Bild: Lichtblitz oder Schatten: Was bringt die Zukunft für die NRW-Hochschulen?, Entwurf zum neuen Hochschulgesetz: Frist zur Stellungnahme abgelaufen Foto: Lutz Leitmann/Stadt Bochum, Presseamt

Es hat nicht sollen sein: Trotz massiver Kritik zahlreicher Studierendenschaften der NRW-Hochschulen, der Studierendenwerke sowie der Landesrektorenkonferenz am ReferentInnenentwurf des Hochschulzukunftsgesetzes (HZG) und einer viel zu kurzen Frist zur Stellungnahme (siehe :bsz Nr. 981) lief die „Deadline“ am 7. Januar ab und wurde nicht verlängert. Schon im Frühjahr soll das HZG ins parlamentarische Beratungsverfahren gehen, um zum Wintersemester 2014/15 in Kraft zu treten. Es droht ein fataler Schnellschuss, der wohl nur noch durch eine landesweite hochschulpolitische Kampagne abgewendet werden könnte.

Hauptkritikpunkte in den Stellungnahmen der FachschaftsvertreterInnenkonferenz (FSVK) der RUB sowie des AStAs der Uni Duisburg-Essen (UDE) sind die weiterhin fehlende gesetzliche Garantie einer ausreichenden Finanzierung der Hochschulen aus öffentlichen Mitteln sowie eine mangelnde Demokratisierung der Hochschulgremien. So werden einer leistungsbezogenen Mittelvergabe und dem damit einhergehenden Einfluss der Wirtschaft auf Forschung und Lehre auch künftig Tür und Tor geöffnet sein. Die undemokratischen Hochschulräte sollen laut HZG-Entwurf ebenfalls bestehen bleiben – genauso wie die strukturelle ProfessorInnen- Mehrheit in Hochschulgremien wie dem Senat.

Durchwachsenes HZG-Fazit

In ihren Stellungnahmen bezeichnen die FSVK der RUB und der AStA der UDE den ReferentInnenentwurf des HZG als ein ungeeignetes „Entmündigungspapier“ und fordern einen vollständig neuen Gesetzentwurf. Es werden zwar Verbesserungen ausgemacht, die schlechten Grundelemente der Gesetze blieben jedoch und es kämen noch neue hinzu. Positiv gesehen wird die erleichterte Anerkennung von Abschlüssen, wodurch den Studierenden der Übergang zwischen Bildungsinstitutionen erleichtert wird. Auch das Einrechnen der Anfertigung der Abschlussarbeit in die Regelstudienzeit und diverse Aspekte im Bereich der Gleichstellung werden befürwortet. Für die Anwesenheitspflicht wurden wieder keine klaren Regelungen getroffen.

Die Kluft reißt weiter auf

Die Option eines Testverfahrens vor der Einschreibung wird in den Stellungnahmen, sofern dieses den Numerus Clausus ablöse, positiv bewertet. Die Entscheidung über die Einführung eines solchen Verfahrens läge dann laut Gesetzesentwurf bei den Hochschulen selbst. Elite-Universitäten wären somit in der Lage, bereits im Vorfeld Studierende nach ihren Leistungen auszusortieren. Damit würde der fragwürdigen Konkurrenz der Hochschulen untereinander jedoch weiter Vorschub geleistet und die Kluft zwischen besser und schlechter gestellten Universitäten weiter wachsen. In den Stellungnahmen der RUB-FSVK und des UDE-AStAs wird diese Gefahr, dass es den gut aufgestellten Universitäten immer besser geht und den schlecht aufgestellten immer schlechter, auch in der weiterhin leistungsabhängigen Finanzierung der Hochschulen gesehen.

Mehr Kontrolle – unsichere Finanzierung

Ein weiterer Kritikpunkt in den Stellungnahmen ist, dass die strategische Ausrichtung der einzelnen Hochschulen weiterhin in geheimer Sitzung durch ein nicht demokratisch legitimiertes Gremium – dem künftig fortbestehenden jeweiligen Hochschulrat – entschieden werden soll. Dem Senat werden in dieser Hinsicht abermals keine gestalterischen Aufgaben zugestanden, was das demokratische Defizit verstärke. Zudem soll eine automatische Exmatrikulation von Studierenden stattfinden können, wenn diese ihre doppelte Studienzeit um mehr als zwei Semester überschritten haben, oder sie seit mehr als vier Semestern keine Prüfungen mehr abgelegt haben. Dagegen liefern die Stellungnahmen gleich drei gute Gründe: Es widerspricht dem Grundgedanken eines freien Studiums, hält vom freiwilligen Engagement in Gremien der Universität ab und missachtet individuelle Lebensläufe. Das Fazit der Stellungnahmen lautet: es gebe „kleine Verbesserungen an bestimmten Stellen“, jedoch stelle sich insgesamt „eine deutliche Verschlechterung der Gesamtsituation“ dar.

Entdeckung der Fächervielfalt

Kritik am ReferentInnenentwurf gibt es auch seitens des RUB-Rektorats. So bezeichnete RUB-Rektor Elmar Weiler den Entwurf insbesondere angesichts der Forderung einer 40-prozentigen Frauenquote in universitären Gremien sowie eines Vorantreibens der „Profilbildung der Hochschulen“ und damit verbundenen latenten Einschränkung der Fächervielfalt gegenüber der WAZ als „pure Ideologie“: „Wir können nicht alle einen Landesplan abarbeiten – das tötet die Kreativität“. Dies habe sich bereits in der Vergangenheit als fatal erwiesen: „Wir haben unsere Fächervielfalt zuletzt ausgebaut“, so Weiler gegenüber der WAZ weiter. „Die Dinge, die wir zurückgefahren haben, waren immer ministeriell aufgezwungen.“ Dass dies bezüglich des zuletzt an der RUB abgewickelten bundesweit einmaligen Master-Studiengangs Sprachlehrforschung (die :bsz berichtete) freilich nicht zutrifft, lässt der RUB-Rektor unerwähnt und beschränkt sich auf ein positives Beispiel: „Wir haben neue Fächer etabliert und eingebunden. In den Religionswissenschaften haben wir zum Beispiel vier Professuren neu errichtet (…). Das Land wäre in der Landesplanung nie darauf gekommen. Wir bauen es so ein, dass sich daraus ein Forschungsschwerpunkt ergibt.“ In diesem Punkt erweist sich Weilers Wahrnehmung als selektiv und seine Kritik somit als zweischneidig. Die ministerielle Forderung nach einer teilweisen Einschränkung der im Rahmen des schwarz-gelben Hochschulfreiheitsgesetzes etablierten Hochschulautonomie dagegen ist partiell durchaus gerechtfertigt: Im Falle von Fächerabwicklungen sollte das Land ein Vetorecht haben, nicht jedoch Vorgaben zu Streichungen von Bildungsgängen machen können – so würde ein Schuh draus.

Gemeinsame Kampagne der NRW-Hochschulen?

Auch der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz NRW, Prof. Dr. Horst Hippler, merkte in einem offenen Brief zum ReferentInnenentwurf des HZG an, dass der Entwurf die Autonomie der Hochschulen untergrabe, indem er weit in die Hochschulplanung eingreife. Hierdurch würden die Bewegungsspielräume der Hochschule eingeschränkt, da das Ministerium standardisierte Lösungen verpflichtend zur Umsetzung vorgeben könne. Angesichts der trotz aller Kritik nicht verlängerten Frist zur Stellungnahme zum HZG-Entwurf bleibt nun vor allem der außerparlamentarische Weg, um vielleicht durch eine gemeinsame Kampagne der NRW-ASten noch Einfluss auf das Gesetzgebungsverfahren zu nehmen, und nach den erfolgreichen landesweiten Protesten gegen Studiengebühren wieder gemeinsam etwas zu bewegen!

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