Bild: Keine Wohnplattenbauten, sondern die Anfänge der RUB-Medizin: Das imposante erste Gebäude., 50 Jahre Medizinstudium an der RUB Bild: Universitätsarchiv Bochum

Medizinstudium. Die medizinische Fakultät feierte 50-jähriges Bestehen und bilanzierte Entstehen, Erfolg und Zukunft des „Bochumer Modells“.

„Eine Alma Mater ohne medizinische Fakultät wäre nichts Ganzes“, sagte Ministerpräsident außer Dienst, Wolfgang Clement in seiner Festrede zum 50-jährigen Jubiläum der Fakultät, welches am Freitag im Audimax gefeiert wurde. Wenn auch heute selbstverständlicher Teil des Studienangebots, stand die RUB-Medizin in den 1970er-Jahren vor dem frühen Aus. Zahlreiche Grußworte, Rückblicke, Laudationes und ein Beitrag des Fachschaftsrats boten Gelegenheit in die „bescheidenen Tiefen der Fakultätsgeschichte“ abzutauchen und die großen Erfolge des „Bochumer Modells“ zu benennen. Doch klangen auch kritische Töne an, inwiefern „Innovation als Daueraufgabe“ – so Titel der Festrede – in Bochum gelebt wird und werden kann.

Für Clement ist die Ruhr-Uni mitsamt ihrer medizinischen Fakultät in der akademisch isolierten Industrieregion ein „Katalysator für den Strukturwandel“ gewesen. Doch verlor sie in den 1970ern – nachdem sich die vorklinische Ausbildung bereits etabliert hatte, vorerst das bis dato als Ausbildungsstätte genutzte Klinikum Essen und so scheiterte auch der Plan, eine Campus-eigene Klinik zu errichten. Finanzielle und politische Probleme im Land führten zum Aufschub des Vorhabens auf unbestimmte Zeit und einer notdürftigen „Weichenstellung“: Ab Wintersemester 1977 übernahmen verschiedene umliegende Kliniken die Ausbildung der Studierenden. Das erst durch Kooperationsverträge gesicherte „Bochumer Modell“ wurde 1988 verstetigt, in das „Universitätsklinikum der Ruhr-Universität-Bochum“ umbenannt und im Laufe der Jahrzehnte um weitere Kliniken erweitert. Am Freitag war lobend die Rede von der Praxisnähe des heutigen „Vorzeigemodells“. Dekan Ralf Gold betonte ferner die Verbesserungen des Medizinstudiums seit den Empfehlungen des Wissenschaftsrats 1995 (die Ergebnisse der neuen Evaluation werden diese Woche erwartet): darunter die Einrichtung von Institutionen wie dem Zentrum für Proteindiagnostik und dem Forschungsbau THINK. Clement riet der Fakultät eindringlich ihren „Reformgeist“ beizubehalten: Die allgemeine Kürzung der Ausgaben für Bildung seitens der Politik seien „unverantwortlich“ und der deutsche Wissenschaftsbetrieb unkooperativ; dabei verlange der demografische Wandel sofortiges Handeln.

Unter den acht durch Ehrenpromotion oder mit der Kortum-Medaille ausgezeichneten Professor*innen war am Freitag nur eine Frau. Die lediglich in zwei Halbsätzen angeschnittene Unterrepräsentation von Frauen auf medizinischen Lehrstühlen war am selben Tag Thema auf einem Kongress des Deutschen Ärztinnenbundes: Laut einer Erhebung des Verbandes sind trotz der steigenden Anzahl von Ärztinnen noch immer nur 13 Prozent der medizinischen Lehrstühle von Frauen besetzt. Auch der Fachschaftsrat appellierte in seinem Beitrag nach den feierlichen Reden augenzwinkernd an die „Innovation als Daueraufgabe“. „Wir haben grad den Eindruck bekommen, wir würden in Harvard studieren“, leiten zwei Studenten ein und präsentieren den „Werdegang eines Bochumer Medizinstudierenden“ in Bildern; inklusive wackelnder Bodenplatten, ernüchternder Staatsexamen-Ergebnisse und Anspielungen auf die fehlende „richtige“ Uni-Klinik. Die Kritik am Klinik-Standort Ostwestfalen-Lippe, dem einige Studierende seit 2016 per Losverfahren zugeteilt und so aus ihrem Umfeld „herausgerissen“ würden, sei die einzig ernst gemeinte; der Rest sei lustig zu verstehen und gut aufgenommen worden, berichtet Fachschaftssprecher Felix Wullenkord nach der Veranstaltung. Letztendlich sei Bochum ein „schöner Studienstandort, nicht vom ästhetischen, aber menschlichen“, bilanziert die Fachschaft am Ende ihres Beitrags.

:Marlen Farina

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