Bild: Auch in Bochum sind Städtebauinitiativen vertreten: Die Bürgerinitiative Goldhammme, die sich für die Erneuerung des Viertels einsetzt und auf dem jährlichen Westendfest vertreten ist. , Vortragsreihe über soziale Bewegungen: Sebastian Haumann sprach über Baugeschichte und Protest Fotoquelle: dreiviertel-bochum.de

Als Willy Brandt 1969 zu mehr Demokratie aufrief, antworteten die BürgerInnen mit Protest und wurden Teil der Stadterneuerung, zu der es auch im Ruhrgebiet kam. Dr. Sebastian Haumann, Wissenschaftlicher Mitarbeiter der TU Darmstadt am Institut für Geschichte, war am 7. Dezember Gast im Forschungskolloquium des Instituts für Soziale Bewegungen im Haus der Geschichte des Ruhrgebiets. Dort gab er einen Einblick über die fundamentalen Veränderungen der Stadterneuerung in den 1970er Jahren.

Während in den 1960er Jahren meist über die Köpfe der BürgerInnen hinweg „Flächensanierungen“ beschlossen wurden, die sowohl Stadtteile der Gründerzeit als auch ArbeiterInnensiedlungen treffen sollten, änderte sich dies in den 1970ern. Die BürgerInnen erkämpften sich ein Mitspracherecht. Zudem kam es genau in dieser Zeit zu einem Paradigmenwechsel hin zum Konzept der erhaltenden Erneuerung. Diese Errungenschaften waren die Folge von langjährigen Protesten gegen das politische Establishment.

INFOBOX

Im Institut für Soziale Bewegungen im Haus der Geschichte des Ruhrgebiets finden immer montags von 18 bis 20 Uhr Vorträge von WissenschaftlerInnen zu verschiedenen Themen im Rahmen des Forschungskolloquiums statt. So  wird sich das Kolloquium im kommenden Jahr auf Sozialstrukturen und soziale Bewegungen konzentrieren, aber auch im Rahmen der Themenwoche „Talking ´bout your Generation“ des Schauspielhauses Bochum spannende Diskussionsrunden veranstalten. Alle Informationen unter: tinyurl.com/isbnews            

Politische Partizipation und Wertewandel

Der Experte für Stadtgeschichte, Dr. Sebastian Haumann, machte vor allem drei Faktoren für diesen Paradigmenwechsel verantwortlich: Ein Wertewandel bei den BürgerInnen, die sich nicht mehr aus ihren Vierteln vertreiben lassen wollten, eine Verwissenschaftlichung des Sozialen und eine gleichzeitige Entstehung der architektonischen Postmoderne. Was heute als legitim gilt, war in den 1970er Jahren eine Revolution: Die BürgerInnen wurden Teil der Städteplanung und in den Prozess integriert.  Mit dem Städtebauförderungsgesetz von  1973 und dem gleichzeitigen Wirken von mehreren Stadtteilinitiativen erlebte die noch junge Bundesrepublik einen städtesozialen Umbruch, der einherging mit politischer Partizipation. Die BürgerInnen kämpften um ihre Stadtteile und durch ArchitektInnen wie Stefan Görner, der die Initiative „Urbanes Wohnen“ in Köln gründete und als Schnittstelle zwischen Politik und Städtebauinitiativen agierte, wurde Wohnen Grundrecht und Teil des sozialen Lebens.                                 

 :Tim Schwermer

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