Bild: „Der Sieg des Kapitals“ – Der Buchtitel gibt Ulrike Herrmanns Eingeständnis wieder. Sie hat sich mit dem Kapitalismus arrangiert. , Vortragsreihe von attac und occupy im Bahnhof Langendreer Foto: tims

Am vergangenen Mittwoch gab sich die Wirtschaftskorrespondentin der taz, Ulrike Herrmann, im Bahnhof Langendreer die Ehre, und referierte eine gute Stunde über den Kapitalismus mit anschließender Publikumsdiskussion. Wer auf „typisch“ linke Kapitalismus-Kritik gehofft hatte, wurde dabei enttäuscht.

Wenn Idealismus und Realität aufeinander treffen, sind Widersprüche in der Argumentation vorprogrammiert. Ulrike Herrmann steckte bei ihrem Vortrag im Bahnhof Langendreer in der Zwickmühle. Wie kann man permanent hohe Löhne fordern und die große Industrieoligarchie der deutschen Wirtschaft kritisieren, wenn sie selbst für eine unterfinanzierte Tageszeitung arbeitet, die ihre PraktikantInnen umsonst arbeiten lässt und ihre VolontärInnen nicht viel besser vergütet? Sie schafft es, wenn auch Restzweifel bleiben.

Die Geschichte des Kapitalismus in 45 Minuten

Herrmann lieferte einen kurzen historischen Überblick über den Kapitalismus und gab eine Einführung in die soziale Marktwirtschaft, die es ihrer Meinung in Deutschland nicht gebe. „Frau Merkel redet den BürgerInnen ein, das Deutschland eine soziale Marktwirtschaft wäre. Das ist absoluter Blödsinn!“, meint Herrmann, die vor allem die aufkommende Oligarchie kritisiert: „Die 30 DAX-Unternehmen sind, abgesehen von SAP, alle zu den Hochzeiten des Kapitalismus um 1870 entstanden. Seitdem regieren sie das Land.“ Eine Marktwirtschaft, in der alle die gleichen Chancen haben, gäbe es nicht.

Hohe Löhne Grundvoraussetzung – Transformation möglich?

Herrmann persönlich habe sich mit dem Kapitalismus arrangiert und kann ihn „nicht abschaffen“. Aber: Er funktioniere nur mit hohen Löhnen, die jedoch nicht flächendeckend gezahlt werden. Generell sieht sie den Kapitalismus am Ende seiner Wachstumsfähigkeit. TTIP sei nur ein letzter Versuch, das restliche Wachstum zu generieren. Ihr Ausblick fiel am Ende dementsprechend düster aus: „Es ist eine Frage der Zeit, bis das System komplett zusammenbricht. Eine Transformation des Kapitalismus wird kommen.“ Vielleicht auch irgendwann angemessene Löhne in ihrer Redaktion.

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