Bild: Lange vor GC-Mania: Diskussion im „Kohlenkellerklub“ um 1970. , Früher war mehr Lamento: Wird die Campus-Partykultur 2015 wiederbelebt? Foto: entn. aus Wilhelm Bleek und Wolfhard Weber: „Schöne neue Hochschulwelt“, 2003

Fast ein halbes Jahrhundert lang hatte die Ruhr-Uni seit ihrer Eröffnung 1965 Zeit, eine eigene Party-Kultur zu entfalten, wo insbesondere bei den einst legendären Fachschaftspartys bis vor wenigen Jahren noch für Mini- wie Massenfächer Locations verschiedenster Größenordnung zum Abfeiern zur Verfügung standen. Die Gebäudepartys der JuristInnen, MedizinerInnen oder IngenieurInnen finden jedoch inzwischen in Bochumer Großraumdiscos statt, und auch kleineren Fachschaften wird zunehmend das Leben schwer gemacht, indem die Nutzungsrechte des KulturCafés als letzter Partystätte so stark reglementiert werden wie nie zuvor. Ob die Party-Kultur auf dem Campus mit einem zügigen KuCaf-Umbau im 50. Jahr des Bestehens der RUB eine Renaissance erfahren kann, wird sich in den nächsten Monaten zeigen.

Früher war zwar nicht alles besser, aber die Partykultur war ursprünglich eng mit der politischen Avantgarde der Gründerjahre der RUB verbunden. So war eine der ersten studentischen Bars, der 1967 eröffnete „Kohlenkeller“ im Äskulabweg am Rande der Hustadt, zugleich ein „Debattierclub“, wo sich regelmäßig die ProtagonistInnen eines breiten politischen Spektrums zwischen dem DDR-nahen Spartakusbund bis hin zu marxistisch orientierten und konservativen katholischen Gruppen zum Austausch bei Bier und Beats trafen. Dort wurde auch die Idee geboren, Wolf Biermann zu einem Konzert nach Bochum einzuladen, der hier im November 1976 von seiner Ausbürgerung aus der DDR erfuhr.

Vom Kohlenkeller zum KulturCafé

Als der Kohlenkeller seine Pforten 1985 schloss, hatte sich bereits ein vielfältiges studentisches Kneipenleben in Querenburg entwickelt, wo es inzwischen zahlreiche Wohnheimbars gab – so etwa im Q100 (Querenburger Höhe) oder in der Laerholzstraße 17/19. Ein Jahr später trat auch die Bochumer Studentische Kulturoperative (boskop) auf den Plan, die seit 1986 bis heute unter anderem mit Veranstaltungen im Saal des Hardenberghauses, wo sich mit dem Hardy’s auch die größte noch bestehende Studi-Kneipe befindet, zur Bereicherung des kulturellen Lebens auf dem RUB-Campus beiträgt. Ihren Höhepunkt erreichte die studentische Campuskultur sicherlich 1997 mit der Eröffnung des AStA-KulturCafés, das aus Mitteln der Studierendenschaft aufgebaut und bis heute erfolgreich als Vortrags- und Partylocation ohne kommerzielle Gewinnorientierung betrieben wird.

Seit den Nullern ging’s bergab

Die Wende brachten die Nullerjahre: Zum einen erfuhr die Partykultur an der RUB durch die inzwischen seit zehn Jahren geltende Rauch-Restriktion in den Campus-Gebäuden einen spürbaren Dämpfer. Zum anderen erschütterten fahrlässige Fehlkalkulationen bei einer Massenparty in der Mensa mit einem Verlust von bis zu einer Viertelmillion Euro im Dezember 2006 das Vertrauen in den AStA als Party-Veranstalter. Den dennoch weiterhin erfolgreichen Fachschaftspartys in den Uni-Gebäuden setzte jedoch ein anderes Ereignis bis heute ein Ende: Nach dem Duisburger Loveparade-Desaster 2010 wurden seit dem Wintersemester 2010/11 die Gebäude-Partys insbesondere mit Verweis auf Brandschutz-Argumente untersagt. Aus demselben Grund werden seit Beginn des Wintersemesters 2014/15 auch kleinere Fachschaftsfeten im KulturCafé erschwert (siehe :bsz 1019-21). Ob die AStA-tragenden Listen ihre Wahlversprechen einlösen und sich im RUB-Jubiläumsjahr erfolgreich für einen schnellen brandschutztauglichen KuCaf-Umbau einsetzen, bleibt abzuwarten. Und vielleicht ließe sich ja auch die GC-Mania nach einer anstehenden Umgestaltung des Gebäudes im Zuge der Campussanierung wieder ins GC zurückholen, wenn sich die Studierendenschaft mit ihren Anliegen gegenüber der Uni-Leitung erfolgreich Gehör verschafft.

 

2 comments

  1. The Times They Are a-Changin’
    Der Autor stellt die historische Situation ja dar. Leider reicht der Platz in einer Zeitung nicht, um die Gesamtsituation ausreichend zu würdigen.

    1.:
    Die Zeiten sind wahrscheinlich eben andere. Der Campus hat seinen Flair als „Lebensraum“ verloren. Das hat sicherlich mit dem Zeitgeist zu tun. Durch die Abschaffung der Studiengebühren ist das letzte gemeinsame „Pfund“, der letzte Kitt einer politischen Studierendenschaft eben abgebrochen. Und auch da sind am Ende nur noch wenige Leute auf die Straße gegangen. Fachschaftspartys in Universitätsräumen besitzen den Charme einer voll-selbstverwalteten Party. Professorx-Ausschank, DJs aus dem dritten Semester… und so weiter.

    Wie sieht denn die Situation in den Fachschaftsräten aus? Die „outgesourceten“ Partys in Zeche, Riff, Matrix und Co. werden kaum zurück auf den Campus kommen. Der finanzielle Ertrag ist okay, das Risiko überschaubar. Das Mensaparty-Urteil wird sich auch hier noch auf die Fachschaften und den AStA auswirken. Ab wann ist Fahrlässigkeit grob und ist ein bekannter DJ, der ein paar tausend Euro kostet, evtl. schon überzogen? Was passiert bei einer Fehlkalkulation? Wie muss eine Fachschaft eine selbstverwaltete Party überhaupt kalkulieren, damit im Verlustfall kein Rückgriff auf die Veranstalter genommen werden kann?

    2.:
    Für mich der gravierende Punkt: Das AKAFÖ ist ein unmöglicher Laden geworden. Gibt es noch Wohnheimkneipen? Wo ist die AKAFÖ-BOSKOP noch eine studentische Operative? Das AKAFÖ könnte sich auch für Fachschaftspartys erkenntlicher zeigen. Warum wird der Saal im Hardenberghaus hier nicht offensiver beworben oder fit gemacht für größere Partys? Das AKAFÖ ist steril, nimmt an Kabel-1-Gastrowettbewerben teil und kümmert sich nicht darum.

    3.:
    Wie schon in 1. angedeutet, haben die Studierenden dieser Generation offenbar kaum Bezug zum Campus. Da ist es egal, ob die IB-United tatsächlich in der I-Reihe stattfindet oder in einer Großraumdiskothek.

    Viele gehen möglicherweise auch nicht mehr unbedingt so oft feiern. Das Studium schlaucht. Außerdem ist man vielleicht noch in so vielen tollen Charity-Gruppen… da kann man nicht auch noch auf dem Campus feiern.

    4.:
    Im Sommer könnte an der Uni mehr gemacht werden. Die Parkplatz-Ebene hinter der G-Reihe, die Fläche zwischen Querforum und G-Reihe usw. – da wäre einiges machbar. Aber: Wer soll es tun?

  2. Change the change!

    Vielen Dank an den/die KommentatorIn für diesen sehr bedenkenswerten Input! Anschließend an den letzten Satz kann der Autor des Artikels nur hinzufügen: Seid Teil des Prozesses – gestaltet Euren Campus mit und überlasst dies nicht allein anderen! Schon gar nicht der Uni-Leitung und dem für die RUB-Immobilien zuständigen Bau- und Liegenschaftsbetrieb… Bringt Euch über die Fachschaften ein und setzt Euch vielleicht auch einfach mal in Senatssitzungen, wenn die Campssanierung einmal wieder auf der Agenda steht! Nächster Sitzungstermin ist der 5. Februar; Infos zur Tagesordnung sind über die studentische Gremienberatung der RUB zu erhalten: Gremienberatung@rub.de

    Weitere Informationen sind hier einzusehen:

    http://www.ruhr-uni-bochum.de/universitaet/leitung-gremien/senat/termine.html

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