Am vergangenen Freitag fand vor der im Juli besetzten und nach wenigen Tagen von der Polizei geräumten Hauptschule Bärendelle in Essen-Frohnhausen eine „Mahnwache“ statt. Die OrganisatorInnen, die Bürgerinitiative Bärendelle, setzen sich für eine sinnvolle Nutzung des seit zwei Jahren leerstehenden Gebäudes ein. Statt der Initiative Gehör zu schenken setzt die Stadtverwaltung nach wie vor auf Konfrontation statt auf Dialog – und hat im Laufe der Woche begonnen, das Gebäude zu entkernen.

„Die Bürgerinitiative Bärendelle fordert die Stadt Essen auf, diesen Wahnsinn sofort einzustellen“, heißt es in einer Pressemitteilung der Bürgerinitiative. „Offensichtlich möchte die Stadt Essen, dass das Gebäude nicht mehr nutzbar ist? Unseren Forderungen nach sofortiger Nutzung der intakten Räume wird somit aktiv entgegengewirkt.“

Von Montag bis Donnerstag waren nach Aussage der Initiative Bauarbeiter damit beschäftigt, Möbel und Innenausstattung aus dem Gebäude zu räumen – Bänke, Stühle, eine komplette große Kücheneinrichtung, die erst kurz vor Schließung der Schule vor zwei Jahren angeschafft worden ist. Doch blieb die Räumaktion nicht auf bewegliche Gegenstände beschränkt; es ging der Einrichtung gründlich an den Kragen: Die ebenfalls verhältnismäßig neuen Lampen wurden aus der Decke entfernt, genauso wie Heizungsabdeckungen.

Nachhaltigkeit geht anders

Vonseiten der Stadt Essen hat es geheißen, die Schule sei bereits kurz nach der Schließung ausgeräumt worden – dennoch fand sich im Chemieraum noch ein Schrank voll mit Chemikalien, bisher völlig unangetastet. Was geschieht mit dem Mobiliar? „Zur Müllverbrennungsanlage“, gab ein Arbeiter der Initiative Auskunft. „Kann sein, dass nicht alle Möbel in Ordnung waren“, räumt ein Bärendelle-Aktivist ein, betont aber nochmals, dass die Küche erst zwei Jahre alt, der Chemieraum ebenfalls nutzbar und mit den Lampen auch alles in Ordnung war. Einer, der im Juli an der Besetzung der Schule beteiligt gewesen war, beurteilt den Zustand der Einrichtung weniger prickelnd: „Wir haben benutzt, was halt da war. Für offizielle Veranstaltungen gingen die Möbel aber gar nicht.“ Wie dem auch sei: Nachhaltigkeit geht anders. Hätte die Stadt sich frühzeitig um das Gebäude gekümmert, wäre den Möbeln die Müllverbrennungsanlage erspart geblieben.

Schmierereien nein, Presslufthammer ja

Was für Möbel gilt, gilt für die gesamte Schule: Statt einer sinnvollen Nutzung zieht die Stadt Essen es vor, das denkmalgeschützte Gebäude verkommen zu lassen. Das Ironische an der Sache ist: Die gewaltsame Beendigung der Gebäudebesetzung am 24. Juli durch die Polizei – mitsamt Räumpanzer- und Kettensägeneinsatz – wurde damit begründet, Gebäude und Einrichtung vor mutwilliger Zerstörung durch die BesetzerInnen zu schützen; die ehemalige Hauptschule für InvestorInnen oder anderweitige Nutzung zu erhalten. Stattdessen zerstört die Stadt die Bärendelle selbst – gründlich und systematisch. Die Besetzung war Stein des Anstoßes für die AnwohnerInnen der umliegenden Straßen, eine BürgerInneninitiative zu gründen und offen mit der Stadt über die Zukunft des 113 Jahre alten Baus zu verhandeln. Ein soziokulturelles Zentrum schwebt den Mitgliedern vor: „Sonst gibt es in der Gegend keine nicht-kommerziellen Freizeitangebote.“ Gerade die Idee, allen Altersgruppen etwas zu bieten, „von der Krabbelgruppe bis zum Seniorentreff“, findet bei den FrohnhausenerInnen Anklang. Allerdings nicht bei der Stadt. Aus dem Rathaus heißt es immer wieder, keine Einladung zur BürgerInnenversammlung bekommen zu haben; Pressemitteilungen und Offene Briefe werden ignoriert.

Picknick, Versammlung und Fest

Auch die „Mahnwache“ am Freitag wurde nicht von den AmtsinhaberInnen der Stadt besucht, lediglich zwei Polizisten schauten um kurz nach 19 Uhr vorbei. Diesen wurde versichert, dass es friedlich und ruhig bliebe. Die Mahnwache war als gemeinsames Picknick angedacht, als Gelegenheit für ein Miteinander der AnwohnerInnen, Möglichkeit zum Diskutieren und um Werbung für die nächsten Schritte zu machen: Eine weitere BürgerInnenversammlung am 17. September sowie ein Nachbarschaftsfest am 7. September mit allem, was dazugehört: Musik, Kinderprogramm, „Kaffee und Kuchen sowie veganen und internationalen Speisen“. Dabei soll jedeR BesucherIn auch die Möglichkeit haben, Ideen und Vorschläge für das gewünschte soziale und kulturelle Stadtteilzentrum einzubringen.

Ansonsten werde sich das Angebot während des Betriebs eines solchen Zentrums entwickeln, sind sich die BärendellerInnen sicher. Wichtig ist erstmal, dass wenigstens ein paar der über 40 Räume der Schule nutzbar gemacht werden und nicht verfallen.