Bild: Eine ganz besondere Konzertatmosphäre: Auf der Schwesterinsel Sanna findet in einer Felskathedrale Jahr für Jahr das Abschlusskonzert des Traena-Festivals statt. , Bierdusche, Flunkyballturnier, vermüllte Campingplätze? Denkste! Ein etwas anderes Musikerlebnis im Nordatlantik Quelle: tims

Jede Beschreibung mutet unwirklich an wie ein Märchen: 65 Kilometer vom Festland entfernt, auf einer kleinen Inselgruppe im norwegischen Meer versammeln sich rund 2.000 Menschen, um im Juli bei Mitternachtssonne zwischen Bergen und in Kathedralen ihre liebsten KünstlerInnen zu sehen. Für dieses einzigartige Festivalerlebnis müssen BesucherInnen nicht nur ein bisschen mehr Geld, sondern auch Reise- und Abenteuerlust mitbringen.

Musikinteressierte, die Spaß am Zelten haben, können sich diesen jedes Jahr an rund 400 Stellen in Deutschland holen. Wer mehr das Extreme, Ungewisse und Atmosphärische liebt, orientiert sich eher nach Norden: Das Traena-festivalen am Polarkreis bietet verschiedene musikalische Leckerbissen und gleichzeitig eine geballte Ladung Natur.

Selbstverständlich ist solch ein Event begehrt – so muss man schnell sein, um eines der auf 2.000 Stück limitierten Tickets zu ergattern. Arme SchluckerInnen sollten dafür möglichst früh anfangen zu sparen, denn allein der Eintritt kostet umgerechnet 200 Euro (1.800 Norwegische Kronen). Wer Mitte Juli nicht sowieso zufällig in Nordnorwegen unterwegs ist, auf den wartet zudem eine kostspielige und lange, aber nicht weniger abenteuerliche Anreise.

Über die norwegische A1 brettert man den Bergen entgegen, bevor man die Fähre auf die kleine Inselgruppe nimmt. Lediglich über den maritimen Weg ist das Festivalgelände zu erreichen, das sich auf den Inseln Husøya und Sanna befindet. Die Bühnen sind genauso ungewöhnlich wie die Umgebung: Inmitten von riesigen Felsen, umgeben von tiefblauem Meer treten internationale und norwegische KünstlerInnen  etwa in einer Holzkirche oder einer Felskathedrale auf. Mitunter muss das Publikum erst einmal Einsatz zeigen, bevor es in den musikalischen Genuss kommen kann: Vom Zeltplatz geht es auf die Nachbarinsel und eine ordentliche Wandertour zum Veranstaltungsort.

Eine weitere Kuriosität sind die schier endlosen Tage. Dank Mitternachtssonne ist es in dieser Jahreszeit nördlich des Polarkreises ganze 23 Stunden pro Tag hell – kein Wunder, dass deshalb etwa die Kirchenfenster für die Konzerte abgedunkelt werden müssen.

Zelten inmitten der Auenlandschaft

Dieses Jahr fand das Festival bereits zum 12. Mal statt. Wer am vergangenen Donnerstag die Fähre von Stokkvågen genommen hat und drei Stunden später endlich am Hafen war, blickte auf die drei Berge Trænstaven, Breitind und Mjåtind, die der Insel ihren Namen geben – und war von diesen monströsen Bergmassiven völlig überwältigt.

Angekommen am Hafen von Husøy – mit rund 380 BewohnerInnen die meistbewohnteste Insel der Kommune Traena – begrüßten vor allem die heimischen Kinder die Festivalgemeinde und boten dieser ihren ganz persönlichen Kurierdienst an. Ausgestattet mit Bollerwagen kutschierte sie die schweren Rucksäcke, Bierpaletten und Zelte der Reisenden zum Festivalgelände – gegen etwas Taschengeld, versteht sich. Besonders groß ist die Hauptinsel ist mit ihren 15 Quadratkilometern zwar nicht; die hügelige Auenlandschaft schafft jedoch eine einzigartige Umgebung zum Zelten.

Musikalisch ist das Traenafestivalen jedes Jahr breit aufgestellt. Von Indie über Pop bis hin zu Elektro treffen dort weniger bekannte norwegische KünstlerInnen auf einige international renommierte Größen. Während dieses Jahr viele heimische InterpretInnen wie etwa Bjørn Eidsvåg und Ingeborg Oktober zu sehen waren, spielten bei den vergangenen Ausgaben Bands wie Manu Chao und The Whitest Boy Alive.

:Tim Schwermer

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