Bild: Hate Poetry im Prinz-Regent-Theater: Die SlammerInnen nehmen es mit Humor., Hate Poetry – Rassismus ist nicht tot, aber ausgeliefert ist man ihm nicht Foto: tims

Hate Poetry ist ein neues, originelles Format, eine Mischung aus Poetry Slam und Satire-Lesung. Drei JournalistInnen traten am 11. Mai im Prinz-Regent-Theater gegeneinander an, indem sie ihre härtesten, diffamierendsten und rassistischsten LeserInnenzuschriften vortrugen. Es wurde in vier Kategorien einE SiegerIn ermittelt und GewinnerIn war immer der-/diejenige, welche/-r das Publikum durch die Performance am meisten zum Lachen brachte. Das Ziel dieser Veranstaltung war aber nicht nur bloße Unterhaltung, sondern auch der Kampf gegen den alltäglichen Rassismus unter dem Motto: „Rassismus gemeinsam weglachen“. Die Veranstaltung wurde in Zusammenarbeit mit dem Bochumer Forum für Antirassismus und Kultur, BoFo e. V.,  und mit Unterstützung des Kommunalen Integrationszentrums der Stadt Bochum als auch der Bochumer Agenda 21 realisiert.

Schwarz ist der Raum des Prinz-Regent-Theaters in Bochum und vor den ZuschauerInnen auf der Bühne befindet sich lediglich eine Reihe Tische, auf denen Wasser, Sekt und Bier stehen. Stühle gibt es natürlich auch. Soviel sei zur Normalität einer Lesung gesagt, aber dabei soll es nicht bleiben. Musik von Malek Samo erfüllt den Raum und währenddessen betreten die Hate-Slammer  fast tanzend den schwarzen Bühnenraum, der direkt mit Deutschland-, Bochum- und auch türkischen Fahnen behangen wird. Konfetti wird geworfen, Luftschlangen fliegen durch den Raum und das Publikum will auch etwas vom Bier abbekommen. Es wird schnell klar, dass man sich nicht mit der braunen Realität des Rassismus beschäftigen will, sondern dass es eine Veranstaltung gegen Ausgrenzung ist, bei der das Publikum mit offenen Armen empfangen wird. Mely Kiyak, Deniz Yücel und Yassin Musharbash, die gegen Fremdenfeindlichkeit slammen und Doris Akrap, die eine Art Schiedsrichterin gibt, betreten den Raum.

Bei den AkteurInnen des Abends handelt es sich aber nicht um irgendwelche Leute, die selbstgeschriebene Texte vorstellen werden, sondern um RedakteurInnen der Zeit, von Spiegel Online oder der taz.

Reale Beleidigungen

Es geht los und die ersten Texte werden vorgetragen in der Kategorie „Sehr geehrter Herr Arschloch; Sehr geehrte Frau Fotze“. Es wird gelacht und das ist auch das Ziel des heutigen Abends. Denn Rassismus steht hier deutlich präsent auf wackeligen Beinen: „Frau Kiyak, Johann Wolfgang von Goethe war ein Dichter. Ich weiß, aber sie können das ja nicht wissen.“ Diese Beleidigungen sind Realität und keine Fiktion und daher ist es auch nicht für jedeN ZuschauerIn immer lustig, weil das, was einem da vorgesetzt wird, schon sehr erschreckend sein kann. Die Slammer­Innen nehmen es aber mit Humor und lassen sich nicht von den hasserfüllten LeserInnenzuschriften deprimieren. Sie lachen, es knallen auch mal Korken in die Luft und es wird munter ein lustiger Abend mit dem Publikum gefeiert. Datteln und Nüsse werden herumgereicht, die von Eltern einer der SlammerInnen mitgebracht wurden. Es ist ein sehr herzlicher Abend, aber an dieser Stelle ist noch nicht Schluss.

Es geht zu drei anderen Themen weiter: „Abo-Kündigung“, „Große Oper“ und „…“. LeserInnenbriefe von Kunden, die am liebsten ihr vorhandenes Abonnement kündigen wollen würden, werden vorgelesen, aber auch Briefe von solchen, die ihr nicht vorhandenes Abo kündigen wollten, wenn sie denn könnten, aber sie wohnen ja leider in Kambodscha. Unzählige Beschimpfungen werden vorgelesen, aber auch schon fast romantische LeserInnenbriefe, die eine Hass/Liebesbeziehung vermuten lassen.

Insgesamt war es ein bunter, teils wilder und fast karnevalistischer Abend, der nicht wirklich zum Ziel hatte eineN GewinnerIn herauszufinden, sondern Integration zu leben. Denn dazu gehört es, die guten wie auch die schlechten Dinge miteinander zu teilen. Eine gelungene Veranstaltung gegen Rassismus und Ausgrenzung.

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