Bild: Hip-Hop Konzerte: Genauso divers wie Schützenfeste. , Eine Szene fasst Fuß Bild:kiki

Kultur. Rap ist ein sich stetig wandelndes Genre. In den letzten Jahren entwickelte sich die Szene mehr und mehr. Warum genau jetzt eine bedeutende Zeit für deutschen Hip-Hop anbricht und warum das wichtig ist, erfahrt ihr hier.

Viel ist passiert im letzten Jahrzehnt. Wo früher Sony, Universal und andere Konsorten sich den Markt aufteilen und unter den Fahnen von Ersguterjunge Aggro Berlin wenig Vielfalt und viel Programm gefahren wurde, entwickelt sich heute ein neuer Trend . Skurrille Kollektivnamen wie Playboysmafia  bringen Ausnahmetalente wie Symba und Pashanim hervor, die auch ohne Label großen Erfolg feiern. Wir haben schon öfters über den Trend berichtet, dass Musik sich weiter weg bewegt von veralteten Strukturen hin zu freieren Konzepten, doch jetzt zeigen die Ergebnisse dieses Trends eine Auswirkung auf die Musiklandschaft: Deutschrap wird diverser. Ob das wirklich mit dem Schwinden von Labels zu tun hat oder nicht, lässt sich schwer sagen. Was jedoch zu erkennen ist, ist, dass früher die Rapcharts unter Leitung von Labels wenig Diversität für die Musik hervorbrachten. Die „Raplegenden“ des Deutschraps waren meistens weiß. Man denke an Sido, Fanta Vier, Fettes Brot, Eins Zwo oder Blumentopf. Als Ausnahme galt dann bald Aggro Berlin, die durch Provokationen und extreme Texte bei ihrem Publikum landen konnten. Erst durch die Gründung des Labels FOUR MUSIC schien sich im von Major Labels dominierten Mainstream etwas zu tun und Künstler wie Afrob und Samy Deluxe schafften ihren Durchbruch, während parallel in Berlin die Karrieren von Bushido und Kool Savas florierten. Das Problem, dass die Szene weiterhin von Labels dominiert wurde, blieb aber.  

Kommen wir also zu heute. Immer mehr kommen Künstler:innen durch eigene Plattformen ins Rampenlicht. Als Beispiel dafür dient die Karriere des Rappers OG Keemo, der in Zusammenarbeit mit seinen Freunden Funkvater Frank (Produzent), Biño, Inu und Mo die Zonkeymob-Gang gründete und es schaffte ohne Label Welle zu machen. Geht man noch weiter in den Underground, zeichnen sich mehr und mehr solcher Gruppen aus. Der große Unterschied zu früher: Die gemachte Welle kann ohne große dahinterstehende Industrie gemacht werden. Immer weniger muss man sich darauf verlassen, entdeckt zu werden und immer weniger müssen Labels sich den Kopf darüber zerbrechen, ob eine bestimmte Person aufgrund ihres Aussehens einen gewissen Marktwert hat – wobei letzteres wahrscheinlich immer noch einen zu großen Einfluss auf Musikkultur hat. Was zu bemerken ist, dass ein in Deutschland von weißen dominiertes Genre langsam eine Veränderung durchläuft. Ein Trend, den ich als positiv bewerten würde. 

Es lässt sich vorerst nur abwarten, ob dieser Trend nur ein Trend bleiben wird oder ob Musik im Moment einen tatsächlichen fundamentalen Wandel durchläuft. Was durchaus angenehm ist, ist, dass moderne Popmusik Schritt für Schritt dezentraler wird und eine wirkliche Kultur hinter Genres entstehen kann, was mehr und mehr Menschen eine Plattform geben kann, die vorher vielleicht aufgrundvon Diskriminierungen ausgeschlossen wurden. Kollaborationen untereinander und Gründungen verschiedener Gruppen sind kein neues Stilmittel des Hip-Hops, sondern sind essentiell für ihn. Je weniger Marktinteressen in dieser Entwicklung Fuß finden können, desto mehr lassen sich tatsächliche Szenen auch im Mainstream verkaufen. Die Hoffnung stirbt zuletzt, dass auch in Deutschland Hip-Hop divers und unabhängig wird, sodass eines Tages vielleicht sogar die Welt ohne große Labels auskommen wird. Wir hoffen mal das Beste.

  :Gerit Höller

0 comments

You must be logged in to post a comment.