Bild: Eine Neubausiedlung: Antagonismen sitzen nah beieinander. , Studierende bringen in Köppen-Manier Vorort-Alltag auf die Bühne Foto: Nathanael Ullmann

Mit seinem neuen Streich weicht Student Rico Großer die Grenzen des Kategoriendenkens auf: „Neubausiedlung-Geschichten aus der Nachbarschaft“, aufgeführt von seiner Theatergruppe Eben-BildNer, feiert am 3. und am 4. Juni im Kulturhaus Thealozzi Premiere.

Ein Vorort irgendeiner Stadt, eine Neubausiedlung, deren Wohngemeinschaft sich kennt. Hinter den Kulissen, arrangiert um die tragische Beerdigung einer Siedlungsbewohnerin, ist klar: Kennen impliziert noch viel tiefere Emotionen; Hass und Liebe liegen nah beieinander. Das ist die Handlungsgrundlage dieses Stückes. Knappe anderthalb Stunden, nach denen den ZuschauerInnen auf Wunsch des Regisseurs die Worte fehlen sollen. 
 

Alle auf eineN und jedeR für sich

Die vier Paarungen des Stückes erleben Krisen des Lebens in ihren krassesten Varianten – die dabei entstehenden Verflechtungen untereinander werden im Laufe der Handlung aufgedeckt; erinnern an die Figurenkonstellationen aus Köppens „Tauben im Gras“: Maras Mutter Susanne stirbt, sie findet Halt bei Daniel, doch dieser scheint nicht der nette Vorortjunge zu sein, für den sie ihn hält. Maras Stiefvater, zwei Jahre jünger als sie selbst, ist ob des Todes seiner geliebten Ehefrau am Boden zerstört. Glücklicherweise sind die Erinnerungen an ihre Brüste noch präsent, genauso wie der Todeswunsch von Lukas und Karl; ein gemeinsamer Suizid à la österreichischem Kronprinzen und dessen Geliebte soll es bitte sein. Elena und John sind nur MitbewohnerInnen – und es kriselt. Oder ist da etwa doch mehr? Und was hat es mit Yannick und Marie auf sich, herabschauende Upperclass-Mitglieder, die über die anderen nur die Nasen rümpfen können?

Übersteigerte Männlichkeit

Er wisse nicht, warum es so krass geworden ist, stellt Rico Großer, Student und Regisseur sowie Autor, im Gespräch fest. In jedem Fall weiß er aber, was er in Frage stellen möchte: Kategoriendenken, in Schwarz und Weiß. Deswegen bricht der Autor mit den klassischen Konzeptionen von Protagonisten. Es gibt keine HeldInnen oder Bösen. Wie nah beieinander Liebe und Hass, Gewalt und Sex liegen, wird aufgezeigt. Doch der Grundtenor ist noch ein anderer: „Letztendlich ist das Stück ein Stück über übersteigerte Männlichkeit.“ Der Phallus wirkt im Hintergrund, Beteuerungen, man sei kein Schlappschwanz, ziehen sich durch jede Szene. Identitäts- und Selbstwertkrisen; auch diese sind Teil dieses Stücks.
 
 Angefangen hat die Theatergruppe Eben-BildNer bereits 2013 – Leiter, Regisseur und Drehbuchautor Großer suchte damals SchauspielerInnen für die Inszenierung eines Sartre-Stücks. Er fand sie in seinen Mitstudierenden. Das geplante Drama wurde jedoch zugunsten eines selbstgeschriebenen aufgegeben. Seitdem spielen sie eigene Werke – eine Ausnahme bildete „Horla“, was auf eine Novelle Maupassants basierte.
 Das aktuelle Stück wird am 3. und 4. Juni, jeweils um 20 Uhr, im Kulturhaus Thealozzi gezeigt. Eintritt ist für RUB-Studis frei.
 
:Andrea Lorenz

 

0 comments

You must be logged in to post a comment.