Bild: Rückzug nach vorn: NPD-Anhänger fürchten kein Verbotsverfahren, sie beantragen selbst eins., NPD möchte sich vom Bundesverfassungsgericht „Verfassungstreue“ bestätigen lassen Foto: Flickr.com, Thomas Rodenbücher (CC-BY v2.0)

Was zunächst nach einem wirklich gelungenen Scherz klingt, meint die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) tatsächlich ernst: Ihr Vorsitzender, Holger Apfel, hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) angerufen und möchte von den Karlsruher RichterInnen feststellen lassen, dass die Partei „nicht verfassungswidrig im Sinne des Artikels 21 Absatz 2 des Grundgesetzes“ ist. Dafür hat sie nun ein „negatives Verbotsverfahren“ eingeleitet. Nicht nur juristisch gesehen ein völlig aussichtsloses Unterfangen.

Die NPD ist unter Beschuss: Insgesamt 3.081 Belege für die rassistische, neonationalsozialistische, antisemitische und insgesamt verfassungsfeindliche Einstellung der rechtsextremen Partei liegen den Bundesländern aktuell vor, die Anfang Dezember über ein erneutes Verbotsverfahren gegen die NPD entscheiden wollen. 2003 war ein Verbotsverfahren eingestellt worden, nachdem bekannt geworden war, dass V-Leute des Verfassungsschutzes innerhalb der NPD tätig waren. Nun haben sich bereits vierzehn Länder für ein erneutes Verfahren ausgesprochen. Die NPD geht jetzt in die Offensive – jedenfalls versucht sie es. Denn dass ihr Antrag als „unzulässig“ abgelehnt werden wird, halten Rechtsexperten bereits für sicher.

Meinungsäußerung als faktisches Parteiverbot?

Die Partei beruft sich auf Artikel 19 GG, in dem es heißt: „Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen.“ Sie richtet sich in ihrem Antrag gegen Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung. Diesen Organen wirft sie vor, „die Rechte der Antragstellerin aus Artikel 21 Absatz 1 Satz 1 des Grundgesetzes („Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit“ – Anm. d. Red. ) dadurch (zu) verletzen, dass sie fortwährend die Verfassungswidrigkeit der Antragstellerin behaupten, ohne jedoch einen Verbotsantrag (…) zu stellen, und auf diese Weise die Wirkungen eines faktischen Parteiverbots zum Nachteil der Antragstellerin herbeiführen“. Zum Beweis führt die Partei mehrere Äußerungen von Mitgliedern des Bundesrats und Bundestages an. PolitikerInnen sollen also entweder nicht die Verfassungswidrigkeit behaupten dürfen, oder aber sofort einen Verbotsantrag stellen.

„Antrag unzulässig“

Doch auch, wenn solche Äußerungen die Partei tatsächlich in ihren Rechten verletzten, müsste sie zunächst den Verwaltungsklageweg bestreiten. Erst nach Ausschöpfung aller Rechtsbehelfe könnte sie sich ans BVerfG wenden. Und auch dann: Dass das BVerfG in einem Urteil PolitikerInnen verbietet, eine ausländerfeindliche und volksverhetzende Partei als verfassungswidrig zu bezeichnen, ist wohl mehr als unwahrscheinlich. Bereits in der Vergangenheit hat das BVerfG solche Äußerungen als Beiträge zur öffentlichen Meinungsbildung gewertet, welche als solche zulässig sind. Überhaupt muss eine öffentliche Debatte über die Verfassungsmäßigkeit von Parteien zu führen möglich sein, weil sie  für die Entscheidung, einen Verbotsantrag zu stellen, unabdingbar ist.
Doch das von der Partei beantragte Verfahren wird bereits am mangelnden Antragsrecht der NPD scheitern. Der Antrag trägt den Titel: „Antrag im Parteiverbotsverfahren“. Ein solches Verfahren kann aber überhaupt nur von den obersten Verfassungsorganen Bundestag, Bundesrat oder Bundesregierung beantragt werden, so steht es in § 43 des Bundesverfassungsgerichtsgesetz. Die NPD fordert, diese Beschränkung aus Gründen des Rechtsschutzes weit auszulegen. Dafür benötigt es allerdings eine Regelungslücke, die hier nicht vorliegt, denn der Rechtsstatus der Partei wird durch Äußerungen über ihre Verfassungswidrigkeit nicht beeinträchtigt. Wann sich die Karlsruher RichterInnen zu dem Antrag äußern werden, steht nicht fest. Dass ihre Antwort „Antrag unzulässig“ lauten wird, daran zweifelt kaum jemand.
Bleibt die Frage, was die NPD damit eigentlich bezwecken will. Sich auf ein Grundgesetz zu berufen, das sie eigentlich als „Diktat der Siegermächte“ nicht anerkennt, soll wohl kaum ein Zeichen an ihre Anhänger gewesen sein. Auf dem neonazistischen Internetportal Altermedia sorgte die Nachricht jedenfalls für Hohn und Spott. Oder wollten die NPD-Funktionäre damit zeigen: „wir fürchten kein Parteiverbotsverfahren, wir beantragen sogar selbst eins“? Den Niedergang der NPD als Partei wird jedenfalls auch dieses ‚originelle‘ Manöver nicht abwenden können.
 

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