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Es ist eine Idee, mit der die Bochumer StadtplanerInnen seit vielen Jahren schwanger gehen: Die Gerichtsgebäude am Husemannplatz sollen abgerissen und ein Shopping-Zentrum soll gebaut werden. Das Gelände gehörte bisher dem Land NRW und wird vom Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB) bewirtschaftet. Es soll jetzt verkauft werden.
Dadurch droht eine Entwicklung wie in den Nachbarstädten: Dort gehen die neuen Mega-Malls nicht nur zu Lasten des sonstigen Einzelhandels, sondern vor allem auf Kosten des öffentlichen Raums. Schließlich können in den privaten Zentren private Sicherheitsdienste entscheiden, wer willkommen ist und wer nicht. Und erwünscht ist vor allem, wer konsumiert. Anders als in öffentlichen Fußgängerzonen gilt in den Shopping-Malls privates Hausrecht, persönliche Grundrechte wie etwa das Recht auf Meinungsfreiheit gelten dort nur höchst eingeschränkt.
Wer die Innenstadt privatisiert, gibt politische Handlungsspielräume auf. Das wissen auch die Mitglieder der rot-grünen Ratskoalition. Dennoch entwickeln sie kein Alternativmodell zu der vom Land NRW vorangetriebenen Privatisierung. Sie versuchen lediglich, ihren Einfluss auf die Gestaltung des zukünftig privaten Geländes zu vergrößern. Allein um diese Frage ist nun ein kleiner Machtkampf zwischen dem BLB und der Komune ausgebrochen.
Das bisher vorgesehene Verfahren sieht eine Jury vor, die aus Mitgliedern besteht, die jeweils vom Bochumer Rat, der IHK, und vom Land NRW benannt werden. Das Gremium soll die beiden besten Entwürfe für das neue Einkaufszentrum auswählen, danach will der BLB zwischen diesen entscheiden. Die rot-grüne Koalition in Bochum stellt sich das Verfahren anders vor: Die Jury, in der die Stadt die Mehrheit hat, soll alleine auswählen, wer in Zukunft mit diesem Teil der Innenstadt Geld verdienen darf. Ein noch anderes Verfahren schlägt die Bochumer CDU vor: Sie möchte, dass die Stadt das Gelände des derzeitigen Amtsgerichts kauft – aber nicht, um eine Privatisierung zu verhindern, sondern nur, um den Käufer selbst auswählen zu können.

Gewünscht: Eine private Mall, die nicht so aussieht

Ansonsten ist man sich weitgehend einig: Als Bedingung für die geplante Privatisierung soll allenfalls gelten, dass sie nicht direkt auffällt: So dürfe kein architektonisch geschlossene Shopping-Mall entstehen – gewünscht sind vielmehr einzelne Gebäude mit Übergängen, Grünflächen und scheinbar öffentlichen Plätzen. Angelockt werden sollen vor allem AnbieterInnen von Sortimenten, die es in der Innenstadt überhaupt nicht mehr gibt, ist aus der Politik zu hören. Was die PolitikerInnen dabei nicht sagen: Über die tatsächliche Vermietung werden später nicht sie, sondern der private Besitzer entscheiden, Steuerungsmöglichkeiten der Stadt über den Masterplan Einzelhandel sind begrenzt.
Wie weit die Privatisierung gehen soll, steht noch nicht fest. Im Raum steht sogar der Vorschlag, dass auch der Husemann-Platz miteinbezogen wird. Diesen Vorschlag hat jedoch zumindest die Bezirksvertretung Mitte mit den Stimmen von SPD, Grünen und Linken abgelehnt.

Noch ein ECE-„Citykiller”?

Bei dem Rennen um die Fleischtöpfe gibt es bisher einen großen Favoriten: Den Hamburger Shoppingcenter-Konzern ECE, der bereits Citypoint und Drehscheibe betreibt. Denn das Unternehmen hat außerdem schon einen Teil des Telekomblocks gekauft und besitzt eine Kaufoption auf den Rest. Die Gebäude sollen mittelfristig in die Planungen miteinbezogen werden. ECE steht als Betreiber von Einkaufszentren allerdings bundesweit in der Kritik. In vielen Städten sind die ECE-Projekte städtebaulich hoch umstritten, im niedersächsischen Celle konnte eine Koalition aus lokalen EinzelhändlerInnen und EinwohnerInnen bereits 2006 eine ECE-Mall verhindern. In Heilbronn eröffnete 2008 ein Zentrum trotz massiver Proteste und über 10.000 Unterschriften dagegen. In Koblenz konnte sich der Konzern bereits mehr als die Hälfte der Einzelhandelsfläche der gesamten Stadt aneignen, obwohl eine Bürgerinitiative mehr als 20.000 Unterschriften dagegen sammelte. In Hamburg, Essen und Wuppertal gehen DatenschützerInnen gegen ECE wegen mutmaßlich illegal angebrachten Überwachungskameras vor.
In Bochum gibt es bisher noch keinen organisierten Widerstand gegen die geplante Privatisierung. Ob sich das ändert, wenn die Pläne konkreter werden, bleibt abzuwarten.

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