Bild: Kommentar: Wir leben dich, echte Liebe: Bedeutend anders!

Es ist die Mutter aller Derbys — wenn nicht für alle deutschen Fußballfans, dann zumindest für die aus dem Ruhrpott, die mit Leidenschaft, puren Emotionen und voller Hingabe „ihr“ Team unterstützen: Dortmund gegen Schalke oder – wie es die beiden Fangruppen untereinander handhaben, damit unter keinen Umständen der jeweils andere Verein beim echten Namen genannt wird: Lüdenscheid-Nord gegen Herne-West.

„Echte Liebe“ –  das ist nicht nur der marketingwirksam kreierte Werbeslogan der Dortmunder Borussia, sondern trifft – auch wenn es die jeweils andere Fangruppierung nicht wahrhaben will – auf die Identifikation beider zu „ihrem“ Verein zu. „Echte Liebe“ versus „Wir leben dich“. Dortmund gegen Schalke. Schwarz-Gelb versus Blau-Weiß. Südtribüne gegen Nordkurve.

Es gibt in Sachen Rivalität in Deutschland  nichts Vergleichbares – auch wenn das der HSV und Werder Bremen, der Club aus Nürnberg und die Bayern oder der FC Köln und Borussia Mönchengladbach nicht gerne hören werden. Ganze 28 Kilometer Luftlinie trennen beide Stadien – für die Fans sind das Welten – doch die Gemeinsamkeiten können nicht geleugnet werden: Volle Hütten auf beiden Seiten und totale Identifikation – und das unabhängig vom Tabellenstand.

Mehr als ein Fußballspiel

Der BVB unter dem neuen Trainer Thomas Tuchel startete wiedererstarkt mit einer makellosen Bilanz in die aktuelle Saison (vier Spiele – vier Siege); bei den Königsblauen kann man ebenfalls eine erkennbare Veränderung feststellen, die auf den neuen Trainer André Breitenreiter zurückzuführen ist. 

Nicht nur aus diesem Grund fand im Blue Square ein Vortrag des Sporthistorikers Prof. Dr. Andreas Luh zu diesem Thema statt. Es ist mehr als nur ein Fußballspiel – eine Rivalität, bei der sich in 90 Minuten eben auch die Gemüter erhitzen. Solange es dabei friedlich bleibt, ist das auch völlig ok! Manchmal ist es aber auch (leider) mit Ausschreitungen verbunden.

Doch ohne diese zuweilen hitzige Rivalität würde die Faszination verloren gehen. Legendäre Spiele wie das 2:2 im Westfalenstadion 1997, als Jens Lehmann in der 93. Minute das erste Torwarttor in der Bundesligageschichte überhaupt erzielte und kurz zuvor Andreas Möller mit einem fulminanten Freistoß das Herz aller Schalker Fans traf oder als Christoph Metzelder 2007 wieder einmal die Schalker Meisterschaftsträume zunichte machte. Alle aufgezählten Protagonisten trugen übrigens die Trikots beider Mannschaften, was natürlich auch zu Reibungen unter den Fans führte.

Animalische Fanfeindschaft 

Beißende Schäferhunde im Dortmunder Stadion Rote Erde, die Schalker Antwort im Rückspiel mit goldenen Löwen aus dem Ruhrzoo. Das Derby erzählte viele Geschichten, die auch der Sporthistoriker noch einmal aufgriff. Wenn Schalke jetzt Amerika erobern will und Dortmund Asien, sollten beide dabei nicht vergessen, woher die echten Fans kommen, die sich teilweise den letzten Cent zusammen sparen, um ein Spiel ihrer Lieblingsmannschaft zu sehen. Global wachsen? Selbstverständlich! Aber die Identität dabei nicht nur in Slogans aufrecht halten. Das ist der Unterschied zu Vereinen wie Hoffenheim, Wolfsburg oder Red Bull Leipzig – und dieser Unterscheid sollte immer erkennbar sein. Bedeutend anders sind beide Vereine im Vergleich zu den meisten anderen. Untereinander sind sie nicht weit voneinander entfernt – geographisch wie ideologisch.

:Tim Schwermer

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