Schonmal drüber nachgedacht, wie es sein würde, wenn eine Psychotherapeutin den/die PatientIn dazu nutzt, intime Verhältnisse zwischen ihr und den Angehörigen ihrer PatientInnen aufzubauen? Klingt surreal, aber Netflix hat sich daran gewagt, ebendieses Thema in der Serie Gypsy zu verwirklichen, mit der zweifach Oscar-nominierten Naomi Watts in der Hauptrolle. Vorneweg: Schauspielerisch ist das Ganze überzeugend. Sowohl Watts als auch ihr Serien-Ehemann Billy Crudup porträtieren gekonnt Probleme, die sich nach langem Zusammenleben ergeben können.

Die Krux liegt allerdings im Narrativen. Man hangelt sich von Folge zu Folge und geht vom Schlimmsten aus, weil die Handlung mehr als ausreichend Zündstoff bietet. Der große Knall bleibt aber aus, die Handlung beschränkt sich auf die Entwicklung der Charakter-Beziehungen, während das Erzähltempo wohlwollend als langsam bezeichnet werden kann. Aber: Die Serie hebt sich damit von der restlichen Landschaft ab und mag diejenigen unterhalten, die sich bei visueller Unterhaltung nicht nur Gewalt, Sex und Plottwists wünschen. 

:tom