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bsz: Herr Senator Marquardt, eine Frage vorweg: Darf ich das „studentische“ Du benutzen?
Sebastian Marquardt: Ja, gerne! Wir sind ja Studierende und müssen da nicht so förmlich sein. Meine WählerInnen und ich duzen uns ja auch in der Regel.

bsz: Also, Sebastian, Du warst bei dem Workshop. Da sollte besprochen werden, was gut gelaufen ist und was vielleicht weniger, bei der Bewerbung der RUB zur Exzellenzinitiative. Was war der Tenor? Enttäuschung darüber, dass die RUB es in der wichtigen dritten Förderlinie (Anm. d. Red.: „wissenschaftspolitische Bewertung des Zukunftskonzepts der Hochschule“) nicht geschafft hat zu überzeugen?
Sebastian Marquardt: Nein, nicht Enttäuschung. Der RUB entgehen natürlich Fördergelder, weil wir im dritten Cluster knapp nicht gewonnen haben. Das ist vor allem eine Enttäuschung für alle, die der RUB gerne das Label „exzellent“ verpassen wollten, was nun nicht gestattet wurde. Grundsätzlich kann man aber nicht enttäuscht sein, wenn man in zwei von drei Clustern gewinnt, auch wenn das dritte das prestigeträchtigste war. So haben das auch die TeilnehmerInnen des Workshops im Durchschnitt gesehen. Es wurde hervorgehoben, dass die RUB durch die Teilnahme an sich profitiert hat, weil sich das Bild der Uni in der Öffentlichkeit verbessert hat und intern Zukunftsprozesse angestoßen wurden.

bsz: Woran hat es denn letztendlich gelegen, dass die RUB nicht offiziell zur „Exzellenz-Uni“ ernannt wurde?
Sebastian Marquardt: Das Problem waren die Geisteswissenschaften. [lacht] Nein… ein Grund dafür war die geringe Drittmitteleinwerbung in den Geisteswissenschaften. Dazu haben Profs aus der G-Reihe bei dem Workshop gesagt, dass es auch grundsätzlich fragwürdig ist, Geisteswissenschaften nach der Summe von Drittmitteln zu bewerten. Ein geisteswissenschaftliches Forschungsprojekt verursacht ja, vereinfacht gesagt, nur Personalkosten. Die hat man bei den IngenieurInnen und NaturwissenschaftlerInnen auch. Aber da müssen zusätzliche Millionen für Geräte etc. ausgegeben werden. Das ist nicht vergleichbar. Die Stärke der Geisteswissenschaften ist die Ausbildung kluger Köpfe und dafür braucht es keine großartigen Drittmittel, sondern eine solide Grundfinanzierung der Lehre.

bsz: Naja, gerade da setzt ja auch die Kritik an der Exzellenzinitiative grundsätzlich an, dass zu viel Gewicht auf Drittmittel und Forschung gelegt wurde und das Thema Lehre kaum stattgefunden hat. Das kritisiert ja auch der Vorsitzende des Hochschulrates aktuell in der Unizeitschrift „Rubens“.
Sebastian Marquardt: Er hat auch Recht. Es nützt ja der Mehrheit der Studierenden nichts, wenn die Exzellenzgelder in die Forschung der Fakultäten fließen, die ohnehin schon Spitze bei der Drittmitteleinwerbung sind. Wobei ich differenzieren würde: Die G-Reihe hat da ganz andere Voraussetzungen und Notwendigkeiten als die N-, M- und I-Reihen. „Spitzenforschung“ zum Beispiel kann von Fakultät zu Fakultät etwas völlig anderes sein, mal ist sie stark auf zusätzliche Drittmittel angewiesen und mal weniger. Abgesehen davon beschränkt sich die Kritik ja nicht darauf, dass die Exzellenzinitiative der Pluralität der Anforderungen der verschiedenen Fakultäten wenig Rechnung trägt, sondern dass die Schwerpunkte grundsätzlich auf den Themen „Forschung“ und „Drittmittel“ lagen.

bsz: Lass uns an dem Punkt nochmal grundsätzlicher werden. Die Exzellenzinitiative hat nun mal so stattgefunden, wie sie von der Bundesregierung konzipiert war. Ist es eher gut oder schlecht gewesen, dass sich die RUB daran beteiligt hat?

Sebastian Marquardt: Gut. Fakt ist doch, dass die Initiative gelaufen wäre, egal ob sich die RUB beteiligt oder nicht. Es stimmt auch, dass das Land NRW die RUB nicht ausreichend finanziert. Also ist es notwendig und pragmatisch, dass man sich als Uni an so einer Initiative beteiligt, wenn Geld vom Bund winkt. Ich sehe da eine gewisse Arbeitsteilung. Auf der einen Seite sehe ich mich als gewählten Vertreter der Studierenden im Senat. Auch wenn ich mir gewünscht hätte,  dass der Senat bzw. die Studierenden überhaupt an der Bewerbung mehr beteiligt worden wären, konnte ich da nur pragmatisch-kritisch mitmachen, um das Beste für die RUB rauszuholen. Die grundsätzliche Kritik an dem ganzen Verfahren haben begleitend andere Gruppen formuliert, die eben nicht gewählte VertreterInnen waren und deswegen eine andere Position einnehmen konnten.

Im Gespräch mit der :bsz - Senator Sebastian Marquardt.

bsz: Also warst Du sozusagen gegen die Exzellenzinitiative und hast nur mitgemacht, weil es keine Alternative gab?
Sebastian Marquardt: Nein. Ich finde es gut, dass so ein soziales System wie die „Universität“ durch äußere Irritationen dazu angeregt wird, über sich selbst nachzudenken und Zukunftskonzepte zu entwickeln. Und ich bin auch dafür, dass dabei ein finanzieller Anreiz gesetzt wird, denn sonst kümmert das niemanden. Die ganze Diskussion an der RUB kam ja nur deswegen auf, weil die Exzellenzinitiative vor dem Hintergrund eines grundsätzlichen Defizits stattfindet. Unsere Uni ist unterfinanziert. Aktuell wird überlegt, wo man Lehrpersonal einsparen kann, obwohl allen klar ist, dass wir 2013 mit dem doppelten Abiturjahrgang mehr Personal in der Lehre brauchen und nicht weniger.

bsz: Ein Skandal…
Sebastian Marquardt: In der Tat! Vor dem Hintergrund finde ich jeden Euro gut, der an der RUB ankommt. Es wird aber nicht besser, wenn man sagt, dass alles falsch läuft und die Welt eine bessere sein sollte. Es gab auch an anderen Unis keinen Boykott der Initiative. Fast alle haben mitgemacht. Die Teilnahme der RUB an der Exzellenzinitiative bewerte ich positiv. Nun müssen zwei Sachen geschehen: 1. Die RUB muss die Pluralität der Fakultäten und deren Eigenheiten in den Mittelpunkt der Mittelvergabe stellen. 2. Die Qualität der Lehre muss ihren Stellenwert zurückerhalten, nachdem sie durch die Vorgaben der Exzellenzinitiative unterbewertet wurde. Das gilt für alle Fakultäten.

bsz: Jetzt ist die Exzellenzinitiative vorbei. Wie geht es weiter?
Sebastian Marquardt: 179,5 Stellen sollen künftig wegfallen. Das sind die im Senat diskutierten Sparvorgaben. Um das abzuwenden, können wir vor allem bei den Energiekosten ansetzen. Wir haben da ein Einsparpotential , das in die Millionen Euro gehen kann. Wenn man da eine vernünftige Kampagne macht, kann man über den Globalhaushalt Mittel in die Lehre zurückschieben. Das ändert nichts daran, dass die insgesamt verfügbaren Mittel  zu gering sind.

bsz: Bei der Begehung zur Exzellenzinitiative hatte der Rektor die Parole ausgegeben, dass er bei allen Nachfragen das letzte Wort habe. Das wurde kritisiert.
Sebastian Marquardt: Ja, das war so ein Punkt. Ich habe mir deswegen die Freiheit herausgenommen, bei diesem Workshop nach dem Schlusswort des Rektors nochmal nach vorne zu gehen und zu sagen, dass ich folgende Punkte auch sehe:
Die RUB braucht eine eigene Energieversorgung.  Wie die letztendlich aussieht, müssen wir sehen. Wenn wir es hinbekommen, erneuerbare Energien mit konventionellen Kraftwerken zu verbinden, kann die RUB bald Energiekosten sparen und bei der Energiewende mithelfen.  Aber wir müssen auch den sozialen Zusammenhalt thematisieren. Ich habe da das Thema „Unizwerge“ eingebracht, ohne dass das auf der Tagesordnung stand. Und voilá: Es gibt eine Finanzierungszusage für den Kindergarten. Das Rektorat sollte einfach mehr auf die Studierenden hören und sie ernsthaft in Entscheidungen einbinden.

bsz: Vielen Dank, Sebastian, für das Gespräch.

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