Bild: Bühne frei! Geschäftsführender Dramaturg Olaf Kröck unterhielt sich mit der :bsz über den neuen Spielplan. , DIE BRETTER, DIE DIE STADT BEDEUTEN – Teil III: Saisonstart im Schauspielhaus mit Handke-Stück, Delikatessen und einer Almodóvar-Adaption Foto: bent

Glücksstau und Filmadaptionen: Mit zwei Premierenwochenenden lud das Bochumer Schauspielhaus zur neuen Theatersaison ein. Nach dem Handke-Werk „Die Unvernüftigen sterben aus“ und einer Aufführung von Tschechows „Onkel Wanja“, feierten nun auch die Filmadaptionen „Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs“ und „Delikatessen“ Premiere. Olaf Kröck, geschäftsführender Dramaturg, verspricht ein abwechslungsreiches Programm, das auch Studierende anlocken wird.

Laut schallt die Verzweiflung durch den Saal der Kammerspiele: „Was für eine Welt ist denn das, in der wir leben.“ Die klagenden Rufe kommen in Alexander Riemenschneiders Inszenierung von Peter Handkes „Die Unvernüftigen sterben aus“, jedoch nicht von den Unterdrückten. Es sind die Mächtigen und Reichen um den Unternehmer Quitt, die hier in ihrer Rolle als gierige AusbeuterInnen in Glück- und Sinnlosigkeit verharren; „die alte Geschichte mit den Masken“, jammert der von Matthias Redlhammer gespielte Quitt, „aber jetzt erzählt mal ein Betroffener davon.“ Die Betroffenheit beim Zuschauer bleibt zuweilen aus: Das System und seine StrippenzieherInnen werden zynisch dargestellt, auch wenn eine bissige Kapitalismuskritik auf der Bühne ausbleibt. „Ein aktuelles Statement auf die Gegenwart“ – das ist Handkes Stück aus den 70ern dennoch, wie der geschäftsführende Dramaturg des Schauspielhauses Olaf Kröck betont. Trotzdem sei „Die Unvernüftigen sterben aus“ keine heischerische Systemkritik, sondern auch ein Stück „mit literarischer Kraft, eine Arbeit, die einen herausfordert.“ Daher auch ein Stück, wie es sich Kröck zufolge Studierende der Ruhr-Uni wünschen

Unkonventionelle Stücke für Studierende

Denn der Dramaturg ist sich sicher: „Studierende der RUB gehen gerne in Shakespeare und komplizierte Stücke.“ Komplizierte, unkonventionelle Abende wird es im Laufe der Spielzeit geben: Dafür steht auch die Aufführung von Honoré de Balzacs „Gespenster des Kapitals“, das mit der Figur des Spekulanten Mercadet den Wahnsinn des Finanzmarkts vor Augen führt – „verpackt als Gruselkomödie.“ Auch in weiteren Stücken werden die Widersprüche des Kapitalismus auf der Bühne gezeigt, was für Kröck auch angesichts der Schließung des Opel-Werks für BochumerInnen relevant ist: „Keiner versteht, was das für ein System ist, von dem wir alle abhängig sind. Es ist ein Versuch, zumindest zu verstehen, was da passiert.“

Macht, Geld und Glück – darum geht es auch in anderen Premieren. „Das ist kein Spielzeithema“, wie Kröck sagt – jedoch komme es darauf an, „Linien zu denken.“ Denn für heitere Abende stehen dagegen die Almodóvar-Adaption „Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs“ oder die Bühnen-Adaption der dänischen Komödie „Delikatessen“, welche die beiden Rottstraße-Regisseure Hans Dreher und Oliver Paolo Thomas in die Kammerspiele bringen. Darin geht es um eine Metzgerei, die auf Menschenfleisch umsteigt. Auch das ist fast schon wieder kapitalistischer Wahnsinn, der erstmal verstanden werden muss.

:Benjamin Trilling

Hier geht es zu Teil I (Rottstr5-Theater) und zu Teil II (Prinz-Regent-Theater) der Reihe über die Bochumer Bühnen in der Spielzeit 2014/15.

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