Bild: Viel Erfolg Johanna! Du hast mein vollstes Vertrauen!“, Johanna Wanka zur neuen Bundesbildungsministerin ernannt Karikatur: ck

In der vergangenen Woche ernannte Bundespräsident Joachim Gauck Johanna Wanka zur neuen Bundesbildungsministerin. Nachdem Annette Schavan am 9. Februar 2013 bedingt durch die schweren Plagiatsvorwürfe und die anschließende Aberkennung ihrer Doktorwürde durch die Universität Düsseldorf, zurückgetreten war bekleidet nun die CDU Politikerin und Mathematikerin das Amt. Ob sie für diesen Job die Richtige ist, ist unter Berücksichtigung ihrer teils widersprüchlichen Aussagen fraglich.

Geboren wurde Johanna Wanka am 1. April 1951 in Rosenfeld, einem kleinen Dorf im Freistaat Sachsen. Von 1958 bis 1966 besuchte sie die Polytechnische Oberschule in Großtreben und dann, bis zum Abitur 1970, die Erweiterte Oberschule in Torgau. Das Studium der Mathematik an der Universität Leipzig beendete sie 1974 mit dem Diplom. Es folgte eine Tätigkeit als wissenschaftliche Assistentin an der Technischen Hochschule Leuna-Merseburg. Für die Promotionsschrift „Lösung von Kontakt- und Steuerproblemen mit potentialtheoretischen Mitteln“ wurde ihr 1980 die Doktorwürde verliehen. 1993 wurde sie als Professorin für Ingenieurmathematik an die Hochschule Merseburg berufen und ein Jahr später zur Rektorin der Hochschule gewählt. Dieses Amt übte sie bis zum Beginn ihrer politischen Karriere 2000 aus.
 

Schavans Erbe

Die Amtszeit von Annette Schavan ist eine Amtszeit zweier Superlative. Noch nie war eine Bundesbildungsministerin so lange im Amt – noch nie hatte eine Bundesbildungsministerin so viel Geld zur Verfügung. Eine (sehr) gute Grundlage will man meinen. Zum einen lässt eine lange Amtszeit einen hohen Erfahrungsschatz,  Routinen und einen geschärften Blick für die Dinge, die wirklich wichtig und hilfreich sind, vermuten. Zum anderen erleichtern gefüllte Kassen die politische Arbeit erheblich. Oft scheitern revolutionäre und fruchtbare politische Ideen an den zur Verfügung stehenden Mitteln. Eine Hürde, die das Bundesbildungsministerium unter Annette Schavan während ihrer Amtszeit nur sehr selten herausforderte. Doch was bewrikte Frau Schavan mit den ihr zur Verfügung gestellten Mitteln? Sie setzte die Exzellenzinitiative  ihrer Amtsvorgängerin Edelgard Bulmahn (SPD) zur Stärkung der Spitzenforschung fort und förderte verschiedene Forschungsorganisationen. Diese wurden während ihrer Amtszeit mit so viel finanzieller Unterstützung bedacht wie nie zuvor – zur Freude ihrer RepräsentantInnen und VertreterInnen. Ob das viele Geld für die aus ihrer Sicht richtigen Projekte aufgewandt wurde – darüber scheiden sich die Geister.
Die Bilanz des Bildungsgipfels von 2008, anberaumt durch Angela Merkel und Annette Schavan, ist dürftig. Vielversprechende Vorschläge, wie beispielsweise die Einführung der Ganztagsschule, bezeichnete sie als „Suppenküchenprogramm“. Vehement stemmte sie sich gegen längst überfällige Reformen – rückblickend ein mittelschweres Desaster. Die „DGB-Expertise zur Bildungsbiographie und den prekären Perspektiven der Ausbildungslosen“ kommt zu einer erschreckenden Erkenntnis: 2,21 Millionen Menschen in der Gruppe der 20- bis 34-jährigen sind ohne Berufsabschluss (August 2012). Seit dem Nationalen Bildungsbericht von 2010 habe sich vor allem der Anteil der 30- bis 34-jährigen Männer ohne Abschluss „weiter erhöht“, heißt es. In einer anderen Studie, „Jugendliche ohne Berufsabschluss“, der Friedrich Ebert Stiftung von 2009, waren es noch 1,5 Millionen Jugendliche. Von einer Halbierung der Quote der jungen Menschen ohne Berufsabschluss bis 2015, wie sie auf dem Bildungsgipfel 2008 durch Bundeskanzlerin Merkel und Annette Schavan angekündigte wurde, kann man demnach nicht ausgehen. Vielmehr ist eine Verschlechterung zu erwarten.
Doch damit nicht genug. Ein Großteil der dem BMBF für die aktuelle Amtsperiode von der schwarz-gelben Regierung zugesicherten Mittel, Mehrausgaben in Höhe von 12 Milliarden Euro, wurde für die Finanzierung des „Bildungs- und Teilhabepaketes“ für Kinder aus Hartz-IV-Familien verwendet. Mittel, die in den Etat von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen wanderten und eigentlich für andere Investitionen gedacht waren. Auch die längst überfällige Bafög-Erhöhung lässt noch immer auf sich warten. Das sind nur einige der Entscheidungen, Pläne und Prozesse die, wenn man sie rückblickend betrachtet und bewertet, nicht auf eine jahrelange Routine und Erfahrung hindeuten, sondern vielmehr eine totale Planlosigkeit und politisches Scheitern vermuten lassen.


Bildungs-„Wankalismus“?

Johanna Wanka war zuletzt Bildungsministerin in Niedersachsen gewesen. Erst im März 2001 trat sie der CDU bei. Kurz nach ihrer Amtsübernahme kündigte sie an, dass sie den Kurs von Schavan fortsetzten und sich für eine engere Zusammenarbeit von Bund und Ländern einsetzen werde. „Bildung ungeachtet der sozialen Herkunft“ sei ihr Ziel, sagte sie auf einer Pressekonferenz in Berlin. Doch was bedeutet das? Eine Deutung wäre die mögliche Lockerung des Kooperationsverbots. Seit 2006 verhindert diese Regelung, dass der Bund anhaltend in die Bildung auf Länderebene investieren kann. Konkret wurde Wanka jedoch nicht. Auch zur längst überfälligen Reform und Anhebung des Bafög, sowie einer finanziellen Unterstützung der Universitäten und anderer Bildungseinrichtungen, bezog sie keine Stellung.
Das Thema Studiengebühren: Fehlanzeige! Sonderbar, denn im Juli 2012 sagte sie in Hannover – damals war sie noch Wissenschaftsministerin in Niedersachsen – dass es  ihrer Ansicht nach ab 2017 in allen 16 Bundesländern wieder Studiengebühren geben werde. Wie sich diese Ansicht mit ihrem proklamierten Kurs „Bildung ungeachtet der sozialen Herkunft“ im Rahmen gerechter und sozialer Studienbedingungen und Möglichkeiten vereinbaren lässt, darauf hat vermutlich nur sie eine Antwort – oder auch nicht.
Fakt ist, dass es nach der verlorenen Landtagswahl der schwarz-gelben Koalition in Niedersachsen im Januar 2013 und nach dem Volksbegehren in Bayern vermutlich bald keine Studiengebühren mehr geben wird – bundesweit. Und das ist auch gut so! Was die neue Bundesbildungsministerin in den ihr verbleibenden sieben Monaten bewirken kann, ist fraglich. Für drastische Veränderungen oder große Innovationen bleibt ihr einfach zu wenig Zeit.

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