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Das Internet: Inhalte werden genutzt, neu gemischt, Filme und Musik aus dem Netz gezogen. Kreative und ganze Branchen beschweren sich daüber, dass ihre Rechte als UrheberInnen daher nur unzureichend geschützt werden. Dass oftmals die UrheberInnen selbst rechtswidrig an Knebelverträge gebunden werden, wird gerne von der Verwertungsindustrie wie großen Musiklabeln, Produktionsfirmen oder Verlagen unter den Teppich gekehrt. In einem offenen Brief fordern die 51 für den Tatort schreibenden UnterzeichnerInnen und UrheberInnen „Netzpolitiker aller Parteien auf, die Finger von den Schutzfristen zu lassen“ und prangern die „Umsonstkultur“ der NutzerInnen und RezipientInnen von Kulturgütern an. Dabei pauschalisieren sie „die Netzgemeinde“ zu einer homogenen Masse: „Diese politische Verkürzung von Grünen, Piraten, Linken und Netzgemeinde dient lediglich der Aufwertung der User-Interessen, deren Umsonstkultur so in den Rang eines Grundrechtes gehievt werden soll“. Diese Pauschalisierung wird von Leonhard Dobusch auf dem Blog „netzpolitik“ stark kritisiert: „Leider bringt das Pamphlet die Debatte keinen Millimeter voran, sondern ergeht sich wieder nur in Pauschalverunglimpfungen und Selbstwidersprüchen.“ Auch der Chaos Computer Club distanziert sich in seiner Replik von einer homogenen Netzgemeinde: „Daß hier noch kein Equilibrium im Spannungsfeld zwischen neuen Technologien und Werkschaffungen im Vor-Netz-Zeitalter erreicht ist, ist offensichtlich. Dies ist jedoch kein Grund, uns als Netizens mit in denselben Topf zu werfen.“ Der CCC spricht aber von einem gemeinsamen Ziel zur Verbesserung der Urheberrechte zu Gunsten der Kunstschaffenden und von Urheberrechtsverletzungen betroffenen ProduzentInnen geistigen Eigentums. „Auch wir sind Urheber, sogar Berufsurheber, um genau zu sein. Wir sind Programmierer, Hacker, Gestalter, Musiker, Autoren von Büchern und Artikeln, bringen gar eigene Zeitungen, Blogs und Podcasts heraus“, so der CCC.

Argumentative Widersprüche

Argumentativ gingen die Tatort-UnterzeichnerInnen des offenen Briefes nicht lupenrein vor und widersprächen sich in ihren Aussagen, so Dobusch. Zum einen sähen diese keinen Unterschied zwischen UrheberInnen und den vermeintlich „bösen“ VerwerterInnen, wie Sony, Bertelsmann oder der GEMA. Zum anderen müsse aber „die Verhandlungspositionen der Urheber gegenüber den Verwertern  gestärkt werden”. Na was denn nun? Die Werke von AutorInnen sind mithilfe einer Frist von 70 Jahren post mortem vor einer freien Veröffentlichung geschützt. Die Parteien würden jedoch genau diese Schutzfristen schwächen oder abschaffen wollen, befürchten die Tatort-DrehbuchautorInnen, und sie damit enteignen. Dobusch schreibt dazu: „Enteignung von Urhebern droht dabei weniger durch eine Verkürzung von Schutzfristen als vielmehr durch Total-Buyout-Verträge mit Verwertern“. Matthias Spiegelkamp, Journalist und Blogger, äußert sich ebenfalls zu Total-Buyout-Verträgen, also Totalausverkauf von Verwertungsrechten, die JournalistInnen von Verlagen vorgelegt bekommen und eine Ausbeutung der UrheberInnen sowie eine unrechtmäßige Stärkung der verwertenden Verlage darstellt. „Das ist vor allem auch deshalb dreist, weil Verlage selbst die größten Urheberrechtsverletzer sind. Der Fachbegriff dafür heißt treffend “Total Buyout“. Mit diesem Total Buyout versuchen Verlage, ihre freien Mitarbeiter dazu zu zwingen, sämtliche Verwertungsrechte an ihren Beiträgen abzuzwingen – oft genug gegen das Gesetz“, so Spiegelkamp.

Inhalte statt Emotionen

Die Urheberrechtsdebatte wird teils hitzig und äußerst emotional geführt – wie im Fall Regener. Teils inhaltlich widersprüchlich, wie beispielsweise der offene Brief der Tatort-AutorInnen. Einigkeit besteht über den Wunsch, das Urheberrecht der kreativ-produzierenden Zunft zu stärken. Wie diese Stärkung jedoch gelingen soll, darüber herrscht Uneinigkeit. Lobbyismus und eine Stärkung der Rechte der VerwerterInnen kann jedenfalls nicht die uneingeschränkte Lösung sein, wie es das von CDU und FDP geplante Leistungsschutzgesetz vorsieht, bei dem Suchmaschinenanbieter und Dienste, die Pressemitteilungen gewerblich nutzen, zur Kasse gebeten werden.

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