Bild: Was Sie schon immer übers Schreiben wissen wollten: Kerstin Barlach, Natascha Herkt und Kathy Kahner (von links nach rechts) sowie Mentorin Ulrike Lange (ganz links) plaudern aus dem Nähkästchen. , NaNoWriMo: RUB-Studierende stellen selbst geschriebene Romane im Blue Square vor Foto: bk

Kann man in einem Monat einen ganzen Roman schreiben? Ja, kann man, behauptete der US-Amerikaner Chris Baty, der erstmals im November 1999 den „National Novel Writing Month“, kurz NaNoWriMo, ins Leben rief und dazu ermutigte, einfach mal drauf los zu schreiben. Auch an der RUB beteiligen sich jedes Jahr im Herbst studentische Schreiberlinge an der Wortschlacht. Acht von ihnen stellten in der vergangenen Woche ihre Werke im Blue Square vor.

„Manche Menschen trainieren mit 40 plötzlich für einen Marathon, weil sie es mal ausprobieren wollten – andere möchten eben schon immer mal einen Roman schreiben“, so umschreibt Ulrike Lange, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Schreibzentrum der RUB, die Faszination des Projekts „NaNoWriMo“. Bei solchen Zielen lauere natürlich immer der innere Schweinehund mit tausend Ausreden im Hinterkopf. „Da hilft nur eins: Einfach losschreiben, ohne zu viel über das Geschriebene nachzudenken.“ Da beim NaNoWriMo lediglich ein Monat zum Schreiben vorgesehen ist, bleibt dem teilnehmenden Schreiberling schon aufgrund des Zeitdrucks auch eigentlich gar nichts anderes übrig.

„Keine Zeit“ gilt nicht!

50.000 Wörter in 30 Tagen – so lautet das Ziel, das sich laut der offiziellen Homepage des Projektes jedes Jahr im November weltweit knapp 200.000 Menschen setzen. Das Schreibzentrum der RUB bietet passend dazu alljährlich im Herbst einen Intensivkurs in kreativem Schreiben an, dessen Vorgaben sich am klassischen NaNoWriMo-Ziel orientieren. Ein Ziel, das mit Absicht so gewählt ist, dass es auch Menschen erreichen können, die mit dem Zeitdruck in Beruf, Studium oder Kinderbetreuung zu kämpfen haben. Dennoch machen die acht KursteilnehmerInnen, die im Bluesquare aus ihren NaNoWriMo-Werken vorlasen, klar, dass man bereit sein muss, eine Menge Zeit in das Projekt zu investieren. „Ich glaube, ich habe immer so zwei Stunden am Tag geschrieben“ verrät RUB-Studentin Kerstin Barlach. Auch ihre Kommilitonin Natascha Herzog hat während des Schreibmonats gelernt, jede freie Minute für ihren Roman Richard zu nutzen: „Geschrieben habe ich immer zwischendurch – zum Beispiel in der Bahn.“

Begegnungen mit Tod und Gewalt

Was dabei herausgekommen ist, scheint oft düster – kein Wunder also, dass die Lesung unter dem Motto „Ins Blaue geschrieben… und um die Ecke gebracht“ stand, denn in den Romanauszügen der acht AutorInnen hatten es die ProtagonistInnen oftmals mit Leichen aller Art zu tun. Teilweise wurden die Begegnungen mit dem Tod humorvoll umgesetzt, so etwa in Kathy Kahners Tod der Kakerkrake, in dem es eine PiratInnenbande mit der titelgebenden Mischwesen aus Kakerlake und Krake aufnimmt, teils schreckten die jungen AutorInnen auch nicht davor zurück, ihre Erzählungen mit einem ordentlichen Schuss Gewalt und Ekel anzureichern. So auch Natascha Herzog, deren Auszug aus Richard detailliert schildert, wie eine junge Frau von ihrem Vater übel zugerichtet wird. Derweil balanciert der Protagonist des Romans Rotblau von Natascha Herkt ständig auf einem dünnen Seil, das zwischen Realität und Wahnvorstellung gespannt ist. Als er im verlassenen Haus seiner Kindheit von einem Monster angegriffen wird, stellt sich beim Publikum deshalb unwillkürlich die Frage, ob das schaurige Wesen nicht nur der Einbildungskraft des Protagonisten entsprungen ist.

Was vom Schreibmonat übrig bleibt

Auch in den Romanen der anderen AutorInnen ging es oft gewaltsam zu – wenn auch nicht immer so direkt und detailreich, aber doch stets spannend. Bleibt zum Schluss die Frage: Was passiert eigentlich, wenn man am Ende des Monats einen Text ins Blaue hineingeschrieben und den/die innere/n LektorIn dabei erfolgreich ausgeschaltet hat? In der anschließenden Überarbeitungsphase haben die AutorInnen ihre Texte teilweise um ganze Handlungsstränge erweitert, sodass die Romane am Ende den Umfang von 50.000 Wörtern deutlich sprengten. „Meinen Richard" habe ich inzwischen auf 400 Seiten ausgewalzt“, verrät Natascha Herzog. Wenn man erst einmal den inneren Schweinehund besiegt und mit dem Schreiben angefangen hat, kommen die Ideen schließlich viel schneller, als man denkt.

0 comments

You must be logged in to post a comment.