Bild: Alles leer: Leere Henkelmänner sorgen für leere Brieftaschen – und bald für leere Cafeten?, Preise rauf, Stimmung runter – viele Studis sind sauer Illustration: mar

Die jüngsten Preiserhöhungen beim Akademischen Förderungswerk (Akafö) haben für viel Unmut auf dem Campus gesorgt: „Die Stimmung unter den Studenten ist mies hier an der Kasse“, bestätigt eine Verkäuferin in der Cafeteria im Gebäude GA der :bsz. Doch auch der Frust beim Personal ist spürbar: „Viele Studierende beschweren sich über die Preiserhöhung, aber wir können ja nichts dafür. Wir haben nur die Weisung bekommen: ‚Ab 1.9. gibt es neue Preise.‛ Die Kassen wurden auch automatisch umgestellt, wir können da nichts machen, kriegen aber den Ärger ab.“

Auch die ökonomische Bilanz fürs Akafö dürfte derzeit nicht gerade glänzend sein: „Die neuen Preise machen sich deutlich im Kassenstand bemerkbar“ – sicherlich nicht nur an der Kasse in GA. Selbst wenn die Zahl der KundInnen gleich geblieben sein sollte, lässt sich doch eine Änderung der Kaufgewohnheiten konstatieren: „Viele kaufen jetzt nicht mehr so ein, wie sie es sonst immer gemacht haben. Vom Henkelmann nehmen viele Abstand. Der ist teurer, es ist weniger drin – das sehen sie nicht ein.“ Neuerdings wird die Pappbox samt Lunch-Häppchen sogar abgewogen und ein eventueller Überschuss wieder entnommen. Auch bei anderen Dingen zeigt sich das Akafö kleinlich: „Sogar für heißes Wasser müssen wir jetzt Geld nehmen, 30 Cent. Was vorher umsonst war, kostet jetzt Geld. Nur das Obst kostet noch genausoviel wie vorher“, heißt es an der GA-Kasse.

„Die Preise konkurrieren mittlerweile mit denen des  ‚freien‘ Marktes“, schreibt ein Leser aktuell der :bsz. „Anders als in der freien Gastronomie, wo Personal oft ausgebeutet wird, werden unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aber zu Recht nach Tarif und über dem gesetzlichen Mindestlohn bezahlt“, kontert die Akafö-Geschäftsleitung.

Hat das Akafö zu hoch gepokert? Die :bsz fragte ausführlich bei der Geschäftsleitung nach und kommentiert das Ganze.

 

Hier das :bsz-Interview mit der Akafö-Geschäftsleitung in voller Länge: 

Akafö-Geschäftsleitung: Wir bedanken uns für die Interviewanfrage und freuen uns über die damit verbundene Möglichkeit, zu der Preisanpassung Stellung nehmen zu können.

bsz-Frage 1: Wie begründen Sie die aktuellen Preiserhöhungen in Mensen und Schulkantinen? Was ist hierfür maßgeblich verantwortlich?

Akafö-Geschäftsleitung: Zunächst einmal müssen wir die Themen Mensa und Schulverpflegung trennen. Deshalb zuerst einige Anmerkungen zu Schulspeisung: dieser Bereich gehört nicht zu unseren Kernaufgaben, sondern hat sich aus einer Tradition heraus partnerschaftlich mit der Stadt Bochum entwickelt. Die Stadt arbeitet seit einigen Jahren daran, das Schulessen auszuschreiben und in dieser Überganszeit hat das AKAFÖ immer wieder seine Hilfe bei der Bewältigung dieser Aufgabe gerne zur Verfügung gestellt. In der Zwischenzeit hat sich die Situation allerdings dahingehend verändert, dass der Aufwand und die Schulspeisungsanforderungen stark gestiegen sind. Insbesondere hat der Landesrechnungshof bei seiner Prüfung angemerkt, dass das AKAFÖ bei den Schulen kostendeckende Preise erzielen muss, so dass eine entsprechende Anpassung erfolgen musste. Ob sich das AKAFÖ an einer Ausschreibung durch die Stadt beteiligen würde, ist z.Zt. offen.

Die Preise in den Mensen und Cafeterien wurden seit 2008 nicht mehr angepasst. Seit dieser Zeit haben sich aber auch erhebliche tarifliche Verschiebungen vollzogen. Alleine der letzte Tarifabschluss bedeutet für 2015 1,2 Mio. € Mehraufwand bei den Personalkosten.

Auch längere Öffnungszeiten in Mensen und Cafeterien, sowie mehr Einrichtungen durch die Erweiterung der universitären Einrichtungen verursachen höhere Kosten.

Seit 1994 ist faktisch keine Anpassung im Zuschussbereich mehr erfolgt, die Studentenwerke konnten an der Zuschussentwicklung des Landes NRW im Bereich der Hochschulen nicht teilnehmen, so dass der Zuschussanteil des Landes an den Gesamterträge derzeit nur noch 10% beträgt.

Der Zuschuss wird so bei steigendem Umsatz ständig kleiner, die Deckungslücken immer größer. Zudem haben wir in Bochum eine besondere Konstellation: pro Studierendem erwirtschaftet das AKAFÖ einen Umsatz von 250€, der Durchschnittsumsatz in NRW liegt bei 186€. Das AKAFÖ erzielt bei 20.000 Studierenden weniger als in Köln einen höheren Umsatz, sogar höher als München mit 30.000 Studierenden mehr. Die Sozialbeiträge dieser 20-30.000 Studierenden mehr fehlen uns in Bochum.

Insofern entsteht ein erhöhter Subventionsbedarf, welcher sich u.a. auch durch höhere Sozialbeiträge widerspiegelt.

Auf die Preissteigerungen im Lebensmittelbereich gehen wir unter Frage 3 näher ein.

Eine weitere Besonderheit in Bochum sind die vielen kleinen Standorte, in denen Produktionseinheiten stehen, hier wird täglich frisch gekocht. Dies bedeutet einen höheren Aufwand als der einer reinen Ausgabemensa. Auch hat das AKAFÖ den höchsten Logistikaufwand in NRW, da die Cafeterien durch fehlende Kühl- und Lagerkapazitäten mehrfach am Tag angefahren werden müssen. Die Kapazitäten der Mensa selber sind mittlerweile auch erschöpft, so dass wir hier in zwei Schichten produzieren müssen, was wiederum zu höheren Lohnkosten führt. Auch der Henkelmann führt zwar zur Verbesserung der Versorgung der Studierenden, aber gleichzeitig auch zu erheblichen Produktions- und Logistikkosten.

Die Energiepreise sind in den letzten Jahren erheblich gestiegen. Leider haben wir keinen Einfluss auf die Kosten, da wir in diesem Bereich nicht selber Ausschreiben dürfen. Die Wartungskosten haben sich in den letzten Jahren erheblich erhöht, ebenso sind zahlreiche gesetzliche Vorschriften hinzugekommen wie z.B. die Trinkwasserverordnung, Brandschutz oder HACCP, deren Durchführungen ebenfalls hohe Kosten verursacht.

bsz-Frage 2: Wie beziffern sich die Preiserhöhungen in absoluten Zahlen in der RUB-Mensa sowie im Bistro und – exemplarisch – in Schulkantinen?

Akafö-Geschäftsleitung: Zur besseren Übersicht haben wir Ihnen eine Tabelle mit exemplarischen Preisen zusammengestellt, in der die Preisentwicklung abgelesen werden kann. (Siehe unten.)

bsz-Frage 3: Wie hoch beziffern sich die Preiserhöhungen jeweils prozentual und steht dies im Verhältnis zur Inflationsrate sowie zur Entwicklung der Lebensmittelpreise?

Akafö-Geschäftsleitung: Die prozentuale Erhöhung beim Sprintermenü beträgt z.B. 10%. Betrachtet man die Preissteigerungen der letzten Jahre, so wird deutlich, dass insbesondere Nahrungsmittel immer teurer werden. Laut statistischem Bundesamt lag im Zeitraum von 2001 bis 2011 die Preissteigerung bei Nahrungsmitteln bei 16%. In den fast 10 Jahren davor waren es 10%. Allein im Jahr 2013 betrug die durchschnittliche Erhöhung der Lebensmittelpreise 4,4%. Diese Faktoren haben einen großen Einfluss auf die Preisgestaltung und führten neben den oben genannten Faktoren dazu, dass die Kalkulation nach sechs Jahren Preisstabilität erberarbeitet werden musste. Zur besseren Verdeutlichung hier einige Preissteigerungen aus dem Bereich der Grundnahrungsmittel (Steigerungen von 2009 auf 2014): Milch +22%, Kartoffeln+23%, Möhren +25%, Äpfel +40%. (Quelle: Statistisches Bundesamt). Diese Mehrkosten treffen die lebensmittelverarbeitenden Betriebe besonders hart, denn daneben sind auch Lohn-, Betriebs- und Energiekosten gestiegen.

bsz-Frage 4: Gerade sozial schlechter gestellte Studierende können sich die zum Teil kaum mehr leisten. Warum werden Preissteigerungen in einem so grundlegenden Bereich der Essensversorgung nicht über den Semesterbeitrag gegenfinanziert statt die Mensapreise zu erhöhen?

Akafö-Geschäftsleitung: Das AKAFÖ zahlt in den Sozialfond des AStA und in den Hilfsfond für ausländische Studierende ein, was keineswegs in allen Studierendenwerken eine selbstverständliche Leistung ist. Auch gibt das AKAFÖ Essenmarken für bedürftige Studierende aus. Hiermit leisten wir einen erheblichen Beitrag zur Versorgung sozial schlechter gestellter Studierender.
Die Steigerung der Aufwendungen kann auch nicht ausschließlich durch Semesterbeiträge gedeckt werden.

bsz-Frage 5: Unter der Ägide des Akafö-Verwaltungsratsvorsitzes von René Voss wurde großer Wert darauf gelegt, die Grundpreise pro Gericht nicht über 2 Euro anzuheben. Warum haben sich bei Ihnen inzwischen die Prioritäten verschoben?

Akafö-Geschäftsleitung: Da sage ich ganz deutlich: Die Prioritäten des AKAFÖ haben sich natürlich nicht verschoben. Dazu eine Anmerkung: René Voss war 2003 studentischer Verwaltungsratsvorsitzender, der Preis für ein Sprintermenü  liegt 11 Jahre später nur um 20€ Cent höher als der damals vorgeschlagene Grundpreis.

bsz-Frage 6: Ist Ihnen ökonomisches Kalkül inzwischen wichtiger als soziale Belange?

Akafö-Geschäftsleitung: Wer die Grundstruktur des Studentenwerkes kennt, weiß, dass es keine Verschiebungen gegeben hat. Allerdings zwingen uns die o.g. Tatsachen dazu, auch wirtschaftlich zu arbeiten. Dabei heißt wirtschaftlich arbeiten aber nicht, gewinnorientiert, sondern kostendeckend zu arbeiten. Leider ist da niemand, der negative Ergebnisse ausgleicht.

Dieses unterscheidet Studentenwerke von den meisten öffentlichen Einrichtungen.

Wir haben durchaus eine sehr schlanke Verwaltung und zahlreiche Angebote erweitern unsere Kernaufgabe, wie z.B. Boskop, Internationales oder die Sozial- und Behindertenberatung. Der wesentliche Teil unserer Erträge fließt insofern nach wie vor in die operativen und sozialen Bereiche.

Daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern.

bsz-Frage 7: Mittlerweile können private Anbieter im Uni-Center bequem mit den Mensapreisen konkurrieren. Kann das Akafö vor diesem Hintergrund überhaupt noch als subventionswürdig betrachtet werden?

Akafö-Geschäftsleitung: Die Vielfalt unseres Angebots wird durch diese Anbieter sicher nicht abgedeckt und ich meine auch, dass man hier nicht Äpfel mit Birnen vergleichen sollte.

Wir berücksichtigen hier viele besondere Wünsche, wie z.B. vegane und gesunde Ernährung. Alleine bei der Beschaffung der Lebensmittel, werden Standards, wie beispielsweise das MSC Siegel herangezogen, die sicher nicht in jedem Betrieb selbstverständlich sind. Wir sind uns dort sicher unser gesellschaftlichen Verantwortung bewusst, was aber auch nicht umsonst zu haben ist.

Auch ist unser Angebot sehr viel abwechslungsreicher als in einer Pommesbude und wird nach den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Ernährung zusammengestellt.
Unser Tarifsystem unterscheidet sich auch erheblich von dem privater Anbieter. Würden wir in einem anderen Tarifsystem arbeiten könnten (was wir absolut nicht wollen), wären Einsparungen in Millionenhöhe möglich. Anders als in der freien Gastronomie, wo Personal oft ausgebeutet wird, werden unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aber zu Recht nach Tarif und über dem gesetzlichen Mindestlohn bezahlt.

bsz-Frage 8: Auch in anderen Bereichen greift das Akafö den Studierenden heute deutlich tiefer in die Taschen als früher – dies belegt etwa die Mietpreisentwicklung in Akafö-Wohnheimen in den letzten Jahren. Wie weit soll die Preisspirale noch angezogen werden – ist die Skala nach oben hin offen?

Akafö-Geschäftsleitung: In dem Rahmen, in dem sich bestimmte Kosten am Markt entwickeln sind natürlich auch weitere Mietpreisentwicklungen möglich. Allein die Durchführung der Trinkwasserverordnung hat 600.000€ gekostet. Der Neubau, Umbau und die Sanierung vieler Wohnheime mussten mit Fremdkapital finanziert werden, weil das Land keine Zuschüsse mehr gibt.
Die Energiekosten sind erheblich gestiegen, außerdem bieten wir zu 100% Ökostrom an. In den Mietpreisen sind die Kosten für Heizung, Strom Wasser, TV, Internet und Reinigung bereits enthalten.

Zahlreiche Zimmer sind möbliert, WG’s mit Küchen ausgestattet. Die Möblierung eines Zimmers kostet bis zu 3.500€, so dass alleine 30€ für das Mobiliar in die Miete einfließen. Die Wasserkosten sind in den letzten Jahren explodiert durch die Ausstattung der Zimmer mit eigenen Duschen, die Stromkosten extrem gestiegen durch die Nutzung von PC und Handy. Diese Parameter müssen bei der Betrachtung der Mieten berücksichtigt werden, wenn Vergleiche mit dem freien Markt angestellt werden.

Als sozialer Dienstleister tut uns diese Entwicklung auch weh und wir betrachten es mit Sorge. Unser Anliegen ist es, den Spagat zwischen Angemessenheit der Preise und Leistungseinschränkungen zu schaffen.

Exemplarische Übersicht über aktuelle Preisänderungen in Mensen und Cafeten der Ruhr-Universität (zu Frage 2):

 

Preis für Studierende

 Preis für Studierende neu

Speisen Mensen und Cafeterien Bochum

 

 

Sprinter

                               2,00 €

                    2,20 €

Sprintermenü (inkl. Kaltgetränk)

                               2,50 €

                    2,70 €

Komponente (Preise sind Spannweiten)

1,50 -1,90€

 1,80-2,50 €

 

 

 

Nudeltheke

                               2,60 €

                    3,00 €

Nudeltheke ohne Salat

                               2,10 €

                    2,50 €

 

 

 

Currywurst

                               1,20 €

                    1,60 €

 

 

 

Brötchen Trocken

                               0,30 €

                    0,35 €

Kartoffeltheke

 

 

Pommes

                               1,10 €

                    1,20 €

Pommes mit Currysauce

                               1,10 €

                    1,30 €

Folienkartoffel

                               1,10 €

                    1,20 €

Kartoffelecken

                               1,10 €

                    1,20 €

Beilagen

 

 

Sättigungsbeilage

                               0,70 €

                    0,80 €

Salatbeilage

                               0,70 €

                    0,80 €

Salatbuffet 100 gr.

                               0,70 €

                    0,80 €

 

 

 

Tagessuppe

                               0,70 €

                    0,80 €

 

 

 

Dessert

 

 

Dessert Glas

                               1,10 €

                    1,20 €

Dessert Schale

                               0,80 €

                    0,90 €

Dessert Buffet 100 gr.

                               0,70 €

                    0,80 €

Quark in Schale

                               0,90 €

                    0,90 €

Obstsalat in Glas

                               1,30 €

                    1,20 € 

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