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Angehende JuristInnen, MedizinerInnen und sogar DeutschlehrerInnen können bereits seit geraumer Zeit ohne Latinum durch das Studium kommen, wenn sie stattdessen moderne Sprachen lernen. Vielen leuchtet daher nicht ein, dass beim Lehramtsstudium in anderen Fächern weiter auf der altsprachlichen Ausbildung bestanden wird. Unter anderem ist das in den Fächern Englisch und Geschichte der Fall. Und wenn das Latinum schon so wichtig sein soll, fragen sich viele, weshalb ist es dann nicht besser in den regulären Studienverlauf integriert?
Wer ohne Latinum an die Ruhr-Uni kommt, es aber wegen der Studienordnung im eigenen Fach  benötigt, versucht zumeist, einen Platz in den dreistufigen Lateinkursen des Seminars für klassische Philologie zu ergattern. Das ist allerdings leichter gesagt als getan, denn es gibt seit Jahren jeweils deutlich mehr BewerberInnen als Plätze. Eine Alternative sind Crash-Kurse in den Semesterferien, mit denen allerdings viele Studierende Probleme haben. In vier bis sechs Wochen auf das vom NRW-Schulministerium festgelegte Prüfungsniveau zu kommen, das ist für viele eine enorme Herausforderung. Bei den Abschlussprüfungen stehen die Studierenden unter großem Druck, denn Bestehen ist Pflicht. Die Klausur darf in der Regel nur einmal wiederholt werden. Wer durchfällt, hat keine Chance mehr, in NRW LehrerIn für ein Fach zu werden, in dem das Latinum noch verlangt wird. Mit anderen Worten: Zwei schlechte Lateinkurse können die berufliche Zukunft ruinieren.
Am Seminar für klassische Philologie an der RUB hat man zwar Verständnis für die Sorgen der Betroffenen. Trotzdem sei es nunmal so, dass man in bestimmten Fächern ohne Latinum nicht zur B.A.-Prüfung oder dem ersten Staatsexamen zugelassen wird. Dabei sind die Probleme bekannt: Vor allem im ersten Lateinkurs geben viele Studierende vorzeitig auf. Studierendenvertretungen und selbst einige Lehrende monieren: Die Kurse seien mit bis zu 120 TeilnehmerInnen viel zu groß, um eine ausreichende Beteiligung und eine gute Lernatmosphäre zu gewährleisten. „Mehr Lehrpersonal wäre eine Maßnahme, um der hohen Abbrecherquote entgegenwirken“, sagt Theodor Lindken, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für klassische Philologie. Neben dem fehlenden Geld gebe es allerdings noch ein zweites Problem: Es gibt zu wenige DozentInnen, die bereit sind, Latein an der Uni zu unterrichten. Andere Arbeitgeber sind da offensichtlich attraktiver: „Viele Lateiner gehen bereits einer zweiten Beschäftigung nach, da können sie nicht noch eine Dritte aufnehmen“, sagt Lindken.
Im zweiten und dritten Kurs sind die Durchfallquoten deutlich geringer als im ersten – die Lerngruppen sind schließlich auch kleiner. „In Bochum können wir eine sensationell gute Quote vorweisen. Der dreistufige Lateinkurs wird von über 90 Prozent bestanden.“ Dass man etwa für das Masterstudium in Germanistik mit dem Ziel Lehramt kein Latinum braucht, sei eine Abwägungsentscheidung, erklärt Lindken. Letztendlich sei es aber die Aufgabe der anderen Fächer, ihren Studierenden zu erklären, warum bei ihnen ein Latinum noch erforderlich ist.
Um die großen Probleme mit der Latinumspflicht zu besprechen, versammelt sich die FachschaftsvertreterInnenkonferenz (FSVK) am kommenden Freitag. Auf dem Treffen wollen die FachschafterInnen dann ihre Resolution zur Abschaffung der Latinumspflicht in den verbliebenen Lehramtsfächern ausarbeiten. Alle Interessierten sind dazu ab 13 Uhr im Büro der FSVK  (Studierendenhaus Raum 004) eingeladen.

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