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Im Spitzensport können teilweise Millionen Euro vom Erfolg oder Misserfolg einer Mannschaft abhängen: Allein der Achtelfinaleinzug des FC Bayern München in der Champions League war 15,9 Millionen Euro wert. Der ökonomische Druck unterscheidet sich immens im Männer- und Frauensport. Nichtsdestotrotz erhöhen sich stetig der Druck und die Stressfaktoren, denen SpielerInnen, TrainerInnen und eben auch SchiedsrichterInnen im Ringen um Erfolge ausgesetzt sind. Die Tatsachenentscheidungen, die größtenteils innerhalb von Millisekunden von den SchiedsrichterInnen getroffen werden, sind das Zünglein an der Waage. Pöbelnde Fans, aggressive TrainerInnern und SpielerInnen, eigener Leistungsdruck und die Angst vor einer falschen Entscheidung können bei SchiedsrichterInnen Auslöser für Depressionen und Burn-Out sein.     
Sebastian Altfeld, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Sportpsychologie der RUB, erklärt den Unterschied von Burn-Out und Depression: „Der Unterschied liegt in der Entstehung. So entsteht Burnout, ‚ausgebrannt sein‘, durch den übermäßigen Einsatz eigener Energie beispielsweise am Arbeitsplatz. Bei unzureichender Erholung und weiteren Faktoren, zum Beispiel Persönlichkeits- und Umweltfaktoren, kommt es zu den typischen Symptomen der emotionalen Erschöpfung: Depersonalisierung und Ineffektivität. Bei einer Depression liegen die Gründe eher an den Gegebenheiten, die durch ein Ereignis entstanden sind, wie zum Beispiel Entlassung oder Scheidung, wodurch sich das Gefühl der Hoffnungslosigkeit entwickelt.“ Diese entwickelte Hoffnungslosigkeit, gepaart mit einem Gefühl des „ausgebrannt sein“ kann dann zu einer Depression führen. Burn-Out ist jedoch keine eigenständige Diagnose einer Störung, sondern vielmehr eine Zusatzdiagnose zu anderen bestehenden Störungen. Für viele SchiedsrichterInnen ist ihre Profession nur ein Hobby, das sie zusätzlich zu ihrem Vollzeit-Job ausführen. Wenn Stressfaktoren aus beiden Bereichen zusammenkommen, bedarf es einer guten psychologischen und stressresistenten Konstitution und professioneller Anleitung, um damit umgehen zu können.

Bloß nicht auffallen!

Sabrina (28) pfeift schon seit Jahren als Schiedsrichterin im Westdeutschen Basketball-Verband und hat ebenso mit Vorurteilen gegenüber Frauen, wie mit mangelnder Anerkennung der Spielbeteiligten zu kämpfen: „Ich mache das semi-professionell, das ist mein Hobby. Manchmal habe ich das Gefühl, die SpielerInnen denken, dass ich am Wochenende in die Halle gehe, um sie zu ärgern. Und wir Frauen müssen 150 Prozent als Schiedsrichterin leisten, um als genauso gut wahrgenommen zu werden wie die männlichen Kollegen.“ Aber für Sabrina ist auch klar, dass die Stressmechanismen von der Liga abhängen: „Man muss, denke ich, zwischen Breitensport und Leistungssport unterscheiden. Die meisten in den unteren Ligen pfeifen ihren Stiefel runter und gehen wieder nach Hause. In den oberen Ligen sieht das mit Sicherheit anders aus.“
Aber auch in den oberen Ligen sieht es im deutschen SchiedsrichterInnenwesen des Basketball-, Fußball- und Handballverbandes ziemlich mau aus, wenn es um eine psychologische Betreuung in der Ausbildung geht. Die physischen Voraussetzungen werden durch Lauftests, und im Fußball und Handball durch komplette medizinische Check-Ups gewährleistet. Die Regelkenntnisse  werden regelmäßig auf den Prüfstand gestellt. Die psychologische Betreuung hingegen beschränkt sich größtenteils auf Einführungen in die Gesprächsführung und Kommunikationsverhalten auf dem Feld. „Eine psychologische Betreuung und die Schulung regulativer Fähigkeiten, sprich, dem Umgang mit Stress und Drucksituationen, sehe ich gerade in diesem Feld als sehr wichtig an. Nicht nur, um eine Ausbildung einer psychologischen Störung entgegenzuwirken, sondern vielmehr den Schiedsrichter in seiner Person zu stärken und seine Leistungsfähigkeit zu erweitern“, sagt Sebastian Altfeld. Der Elite-Kader des deutschen Handball-Verbandes arbeitet derzeit mit dem Leipziger Institut für Angewandte Trainingswissenschaften zusammen und versucht auf der Basis von Herzfrequenzmessungen und Erregungsstufen ein besseres Bild der Stresssituationen zu bekommen, denen SchiedsrichterInnen ausgesetzt sind. Aufbauend auf diesen Ergebnissen soll in Zukunft auch die Ausbildung und Weiterbildung der SchiedsrichterInnen in psychologischer Hinsicht erweitert und angepasst werden.

Modediagnose Burn-Out?

Auffallend sind die steigenden Zahlen diagnostizierter Burn-Out-Fälle. Die Gesellschaft sensibilisiert sich für diese psychologische Störung jedoch nicht ohne eine gewisse Skepsis. Die Diagnose Burn-Out sei quasi die hippe Variante der Depression, so eine gängige Meinung, die sich nur ManagerInnen und richtige Arbeitstiere zuziehen. Sebastian Altfeld ist jedoch anderer Meinung: „Die Ansprüche der heutigen Gesellschaft werden immer schneller und druckvoller. Daher ist es folgerichtig, dass Personen, die nicht über ausreichende Schutzfaktoren verfügen dem ganzen Einsatz Tribut zollen müssen. Zudem glaube ich, dass die Diagnose noch zunehmen wird und sich der Altersschnitt vermehrt nach unten korrigieren wird. Heute gilt die Diagnose als ‚Managerkrankheit‘, allerdings zeigen zahlreiche Studien, dass mittlerweile eine Vielzahl von SchülerInnen bereits an Stresssymptomatiken leiden.“ Also her mit den Weiterbildungsmöglichkeiten, mit Sportpsychologen für die kleinen, aber ungemein wichtigen Zahnrädchen des Sports!

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