Bild: WählerInnenfang: Bei der ÖH-Wahl 2009 hat jedeR WählerIn dieses Geschenk bekommen., Teil 2 der :bsz-Reihe „Die studentische Stimme“ – diesmal in Österreich Foto: flickr / lennox_mcdough (CC BY-ND 2.0)
Ein Mitglied der finnischen Humppa-Band Eläkeläiset hat einmal gesagt: „Österreich ist wie Deutschland, nur mit mehr Ös.“ Auf den ersten Blick mag das auch für die studentische Interessenvertretung gelten. In unserer Reihe „Die studentische Stimme“ sieht sich die :bsz für Euch an den Universitäten anderer Länder um und schaut, wie es dort um die studentische Mitbestimmung bestellt ist. Diesmal: Die Republik Österreich.

Das alpenrepublikanische Pendant zum deutschen Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) heißt Österreichische Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft, kurz ÖH. Die ÖH ist allerdings nur auf den ersten Blick mit dem AStA gleichzusetzen. Zum einen hat jeder Student und jede Studentin in Österreich einen Beitrag von 15,86 Euro für die Pflichtmitgliedschaft in der ÖH zu bezahlen. (An der RUB sind rund 14 Euro für den AStA im Semesterbeitrag enthalten). Zum andern umfasst die ÖH noch viel mehr als die uniweite Vertretung. Die unterste, aber nicht unwichtigste Ebene der ÖH ist die Studienvertretung, die die Interessen der Studis einer Fachrichtung vertritt. Ihre Hauptaufgaben sind die „Vermittlung zwischen Institutsleitung, Lehrenden, ÖH und Studierenden sowie die Mitarbeit in verschiedenen Gremien, beispielsweise der Curriculakommission“, stellt sich die StV Germanistik der Uni Graz auf ihrer Homepage vor. „Das bedeutet für dich, dass bei studienrelevanten Anliegen und Problemen die Mitglieder der StV als Kontaktpersonen bereit stehen und dich bei Problemen unterstützen können.“ Klingt ganz nach dem, was wir an der RUB als Fachschaftsrat kennen. Auch die Begrüßung von Erstis und andere Veranstaltungen übernimmt die Studienvertretung. Nur von Fachschaftspartys liest man auf der Homepage kein Wort … „An sich sollte die ÖH für alle Fragen des Studiums Hilfe leisten können, plus natürlich die Uni bundweit vertreten. Wie stark die Hilfe ist, hängt sehr vom Engagement der Mandataren ab“, verrät Ronja, Studentin an der Universität Graz. „Im Lehramtsstudium an der Karl-Franzens-Uni Graz beispielsweise gab’s in manchen Fächern jahrelang keine Vertretung – offen gesagt, weil sich kaum jemand mit dem komplizierten Fächerkomplex auskannte.“

Unterstützung, Service, Austausch

Eine Ebene über der Studienvertretung stehen die Fakultätsvertretungen. Sie „fördern den Austausch zwischen Studienvertretungen, unterstützen diesen in der Bewältigung ihrer Aufgaben und betreiben selbstständige Projekte wie Brunches, Buch-Anschaffungen oder Erste-Hilfe-Kurse“, stellt die ÖH der Uni Salzburg ihre FV vor. Auch hier also wieder: Unterstützung, Service, Austausch. Was dem Vergleich mit dem AStA nun am ehesten gerecht wird, ist die nächsthöhere Ebene der ÖH: die Universitätsvertretung. Diese gibt es an jeder österreichischen Universität. (Die Fakultätsvertretungen sind nicht gesetzlich verankert.) Anders als die anderen Vertretungen werden die VertreterInnen der UV nicht direkt durch Personenwahl gewählt, sondern mithilfe einer Listenwahl. Diese Listen sind politische Interessensverbände und – ähnlich wie bei uns – oft parteinah organisiert. An der Uni Salzburg beispielsweise sind die stärksten Listen GRAS (Grüne & Alternative StudentInnen), AG (Aktionsgemeinschaft) und VSSTÖ (Verband Sozialistischer StudentInnen Österreichs). Während an der RUB aber der Umweg über die Wahl zum Studierendenparlament (StuPa), dessen Mehrheitskoalition den AStA stellt, gegangen wird, wird die UV in Österreich direkt gewählt. „Traurigerweise sind auch Studenten sehr oft politisch uninteressiert und die Wahlbeteiligung war dieses Jahr nicht besonders hoch“, sagt Studentin Ronja. Das ist nicht nur in Graz so, sondern etwa auch in Wien; an der dortigen Universität lag die Wahlbeteiligung im Mai bei nur 22,91 Prozent. Werte, von denen wir an der RUB dennoch nur träumen können: Hier waren es dieses Jahr 12,37 Prozent.

Studi-Lobby

Allerdings hat die ÖH-Wahl eine noch größere Relevanz als unsere StuPa-Wahl: In habsburgischer Tradition ist auch die Studierendenvertretung zentraler gebündelt als bei uns. Somit gibt es noch eine Studierendenvertretung auf Bundesebene. Die Bundesvertretung besteht aus 88 VertreterInnen – MandatarInnen, wie es im österreichischen Sprachgebrauch heißt – aus dem ganzen Land, vernetzt die UVs untereinander und vertritt studentische Interessen gegenüber der Bundesregierung. Aktuell stehen auf ihrer Agenda die Forderung nach einer effizienten Hochschulgesetzgebung zur Verbesserung der Qualität von Forschung und Lehre, dem „Ausbau der barrierefreien Infrastruktur“ für behinderte Studierende sowie die Durchsetzung einer generellen Drittelparität für Studierende in allen Universitätsgremien. Auch die finanzielle Belastung vieler Studis prangert sie an. Mit diesen Forderungen blickt die österreichische HochschülerInnenschaft gespannt auf die Nationalratswahlen am kommenden Sonntag.

:bszinfobox

Die Republik Österreich hat knapp 8,5 Mio. Einwohner. Hauptstadt ist Wien, wo – samt Umland – rund ein Viertel der Bevölkerung des Landes leben. Amtssprache ist Deutsch, regional auch Ungarisch, Slowenisch und Kroatisch. Im Land gibt es insgesamt 70 Hochschulen – davon 22 staatliche Universitäten –, an denen etwa 296.300 Menschen studieren. Studiengebühren in Höhe von 363,36 Euro pro Semester fallen an den staatlichen Unis und manchen FHs für diejenigen an, die mehr als zwei Semester über der Regelstudienzeit liegen.

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