Bild: Sie kann auch demütig: Laibach-Vokalistin Mina Špiler tritt sonst wie eine auf, die von einem großen Balkon zu ihrem Volk spricht., Laibach in der Christuskirche Foto: mar
Sie waren die erste westliche Band in Nordkorea seit Jahrzehnten: Laibach aus Slowenien, die in SS-Uniformen durch Einkaufszentren marschieren. Die bei ihren Auftritten gerne dictator-style beweisen, wie leicht sich Menschenmengen gefügig machen lassen. Das Konzert am Mittwoch, dem 6. April, in der Bochumer Christuskirche erzeugte keine Skandale, lieferte das Musikkollektiv eine an den Spielort angepasste Show ab.
 
Damit ist nicht gemeint, dass die Band besondere Rücksicht auf das religiöse Umfeld genommen hätte. Lieder vom ’94er Album „Jesus Christ Superstars“ gehören ohnehin nicht zur Tour, die Laibach drei Mal in Deutschland Halt machen ließ – neben Franfurt und Köln auch in Bochum.
Seit 30 Jahren existiert die Gruppe, um zu provozieren. Seit dem 2014 erschienenen Album „Spectre“ steht die staatliche Überwachung im Vordergrund. Entsprechend pfiff der Ohrwurm „Whistleblowers“ ein aktuelles Thema in den sakralen Raum. Ebenfalls eine aktuelle, traurige Aussicht: Der Refrain „Europe is falling apart“ aus dem Song „Eurovision“, der hier am Platz des Europäischen Versprechens eine zusätzliche Schwere bekam.
 
Ehrfurcht statt Ekstase
 
Die Setlist passte in diesen außergewöhnlichen Ort, insofern weniger schwungvolle Rhythmen als vielmehr schwere, langsame Töne dominierten. 
Fanfaren erzeugten Ehrfurcht, Orgeln erfüllten den Raum mit Andächtigkeit. Der Klang von Geigenbögen auf Schlagzeugbecken ließ das Publikum erschaudern.
 
Konzerte in der Christuskirche sind bestuhlt, die Kirchenbänke erinnern stets daran, an welchem Ort man sich befindet. Das macht den Nachkriegsbau zu einem besonderen Konzertsaal, aber auch zu einem eher bedächtigen. Da war die hervorragend abgemischte (wenn man von einer Kirche eins erwarten kann, dann doch eine gute Akustik) Ladung Bombast eine ausgezeichnete Wahl. Die vielfach verwinkelten Wände verliehen der Lichtinstallation der Band zusätzlich etwas Unwirkliches. War dieses Konzert vielleicht doch eine ungeheuer subversive Gottesdienstkritik?
 

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