Bild: Häufig angeprangert: Menschenrechtsverletzungen in Katar. , Umstrittene WM in Katar Symbolbild

Kommentar. Die Fußball-WM in Katar rückt näher und die Empörung über offensichtliche Menschenrechtsverletzungen wird größer.

Die Zahl, die kürzlich für einen Aufschrei in der Sport- und Medienwelt sorgte, lautet 6.500. So viele Gastarbeiter:innen aus umliegenden Ländern seien bei den Bauarbeiten für die Stadien am Austragungsort der nächsten Weltmeisterschaft ums Leben gekommen. Dabei hatte doch 2014 schon unser Kaiser Franz Beckenbauer nach seinem Besuch in Katar überzeugend verkündet, er habe „nicht einen einzigen Sklaven gesehen. Also die laufen alle frei rum, weder in Ketten gefesselt noch mit irgendeiner Büßerkappe am Kopf“. Ein antiquiertes Weltbild von Seiten einiger Mitglieder des DFB wurde hier wie schon des Öfteren unverschleiert zur Schau gestellt. Auch aus solchen Imagegründen ist die deutsche Nationalmannschaft derzeit sehr darum bemüht zu beweisen, dass ihnen nicht komplett egal ist, was außerhalb der Stadien geschieht, in denen sie in der Gruppenphase ausscheiden.
Deshalb wollte man vor den Spielen der gerade gestarteten WM-Qualifikation etwas Flagge zeigen, einmal durch T-Shirts, die zusammen den Schriftzug „Human Rights“ bildeten sowie mit einem Banner mit der Aufschrift „Wir für 30“, in Bezug auf die Zahl der Artikel der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Daraufhin wurden Vorwürfe der Scheinheiligkeit laut, denn schließlich will man ja trotz der kleinen Protestaktionen an dem Turnier teilnehmen. Besonders stark in Norwegen, wo bereits eine erfolglose Abstimmung abgehalten wurde, aber auch hierzulande wünschen sich viele einen Boykott der WM im Winter nächsten Jahres. Von verschiedenen Fan-Bündnissen heißt es, man würde durch eine Teilnahme die Menschenrechtsverletzungen, die die Austragung des Turniers mitten in der Wüste ermöglicht haben, wissentlich hinnehmen und damit sogar unterstützen. Amnesty International hingegen sprach sich klar gegen einen Boykott der umstrittenen Veranstaltung aus. „Amnesty setzt auf Aufdeckung und Sichtbarmachung der Missstände und den Dialog mit allen Beteiligten. Katar hat sich durchaus gesprächsbereit gezeigt und Reformen angestoßen. Es gibt Fortschritte und mit einem Boykott würden diese um Jahre zurückgeworfen werden“, so Regina Spöttl, Katar-Expertin der Organisation. Ein Boykott würde wohl niemandem außer dem eigenen Gewissen weiterhelfen. Gleichzeitig wurde die nächste WM bereits unter anderem in die USA vergeben, wo bei Menschenrechtsverletzungen eher ein bis zwei Augen zugedrückt werden und Guantanamo bis heute in Betrieb ist.

Ein sehr großes Argument gegen Katar als Austragungsort ist natürlich noch das geographische, wie schon die grandios gescheiterte Leichtathletik-WM 2019 bewies. Unter brütender Hitze brachen der Reihe nach Profi-Sportler:innen vor Erschöpfung zusammen, während die Stadien nur halbgefüllt waren. Dass man das Turnier deshalb im Winter veranstaltet, ist ein Novum, das einerseits eine logische Entscheidung bedeutet, andererseits aber auch für viel Unmut bei europäischen Fußballfans sorgt, da deshalb die Spielpläne der Ligen gänzlich umgeschmissen werden müssen, weil die WM nicht wie gewohnt einfach in der Sommerpause stattfindet. Wenn man keine klaren Regelungen hat, die zumindest die Bewerbung von Ländern verbietet, die aus klimatischen Gründen nicht für die Ausrichtung geeignet sind, muss man mit der Bewerbung aus solchen Gebieten rechnen. Klar, bei der Entscheidung der FIFA für Katar ging es wohl nicht ganz mit rechten Dingen zu, aber das war auch schon 2006 in Deutschland oder 2018 in Russland mehr als fragwürdig. Schließlich ist die FIFA wohl grundsätzlich nicht die beste Adresse, um nach Integrität zu fragen.

:Henry Klur

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