Bild: Leere Hörsäle ohne Anwesenheitspflicht? Nur wenn die Lehre nicht stimmt!, Hochschulzukunftsgesetz: Rechtliche Lage nur scheinbar eindeutig Foto: Amidasu

Ist die Anwesenheit in Seminaren nun verpflichtend oder nicht? Das neue Gesetz für die Hochschulen in NRW (das Hochschulzukunftsgesetz oder kurz: HZG) sollte Klarheit schaffen, sorgt aber vor allem für Verwirrung und Unsicherheit. Während der AStA sich mit seinem Anwesenheitspflichtmelder für die rigorose Durchsetzung des Rechts auf Abwesenheit einsetzte, rudern mittlerweile viele Fachschaftsräte zurück und raten: Abwarten und dulden.

Schon bevor das HZG im September beschlossen wurde, war die Anwesenheitspflicht und die Vergabe von CP für das bloße Absitzen einer Veranstaltung rechtlich nicht zulässig. Das Gesetz war aber schwammig formuliert und die RUB legte es entsprechend aus. Das HZG sollte nun diesem Treiben ein juristisch eindeutiges Ende setzen, denn „eine derartige Praxis ist weder hochschulpolitisch sinnvoll noch verfassungs- und hochschulrechtlich weiter hinnehmbar“, so das Wissenschaftsministerium in seiner Begründung zum HZG.
Das Gesetz sieht demnach vor, dass der Besuch einer Veranstaltung nur dann verpflichtend ist, wenn sich das dort vermittelte Wissen nicht anders aneignen lässt. Explizit sind das also Praktika (etwa im Labor), Übungen (die im Idealfall praktische Kenntnisse vermitteln), Sicherheitsunterweisungen und Exkursionen.

In Seminaren ist die Anwesenheitspflicht dann zulässig, wenn der Hauptzweck des Seminars ist, den „wissenschaftlichen Diskurs einzuüben“ – was einleuchtend ist, denn Texte lassen sich zwar auch nachts alleine im Bett lesen, ein Diskurs führt sich da allerdings schlecht.

Als ob es um den wissenschaftlichen Diskurs ginge!

Nun ist es aber so, dass der Zweck der allermeisten Seminare die Vermittlung fachlicher Inhalte ist und nicht der Diskurs. „Die erste Reaktion des Rektorates war, dass eine Anpassung der Modulhandbücher stattfinden muss, um Anwesenheitspflicht weiterhin gewährleisten zu können“, schreibt die Grüne Hochschulgruppe (GHG) auf ihrer Homepage und bringt es auf den Punkt: „Statt sich an das Gesetz zu halten, will man hier einfach die Beschreibung der Kurse anpassen.“

Auch das ist allerdings rechtlich nicht zulässig. Wer also eine entsprechende Änderung in den Modulbeschreibungen findet, sollte sich damit an seinen Fachschaftsrat wenden.

Die Lehrenden haben immer noch das letzte Wort

Die Fachschaftsräte nämlich stehen im Austausch mit Euren DozentInnen. Allerdings sehen sich viele Fachschaftsräte momentan in einer schlechten Verhandlungsposition, denn viele Dozierende wollen nicht damit aufhören, ihre Seminare durch Pflicht zu füllen (statt mit guter Lehre) und legen das Gesetz zu ihren Gunsten aus. Solange keine hohe politische oder juristische Instanz absolute Klarheit schafft, haben die Dozierenden Recht. Daher raten einige FSRs ihren Studierenden, nicht auf ihr Recht auf Abwesenheit zu pochen. Der FSR Germanistik sagt: „Nur die Lehrenden haben für Euer jeweiliges Seminar das letzte Wort!“

Schaden kann es natürlich nicht, die Lehrenden persönlich oder mittels Anwesenheitspflichtmelder auf der AStA-Homepage darauf hinzuweisen, dass das Land NRW die Anwesenheitspflicht überhaupt nicht will, auch wenn es diese Absicht nicht in die richtigen Worte zu kleiden weiß.

:Marek Firlej
 

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