen, in unserer Gesellschaft Fuß zu fassen, einen Bärendienst“, so CDU-Fraktionsvorsitzdender Christian Haardt. „Besetzungen von Turnhallen oder auch anderer Flüchtlingsunterkünfte können nicht geduldet werden.“
 
Unterstützt werden die Refugees dagegen von der Bochumer Linksfraktion: „Der Umgang mit dem Protest der Flüchtlinge stellt der Stadt Bochum ein Armutszeugnis aus“, so Amid Rabieh von der Bochumer Linken. „Erst wurde allen Beteiligten mit einer Anzeige wegen Hausfriedensbruch gedroht, die möglicherweise Auswirkungen auf ihr Asylverfahren gehabt hätte. Dann wurde mit polizeilicher Räumung und dem Entzug von Nahrungslieferung gedroht, sollten die Flüchtlinge nicht in die Zelte vor der Stadt ziehen.“ 
 
:Benjamin Trilling
 

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