Bild: Plakate als Zeitzeugen: Was früher Ausdruck des Protests war, ist heute als Ausstellungsstück gefragt. , Neue Ausstellung im Stadtarchiv Bochum Bild: juma

Ausstellung. Gemeinsam mit dem Stadtarchiv und dem Digitalen deutschen Frauenarchiv eröffnete das feministische Archiv ausZeiten e. V. die Ausstellung „Frauen, Feste und Proteste“.

„Als Frau in den 1970er Jahren ein Plakat zu erstellen, war eine Anmaßung“, weiß Rita Kronauer vom ausZeiten e. V. zu berichten. Die heute 65-jährige weiß, wovon sie spricht, denn als Aktivistin in der Frauen- und Lesbenbewegung und langjährige Redakteurin der radikalfeministischen Zeitschrift „Ihrsinn“ ist sie Zeitzeugin der Bewegung, der sich die am vergangenen Sonntag im Stadtarchiv Bochum eröffneten Ausstellung widmet. Bereits Ende der 1960er Jahre begannen – unter anderem – im Ruhrgebiet Frauen damit, sich gegen den sexistischen und patriarchalen Zustand der Gesellschaft zur Wehr zu setzen, wissen die Organisatorinnen der Ausstellung zu berichten. Nachdem der feministische Diskurs anfangs vor allem im linken und linksradikalen Spektrum zu verorten war, bildeten sich in den 1970er Jahren  autonome Frauen- und Lesbengruppen, um verschiedene Kämpfe, etwa gegen den Paragraphen 208 StGB, für Selbstbestimmung, gegen sexualierste Gewalt oder faire Bezahlung von Frauen, auszufechten. Weniger um die Zeuginnen, als um die Zeugnisse dieser Kämpfe geht es in der aktuellen Ausstellung. „Das Plakat will immer etwas sagen“, weiß Kulturwissenschaftlerin Sarah Hübscher von der TU Dortmund zu berichten. Auch seien Plakate stets Statements für oder gegen etwas, nicht jedoch Ausstellungsstücke. Kronauer bestätigt dies: „Heute sind die Plakate als museale Ausstellungsstücke gefragt, damals waren sie unser plakatives Medium.“ Gemeinsam mit Linda Unger und Sarah Hübscher sichtete Kronauer die mehr als 3.000 Plakate umfassende Sammlung des ausZeiten e. V., um die derzeitige Ausstellung zu konzipieren.

Viele Fronten

So unterschiedlich wie die Frauenbewegungen in ganz Deutschland sind, so mannigfaltig ist auch die Auswahl an Plakaten, die derzeit im Stadtarchiv besichtigt werden können. Jessica Bock vom Digitalen Deutschen Frauenarchiv nennt unter anderem Gewalt gegen Frauen, Antimilitarisierung, Sichtbarkeit und Akzeptanz lesbischer Liebe oder den Kampf gegen Sexismus und für Gleichstellung als Themenfelder des feministischen Kampfes. Diese Vielfalt spiegelt sich auch in den ausgestellten Plakaten. Ob Forderung nach einem autonomen Frauenhaus zum Schutz vor häuslicher Gewalt, Protest gegen den Paragraphen 129a StGB oder auch Veranstaltungshinweise, etwa zu einem Frauenschwoof – einer feministischen Tanzparty –, die Plakate der Frauenbewegung sind so bunt und vielfältig wie die Bewegung selbst. Und sie fallen auf, egal ob schnell entworfen oder von langer Hand geplant. Am Ende zählt, dass die Botschaft an die Öffentlichkeit vermittelt wird. Wie Rita Kronauer sagt: „Die Frauen nehmen sich mit Plakaten ihren Raum im öffentlichen Raum.“

:Justinian L. Mantoan
 

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