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„Das Unisystem fördert Strukturen, die Studierende zu Produktionsmaschinen rekrutieren“, sagt Milena Cairo, Studentin der Komparatistik, Kunstgeschichte und Theaterwissenschaft an der RUB und Mitbegründerin des Magazins, „Wo sind die Dialoge? Wo bleibt die Kritik?“ Beides soll im brink zu finden sein – auch in Ausgabe Nummer 2, an der die MacherInnen gerade mit Hochdruck arbeiten, denn schon in drei Wochen soll sie erscheinen. Kritik findet sich bereits im Untertitel. Kunst und Wissenschaft werden nicht definiert, sondern zu Diskursbegriffen dekonstruiert. Entsprechend befinden sich die Artikel des Heftes dazwischen, in dem Freiraum, den die Universität nicht bietet.

Vom Blick zum Sprung

Entsprechend programmatisch ist das Thema der Ende vergangenen Jahres erschienenen Erstausgabe der Halbjahresschrift: das andere sehen. Dinge sichtbar zu machen, die an der Universität unsichtbar bleiben und die sichtbaren Dinge anders zu betrachten als gewohnt war das Anliegen der Studierenden aus Bochum, Essen und Wuppertal, die die Zeitschrift begründeten. Und so liest man etwa einen Essay über den Stellenwert des Blicks im Comic, ein Interview mit einer Künstlerin über unterschiedliche Rollenkonzepte von Darstellung und BetrachterIn in der Kunst und betrachtet selbst Fotografien und Zeichnungen unterschiedlicher KünstlerInnen. Die Beiträge stammen von Studierenden als auch von jungen und renommierten WissenschaftlerInnen und KünstlerInnen. Was unterscheidet aber etwa den Essay, den eine Studentin oder ein Student für eine kunsthistorische Zeitschrift schreibt von dem, der als Teilnahmenachweis für ein Seminar geschrieben wurde? „Die absolut freie Wahl ihn zu schreiben und ein Thema wählen zu dürfen, das interessiert“, sagt Cairo. „Es geht nicht um […] Bewertung durch CPs und Noten, sondern um Inhalte, die Dialoge fördern.“ Deswegen finden sich in einem Heft, von der Redaktion unkommentiert, Fotografien des schwedischen Masterstudenten Joachim Fleinert als auch ein Text des emeritierten Bochumer Philosophieprofessors Bernhard Waldenfels. Ob aber Beiträge betagter AkademikerInnen dabei helfen, das Andere anders zu sehen? Hingegen weist so manch studentischer Text einen Duktus auf, der noch zu sehr an Hausarbeit erinnert. Die Flucht aus den G-Gebäuden scheint nicht vollständig vollzogen worden zu sein.
Das Motto der kommenden Ausgabe ist ähnlich mehrdeutig wie das erste. Ein „Sprung“ kann die Zeit und der Ort zwischen Start und Landung sein, ein Riss oder ein großer Schritt in eine Richtung. Die MacherInnen des Magazins sind sich sicher, die richtige Richtung eingeschlagen zu haben.

Von Magazinen und Ereignissen

Die ganze Idee geht auf vier Studierende aus der Region zurück, die bald noch vier weitere SympathisantInnen fanden und zusammen den brink e.V. gründeten. Auf dieser strukturellen Grundlage und mit Unterstützung des Fördervereins Situation Kunst, des RUB-AStA und der Gesellschaft der Freunde der RUB wurde das erste Heft herausgegeben. Mittlerweile arbeiten „viele Studierende und junge Akademiker“ am Projekt mit, das immer noch „im Prozess“ ist, sagt Vereinsvorstandsmitglied Cairo. Optimistisch blickt die Herausgeberin auch auf den 22. Juni. Dann erscheint nämlich nicht nur die zweite Ausgabe, sondern findet auch das brink-Ereignis in Wuppertal statt. An sechs Schauplätzen wird dann so etwas wie eine Extended-Live-Version des Magazins geboten werden. Kunstschaffende treffen auf WissenschaftlerInnen und auf Studierende. Konsequent wird das Konzept des Magazins (mitsamt Thema) beibehalten. Besagte Schauplätze sind Orte, die sonst ungenutzt ihr Dasein fristen. Also auch hier wird das Konzept der Freiräume abseits der Akademie durchgezogen.
Schade allerdings, dass die beachtenswerte Typographie und das elegante Layout des Magazins naturgemäß auf die papierene Form beschränkt sind. Philipp Blombach studiert Kommunikationsdesign und zeichnet für die Gestaltung des Heftes verantwortlich. Beim Ereignis lässt er den Beiträgen ihren eigenen Raum und hält sich mit seinem Design im Hintergrund.
Ein inkonsequentes Moment lässt sich doch noch ausfindig machen. Die Erstausgabe gibt es in einer limitierten, teureren Siebdruckedition. Aber ist denn Elitarismus nicht auch ein Grundübel des heutigen Universitätsbetriebs? Nein, dahinter steckt der Stolz der MacherInnen, mit den eigenen Händen ein Kunstwerk erschaffen zu haben.

 

 

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